In dem ersten Fall der „klassischen“ Nichtverlängerungsmitteilung gegenüber einer Maskenbildnerin hat das BAG mit Urteil vom 13.12.2017 (7 AZR 369/16) entschieden, dass die Vereinbarung einer überwiegend künstlerischen Tätigkeit im Arbeitsvertrag einer Maskenbildnerin an einer Bühne geeignet ist, die Befristung des Arbeitsvertrages wegen der Eigenart der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG zu rechtfertigen. Die Befristungskontrollklage wurde abgewiesen.
Insbesondere bedeutsam an dieser Entscheidung ist, dass sich das BAG mit der Frage der Europarechtswidrigkeit des Befristungs-Regime des NV Bühne beschäftigt hat und diese auch mit Blick auf die sogenannte Kücük-Entscheidung des EuGH ausdrücklich auch bei einer längeren Befristungsdauer verneint hat.
Schließlich hat das BAG in dem Urteil vom 13.12.2017 aber auch noch einmal unter Hinweis auf die BAG-Entscheidungen vom 28.1.2009 (hier AZR 987/07) und vom Februar 2009 ( 7 AZR 942/07) klargestellt, dass die Vereinbarung der Vertragsparteien, dass eine überwiegend künstlerische Tätigkeit geschuldet sei, auch materiell-rechtlich zu einer Rechtfertigung der Befristung wegen der Eigenart der Arbeitsleistung führe.
Mitbestimmung beim Gesundheitsschutz ( BAG, Beschluss vom 30.09.2014, Aktz.: 1 ABR 106/12)
Die Beteiligten streiten über Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Durchführung der auf ein externes Unternehmen übertragenen Gefährdungsbeurteilung und Beschäftigungsunterweisung nach dem Arbeitsschutzgesetz.
Der Betriebsrat hat bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung iSd. § 5 ArbSchG und der Unterweisung der Beschäftigten iSd. § 12 Abs. 1 ArbSchG gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitzubestimmen.
Das BAG hat klar gestellt, dass die hiermit erfolgte Beauftragung eines externen Unternehmens dem nicht entgegen steht.
In mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten kann sich der Arbeitgeber Dritten gegenüber grundsätzlich nicht in einer Weise binden, die die Mitregelungsbefugnis des Betriebsrats faktisch ausschließen. Vielmehr muss der Arbeitgeber durch eine entsprechende Vertragsgestaltung sicherstellen, dass die ordnungsgemäße Wahrnehmung des Mitbestimmungsrechts gewährleistet ist.
Nach § 13 Abs. 2 ArbSchG kann der Arbeitgeber zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm obliegende Aufgaben nach dem ArbSchG, d.h. auch die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG und die Unterweisung der Beschäftigten nach § 12 ArbSchG, in eigener Verantwortung wahrzunehmen. Die Beauftragung ändert jedoch nichts daran, dass bei der Umsetzung dieser gesetzlichen Handlungspflichten ein Handlungsspielraum besteht, bei dessen Ausfüllung der Betriebsrat im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer zu beteiligen ist. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht „im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften“ und entfällt allenfalls, soweit etwa eine verbindliche behördliche Anordnung vorliegt, die keinen Handlungsspielraum belässt.
Nicht Anderes folgt aus der Entscheidung des Senats vom 18. August 2009 (1 ABR 43/08). Der Senat hat darin erkannt, dass der Betriebsrat bei der Übertragung der Durchführung von Gefährdungsbeurteilung oder Unterweisungen auf externe Dritte nach § 13 Abs. 2 ArbSchG kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, weil es sich dabei typischerweise um nicht mitbestimmungspflichtige Einzelmaßnahmen handelt.
Einsatz von Fremdpersonal – Beteiligungsrecht des Betriebsrats – Eingliederung ( BAG, Urteil v. 13.05.2014, Aktz.: 1 ABR 50/12)
Die Beteiligten streiten über das Mitbestimmungsrecht bei der Einstellung.
Der Senat konnte auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des LAG nicht abschließend entscheiden, ob die jeweiligen Einsätze der für Transportaufgaben eingesetzten Arbeitnehmer der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen, hat jedoch grundlegend wie folgt ausgeführt:
1. Der Einsatz von Fremdarbeitnehmern, die aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrags ihres Vertragsarbeitgebers auf dem Betriebsgelände eines anderen Arbeitgebers tätig sind, führt allein noch nicht zur Eingliederung und damit zu einer Einstellung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, selbst wenn die von ihnen zu erbringende Dienst- oder Werkleistung hinsichtlich Art, Umfang, Güte, Zeit und Ort in den betrieblichen Arbeitsprozess eingeplant ist. Vielmehr müssen sie so in den fremden Betrieb eingegliedert sein, dass deren Inhaber die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über den Arbeitseinsatz des Fremdpersonals trifft.
2. Erbringt die Arbeitgeberin Transportleistungen mit Lastkraftwagen und hat sie mit einem Teil dieser Tätigkeiten ihrerseits ein Fremdunternehmen beauftragt, so kann eine betriebsverfassungsrechtliche relevante Eingliederung des Fahrpersonals des Fremdunternehmens in den Betrieb der Arbeitgeberin vorliegen, wenn sie in ihren Dienstplänen nicht nur über den Einsatz der eigenen Fahrzeuge und ihres Fahrpersonals entscheidet, sondern auch über den vom Fremdunternehmen eingesetzten Fuhrpark unter namentlicher Benennung des Fahrpersonals des Fremdunternehmens.
(BAG 13.2.2013, 7 AZR 226/11)
Die Parteien streiten im Rahmen einer Aufhebungsklage gegen einen Schiedsspruch des Bühnenoberschiedsgerichts darüber, ob das ansonsten automatisch zu verlängernde Arbeitsverhältnis auf Grund einer Nichtverlängerungsmitteilung des Landes beendet worden ist. Der Beklagte war als Ballettdirektor und Choreograph an einem Staatstheater beschäftigt. Dem Beklagten wurde kurz vor Erreichen der 15-Jahres-Genze die Nichtverlängerung ausgesprochen.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Befristungsabrede.
Der Kläger war wiederholt befristet beschäftigt. Unter dem 13.01.2012 befristeten die Parteien das Arbeitsverhältnis kalendermäßig und zweckbefristet „ bis zum Erreichen des folgenden Zwecks: Arbeitsaufnahme von Herrn J.; längstens bis zum 01.07.2012.“
Der behandelnde Arzt von Herrn J. stellt am 11.07.2012 diesem ein Attest aus, wonach dieser dauerhaft nicht mehr als Orchesterwart einsetzbar und nur noch zu leichten Arbeiten überwiegend im Gehen, Stehen und Sitzen unter Vermeidung von Absturzgefährdungen, ohne schweres Heben und Tragen und ohne Stressoren, die geteilte Aufmerksamkeit erfordern
Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Befristung – Betriebsratsmitglied ( LAG Hamm v. 05.11.2013, Aktz.: 7 Sa 1007/13 )
Die Parteien streiten in der Hauptsache um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Befristung. Das Arbeitsverhältnis wurde innerhalb von zwei Jahren dreimal befristet verlängert. Der Kläger wurde zwei Monate vor Ende der letzten Befristung in den Betriebsrat gewählt.
Zeitgleich mit dem Kläger waren drei weitere Mitarbeiter bei der Beklagten mit befristeten Arbeitsverträgen eingestellt. Von diesen Mitarbeitern wurden zwei in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen, der Kläger und ein weiterer Mitarbeiter nicht.
Der Kläger erhob Entfristungsklage und behauptet, die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis sei nur deswegen abgelehnt worden, weil er sich bei den Betriebsratwahlen und anschließend als Betriebsratsmitglied engagiert habe. Darüber hinaus vertritt er die Auffassung, die Vorschrift des § 14 Abs. 2 TzBfG sei für den Fall, dass ein Mitarbeiter in den Betriebsratswahl gewählt werde, nicht anwendbar.
Die Klage des Klägers wurde abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis endete kraft wirksamer Befristung gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG mit Ablauf des 30.11.2012.
§ 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist auch anwendbar. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG differenziert in seinem Wortlaut nicht nach besonderen Schutzrechten, die Arbeitnehmern im Arbeitsverhältnis zustehen können, u.a. durch Wahl in den Betriebsrat ( §§ 15 KSchG, 103 BetrVG). Die erkennende Kammer folgt vollinhaltlich der zutreffenden Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 05.12.2012, 7 AZR 698/11, wonach bei § 14 Abs. 2 TzBfG ein Korrekturbedürfnis nicht besteht und das Fehlen einer Einschränkung der Zulässigkeit einer kalendermäßigen Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes für den Fall der Mitgliedschaft im Betriebsrat keine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes darstellt. Danach ist davon auszugehen, dass der Schutz von Betriebsratsmitgliedern, sofern sie nach Vereinbarung der entsprechenden Befristung oder Verlängerung im Sinne des § 14 Abs. 2 TzBfG in den Betriebsrats gewählt worden sind, dadurch gewährleistet wird, dass Betriebsratsmitglieder vor einer unzulässigen Benachteiligung durch § 78 Satz 2 BetrVG geschützt sind mit der Folge, dass die Nichtübernahme eines befristet beschäftigten Betriebsratsmitglieds in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis eine unzulässige Benachteiligung darstellen kann, wenn sie gerade wegen der Betriebsratstätigkeit erfolgt.
Weder aus dem Vorbringen des Klägers, noch aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass die Beklagte den Kläger wegen seiner Betriebratstätigkeit benachteiligt hat, indem sie ihm nicht die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis angeboten hat. Insbesondere die Tatsache, dass wie bei den vier zeitgleich eingestellten Mitarbeitern insgesamt im Zeitraum 2009/2010 nur 50 % der befristet eingestellten Beschäftigungen unbefristet übernommen wurden, widersprechen der Behauptung.
In einem aktuellen Urteil vom 15.12.2016 – 8 AZR 418/05 – hat das BAG den Rechtssatz aufgestellt, dass eine in einer Stellenausschreibung enthaltene Anforderung „Deutsch als Muttersprache“ Personen wegen ihrer ethnischen Herkunft in besonderer Weise im Sinne von § 3 Abs. 2 AGG benachteilige. Sie bewirke, soweit es an einer Rechtfertigung im Sinne von § 3 Abs. 2 AGG fehle, eine mittelbare Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft. Die erworbene Muttersprache sei typischerweise mittelbar mit der Herkunft und damit auch mit dem in § 1 AGG genannten Grund „ethnische Herkunft“ verknüpft. Der Begriff „Muttersprache“ betreffe den primären Spracherwerb. „Muttersprache“ sei die Sprache, die man von Kind auf oder als Kind – typischerweise von den Eltern – gelernt habe. Darauf, ob der Begriff der muttersprachlichen Kenntnisse den Rückschluss auf eine bestimmte Ethnie zulasse, komme es nicht an.
Seit der Entscheidung des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes im Beschluss vom 27. April 1993 (Fundstelle GmS – OGB 1/92) ist ein Urteil nicht mit Gründen versehen, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monate nach Verkündigung schriftlich niedergelegt, von den Richtern besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts Köln (8 Ha 13/12) gilt dies auch für die Begründung von Schiedssprüchen der Bühnenschiedsgerichtsbarkeit. Im vorliegenden Falle wurde der von der Klägerin angegriffene Schiedsspruch des Bezirksbühnenschiedsgerichts Hamburg vom 05. Okt. 2011 am 22. Mai 2012 vor dem Bühnenoberschiedsgericht Frankfurt verhandelt, das nach Schluss der mündlichen Verhandlung unter Abänderung der Entscheidung des Bezirksbühnenschiedsgerichts Hamburg die Klage einer Balletttänzerin positiv beschieden hat. Der vollständig begründete Spruch des Bühnenoberschiedsgerichts Frankfurt am Main war durch den Obmann am 06. Nov. 2011 ausgefertigt und sodann beiden Parteien erst am 08. Nov. 2012, also nach Versäumen der 5-Monatsfrist für die Entscheidungsbegründung, zugestellt worden. Hierin erblickte das Arbeitsgericht Köln einen schwerwiegenden Verfahrensfehler, der zur Nichtigkeit des angegriffenen Schiedsspruchs vom 22. Mai 2012 führte.
Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Betriebsrat ( BAG 25.06.2014, Aktz.: 7 ABR 70/12)
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Betriebsrat die Hinzuziehung einer Rechtsanwaltskanzlei als Sachverständige beanspruchen kann.
Anlässlich verschiedener Umstellungen des Arbeitgebers hinsichtlich der Zahlung von Zuschlägen fasste der Betriebsrat den Beschluss, als sachverständige Beraterin eine Kanzlei gemäß § 80 Abs. 3 BetrVG zu einem Stundensatz von € 250,- zzgl. Auslagen zur Frage hinzuziehen, welche betriebsverfassungsrechtlichen Rechte dem Betriebsrat in Bezug auf die vom Arbeitgeber eingeführte „Leistungszulage“ zustehen und wie er diese Rechte durchsetzen kann. Ein weiterer Beschluss sieht eine entsprechende Beauftragung dazu vor, ob dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht in Bezug auf die einseitige Kürzung von Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschlägen durch die Arbeitgeberin sowie die Einführung einer neuen Art der Abrechnung nach Faktoren zusteht und wie er diese Rechte durchsetzen kann.
Das BAG führt hierzu wie folgt aus:
Nach § 80 Abs. 3 BetrVG kann der Betriebsrat bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Durch das Erfordernis einer Vereinbarung wird dem Arbeitgeber insbesondere die Möglichkeit eröffnet, im Hinblick auf die von ihm zu tragenden Kosten Einwendungen gegen die Beauftragung eines Sachverständigen zu erheben, dem Betriebsrat seinen Sachverstand oder eigene sachkundige Personen anzubieten und den Gegenstand der Beauftragung des Sachverständigen zuverlässig zu begrenzen.
Verweigert der Arbeitgeber eine solche Vereinbarung trotz der Erforderlichkeit der Hinziehung des Sachverständigen, so kann der Betriebsrat die fehlende Zustimmung des Arbeitgebers durch eine arbeitsgerichtliche Entscheidung ersetzen lassen.
Ein Rechtsanwalt kann Sachverständiger im Sinne des Gesetzes sein. Seine Heranziehung setzt voraus, dass er dem Betriebsrat spezielle Rechtskenntnisse vermitteln soll, die in der konkreten Situation, in der der Betriebsrat seine Aufgaben zu erfüllen hat, als erforderlich anzusehen sind. Nicht erforderlich ist die Hinzuziehung eines externen Sachverständigen, wenn der Betriebsrat die fehlende Sachkunde kostengünstiger als durch die Beauftragung des Sachverständigen verschaffen kann.
Einem Anspruch des Betriebsrats auf Abschluss einer Vereinbarung nach § 80 Abs. 3 BetrVG kann nicht entgegengehalten werden, die Beauftragung eines Sachverständigen sei grundsätzlich nicht erforderlich, wenn der Betriebsrat seine Mitglieder stattdessen an einer Schulung nach § 37 Abs. 6 BetrVG teilnehmen lassen könne. Ein Grundsatz, dass sich ein Betriebsrat zunächst das „Rüstzeug“ für die Wahrnehmung seiner Aufgaben durch Schulungen seiner Mitglieder verschaffen muss, bevor er einen Sachverständigen hinzuziehen kann, entspricht nicht den unterschiedlichen Funktionen der beiden Regelungen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss der Betriebsrat bei der Rechtsdurchsetzung unter mehreren gleich geeigneten Möglichkeiten die für den Arbeitgeber kostengünstigere auswählen. Soweit es um die rechtliche Beurteilung und mögliche Durchsetzung von Mitbestimmungsrechten in einer konkreten Konfliktsituation zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber geht, ist jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber seine Zustimmung zur Hinzuziehung eines Rechtsanwalts als Sachverständiger verweigert, die auf § 40 Abs. 1 BetrVG gestützte Mandatierung eines Rechtsanwalts regelmäßig der deutliche schnellere, effizientere und kostengünstigere Weg gegenüber einem gerichtlichen Verfahren, das darauf gerichtet ist, den Arbeitgeber zu verpflichten, die von ihm verweigerte Zustimmung zur Hinzuziehung eines Sachverständigen zu erteilen.
Der Betriebsrat kann, ohne dass es hierzu einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber bedürfte, in einem konkreten Konflikt mit dem Arbeitgeber einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung der in Betracht kommenden Mitbestimmungsrechte beauftragen. Er erhält dann alsbald eine rechtliche Beurteilung dieses Rechtsanwalts über das Bestehen und den Umfang von Mitbestimmungsrechten sowie über die Möglichkeiten und Chancen von deren Durchsetzung.
Bei diesem Verständnis wird § 80 Abs. 3 BetrVG nicht etwa jeglicher Anwendungsbereich entzogen. Die Bestimmung kommt vielmehr dann zur Anwendung, wenn es dem Betriebsrat nicht um die Durchsetzung von Rechten, sondern um die Vermittlung zur Interessenwahrnehmung erforderlicher Kenntnisse geht, etwa bei der Ausarbeitung des Entwurfs einer komplexen Betriebsvereinbarung oder eines schwierigen Interessenausgleichs.
HIV-Infektion – Behinderung – AGG und Wartezeitverkündung ( BAG 19.12.2013, 6 AZR 180/12 )
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung in der Probezeit.
Der Arbeitgeber produziert Arzneimittel zur Krebsbehandlung, die intravenös verabreicht werden. Der Arbeitnehmer ist angestellt als chemisch-technischer Assistent und sollte im sog. Reinraumbereich eingesetzt werden. Anlässlich seiner Einstellungsuntersuchung teilte der Arbeitnehmer dem Betriebsarzt mit, er sei HIV-infiziert, aber symptomfrei.
Der Arbeitgeber ist der Auffassung, dass die Kündigung aus Gründen der Arbeitsicherheit unumgänglich gewesen sei. Der Arbeitnehmer leide an einer ansteckenden Krankheit. Es könne von ihr nicht verlangt werden, sich dem Risiko von Schadenersatzansprüchen, eines drohenden Lizenzverlustes und der Verhängung von Ordnungswidrigkeitsstrafen auszusetzen. Setze sie einen HIV-Positiven in der Medikamentenproduktion ein, komme es zu einer nicht hinnehmbaren Rufschädigung.
Ob vorliegend eine Diskriminierung wegen der Behinderung des Arbeitnehmers vorgelegen hat, konnte nicht abschließend festgestellt werden. Folgende Aussagen sind dem Urteil des BAG jedoch zu entnehmen:
1. Eine ordentliche Kündigung, die einen Arbeitnehmer, auf den das Kündigungsschutz ( noch) keine Anwendung findet, aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe diskriminiert, ist nach § 134 BGB iVm. § 7 Abs. 1 , §§ 1, 3 AGG unwirksam. Ordentliche Kündigungen während der Wartezeit und in Kleinbetrieben sind unmittelbar am Maßstab des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu messen.
2. Eine Behinderung iSd. § 1 AGG liegt unter Berücksichtigung des maßgeblichen supranationalen Rechts vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit eines Menschen langfristig eingeschränkt ist und dadurch – in Wechselwirkung mit verschiedenen sozialen Kontextfaktoren ( Barrieren) – seine Teilhabe an der Gesellschaft, wozu auch die Teilhabe am Berufsleben gehört, substantiell beeinträchtigt sein kann.
Die symptomlose HIV-Infektion des Klägers hat eine Behinderung iSd. Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zur Folge. Das gilt so lange, wie das gegenwärtig auf eine solche Infektion zurückzuführende soziale Vermeidungsverhalten und die darauf beruhenden Stigmatisierungen andauern.
3. Die streitbefangene Kündigung stellt eine unmittelbare Ungleichbehandlung iSd. § 3 Abs. 1 AGG in Form einer sog. verdeckten unmittelbaren Ungleichbehandlung dar. Eine solche Ungleichbehandlung ist gegeben, wenn nach einem scheinbar objektiven, nicht diskriminierenden Kriterium ( ansteckende Krankheit) unterschieden wird, das jedoch in untrennbaren Zusammenhang mit einem in § 1 AGG genannten Grund ( Behinderung) steht und damit kategorial ausschließlich Träger eines Diskriminierungsmerkmals trifft. Ob tatsächlich der Einsatz des Arbeitnehmers im Reinraum dauerhaft unmöglich ist und deshalb die Kündigung wirksam war, ist eine Frage, die ausschließlich auf der Ebene der Rechtfertigung unter Berücksichtigung der Möglichkeit, angemessene Vorkehrungen zu treffen, zu entscheiden ist, nicht aber bereits die Annahme einer Benachteiligung wegen der Behinderung von vornherein ausschließt.
4. Die bei dem Arbeitgeber geltenden SOP ( „Standard Operating Procedure“), die der Umsetzung von Leitlinien der EU-Kommission hinsichtlich der Herstellung von Arzneimittel und Wirkstoffen, dient, entbindet den Arbeiteber nicht von der Pflicht, im zumutbaren Rahmen angemessenen Vorkehrungen zur Beschäftigung des behinderten Arbeitnehmers im Reinraum zu treffen. Damit wird vom Arbeitgeber nicht verlangt, sehendes Auges ein messbares, ernsthaftes Risiko einzugehen, mit HI-Viren kontaminierte Präparate in den Verkehr zu bringen und sich damit erheblichen, uU die Existenz des Betriebs gefährdenden Schadensersatzrisiken auszusetzen. Bisher sei jedoch nicht vorgetragen worden, dass es überhaupt ein messbares Risiko einer Kontamination gibt. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz will gerade solchen, aus bloß diffusen Befürchtungen und der Weigerung des Arbeitgebers, die konkreten Risiken zu ermitteln und mögliche Änderungen der Arbeitsläufe auch nur in Erwägung zu ziehen, resultierenden Benachteiligungen entgegenwirken.
Zugang eines Kündigungsschreibens (BAG , Urteil vom 22. März 2012, Aktz.: 2 AZR 224/11)
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier fristloser Kündigungen. In diesem Zusammenhang streiten sie darüber, ob die Klage gegen eine der Kündigungen verspätet und ggf. nachträglich zuzulassen ist.
Der Kläger war vom 12. bis 27. Juni 2009 im Erholungsurlaub und fand bei seiner Rückkehr in seinem Briefkasten ein Kündigungsschreiben vom 25. Juni 2009 und ein weiteres vom 26. Juni 2009 vor. Der Kläger bestreitet mit „Nichtwissen“, dass die Kündigungserklärung vom 25. Juni 2009 noch am selben Tag in seinen Briefkasten eingeworfen worden sei. Er habe annehmen dürfen, dass er mit seiner Klage gegen die Kündigung vom 26. Juni 2009 zugleich die Kündigung vom Tag zuvor angegriffen habe. Auch habe er annehmen müssen, dass die Klagfrist erst begonnen habe, nachdem er von den Kündigungserklärungen am 27. Juni 2009 tatsächlich Kenntnis erhalten habe.
Das BAG hat entschieden, dass die am 17. Juli 2009 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage gegen die Kündigung vom 25. Juni 2009 nicht die Frist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt hat. Das Kündigungsschreiben war dem Kläger iSv. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB noch am 25. Juni 2009 zugegangen. Die Kündigungsschutzklage hätte spätestens am 16. Juli 2009 eingehen müssen:
Hinweis : Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wird eine unter Abwesenden abgegebene Willenserklärung in dem Zeitpunkt wirksam, in welchen sie dem Empfänger zugeht. Eine verkörperte Willenerklärung ist zugegangen, sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist und für diesen unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von dem Schreiben Kenntnis zu nehmen. Zum Bereich des Empfängers gehören auch von ihm vorgehaltene Empfangseinrichtungen wie z.B. ein Briefkasten. Ob die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist nach den „gewöhnlichen Verhältnissen“ und den „Gepflogenheiten des Verkehrs“ zu beurteilen. So bewirkt der Einwurf in einen Briefkasten den Zugang, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist. Dabei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers abzustellen, sondern im Interesse der Rechtssicherheit zu generalisieren. Bei Hausbriefkästen ist mit einer Leerung im Allgemeinen zum Zeitpunkt der üblichen Postzustellzeiten zu rechnen, die allerdings stark variieren können.
Wenn danach für den Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist es unerheblich, ob und wann er die Erklärung tatsächlich zur Kenntnis genommen hat und ob er daran durch Krankheit, zeitweilige Abwesenheit oder andere besondere Umstände einige Zeit gehindert war. In diesem Fall trifft den Empfänger die Obliegenheit, die nötigen Vorkehrungen für eine tatsächliche Kenntnisnahme zu treffen. Unterlässt er dies, so wird der Zugang durch solche – allein in seiner Person liegende – Gründe nicht ausgeschlossen. Ein an die Heimatanschrift des Arbeitnehmers gerichtetes Kündigungsschreiben kann diesem deshalb selbst dann zugehen, wenn der Arbeitgeber von einer urlaubsbedingten Ortsabwesenheit weiß.
Vorliegend wurde nach einer Beweisaufnahme für wahr gehalten, dass das Kündigungsschreiben vom 25. Juni 2009 an diesem Tag gegen 13 Uhr in den Briefkasten des Klägers eingeworfen wurde. Das Vorbringen des Klägers, erhabe keinen Kenntnis davon gehabt, dass er gegen jede einzelne Kündigung vorgehen müsse, schließt ein Verschulden nicht aus. Es gehört zu den für jeden Arbeitnehmer geltenden Sorgfaltspflichten, sich zumindest nach Ausspruch einer Kündigung unverzüglich darum zu kümmern, ob und wie er dagegen vorgehen kann.
Annahmeverzug – Arbeit auf Abruf ( BAG v. 24.09.2014, 5 AZR 1024/12)
Die Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzugs.
Der Kläger ist als Koch bei der Beklagten in deren Hotel-Restaurant beschäftigt. Es wurde „eine Festbeschäftigung mit flexibler Arbeitszeit nach den betrieblichen Erfordernissen vereinbart.“
Während der Kläger in den Monaten Mai und Juni 2009 länger als die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit für Vollbeschäftigte von 39 Stunden, aber unter der tariflichen monatlichen Höchstarbeitszeit von 198 Stunden arbeitete, setzte ihn die Beklagte in der Folgezeit - in unterschiedlichem Umfang – nur kürzer ein. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses machte der Kläger Entgeltdifferenzen auf der Basis einer 48-Stunden-Woche unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs geltend.
In welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber in Annahmeverzug geraten kann, richtet sich nach der arbeitsvertraglich vereinbarten oder – falls diese regelmäßig überschritten wird – nach der tatsächlich praktizierten Arbeitszeit.
Das BAG wies die Klage ab. Es führt aus, dass wenn die Arbeitsvertragsparteien ausdrücklich keine Vollzeitbeschäftigung, sondern eine Festbeschäftigung mit flexibler Arbeitszeit vereinbart und den Umfang der dabei zu leistenden Arbeitszeit offen gelassen haben, verbunden mit dem Fehlen jeglichen Hinweises auf eine bestimmte Dauer der Arbeitszeit, ein verständiger Arbeitnehmer bei einer derartigen Klausel redlicherweise nicht annehmen darf, es solle ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet werden. Er muss vielmehr davon ausgehen, dass nicht nur die Lage, sondern auch die Dauer der Arbeitszeit variabel ist und die regelmäßige Arbeitszeit im Durchschnitt des vereinbarten Beschäftigungsjahres unter der eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers bleibt, er also teilzeitbeschäftigt ( § 2 Abs. 1 Satz 2 TzBfG ) ist. In diesem Verständnis der Klausel haben die Parteien das Arbeitsverhältnis auch gelebt.
Aus § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG – Arbeit auf Abruf - ergibt sich vorliegend keine andere Bewertung. Die Nichtvereinbarung einer bestimmten Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit bedingt nicht die Unwirksamkeit der Abrede, sondern führt dazu, dass nach § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG eine wöchentliche Arbeitszeit von zehn Stunden als vereinbart gilt und der Arbeitgeber nach § 12 Abs. 1 Satz 4 TzBfG die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinanderfolgende Stunden in Anspruch nehmen muss. Für ein Unterschreiten dieser zum Schutze des Arbeitnehmers gesetzlich fingierten Mindestgrenzen bietet das Vorbringen des Klägers keinen Anhalt.
Praktikantenvertrag – Arbeitsvertrag ( LAG Berlin-Brandenburg v. 22. Mai 2014, Aktz.: 18 Sa 290/14)
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren, die vereinbarte Befristung wirksam ist und ob der Kläger Anspruch auf Vergütung gemäß Vergütungsgruppe A des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern ( TVK) hat.
Der Kläger betrieb ein Musikstudium und war vom 16. August 2012 befristet bis zum 15. August 2013 im Staatsorchester tätig. Grundlage der Tätigkeit war eine als Praktikantenvertrag bezeichnete Vereinbarung.
Sowohl nach Auffassung des Arbeitsgerichts Frankfurt als auch des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg war das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren.
Grundsätzlich handelt es sich bei einem Praktikum um den zwingenden Bestandteil einer Gesamtausbildung oder einer Zulassungsvoraussetzung ( BAG, Urteil vom 5. August 1965, 2 AZR 439/64). Ein Praktikum in einem Sinfonieorchester ist im Rahmen des vom Kläger belegten Diplomstudiengang nicht erforderlich.
Selbst wenn man annimmt, es stünde den Parteien aufgrund der ihnen zukommenden Privatautonomie frei, auch außerhalb von Ausbildungs- oder Studienordnungen Praktika zu vereinbaren, sei gleichwohl vorliegend von einem Arbeitsverhältnis auszugehen.
Der Kläger habe in persönlicher Abhängigkeit für die Beklagte fremdbestimmte Dienste geleistet. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Parteien ihr Vertragsverhältnis als Praktikum bezeichneten.
Das LAG führt aus, dass die beklagte Stadt keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen hat, denen der Fortbildungs- bzw. Ausbildungscharakter der Tätigkeit zu entnehmen gewesen wäre. Vielmehr sei der Kläger bei Würdigung des Vorbringens der Parteien tatsächlich behandelt worden wie ein „normaler“ Orchestermusiker auf der Stelle des stellvertretenden Solotrompeters. Weder die Zahl noch die Art der Einsätze unterschied sich von Einsätzen der sonstigen Orchestermusiker. Der Kläger war vollständig in das Orchester eingegliedert worden und in den Dienstplan eingeteilt. Ein Fortbildungsplan, der Einsätze oder Tätigkeiten ausgerichtet an Fortbildungs- oder Ausbildungszielen vorsah, ist, obwohl ein solcher vertraglich vorgesehen war, tatsächlich nicht erstellt worden. Der Kläger hat seine Arbeit überwiegend selbständig gemacht. Als Praktikant wäre er tätig gewesen, wenn er seine Arbeit unter Anleitung erbracht hätte.
Dem Landesarbeitsgericht hat insoweit ein etwaiges Ablehnungsrecht und die Absprache mit dem Mentor über geeignete Stücke für die Annahme eines Praktikantenverhältnisses nicht als ausreichend bezeichnet.
Das Arbeitsgericht führte zudem aus, dass die Vereinbarung einer dreimonatigen Probezeit ein typischer Bestandteil eines Arbeitsverhältnisses sei. Dem Kläger traf die Pflicht nach § 7 des Praktikantenvertrages den Anweisungen der Orchesterleitung nachzukommen. Für ihn galt die Pflicht zur Beantragung von Nebentätigkeiten, § 6. Ebenso spräche gegen ein Praktikum die vereinbarte Dauer für ein Jahr. Insoweit stelle sich die Frage, inwieweit hier ein Ausbildungszweck für die Gesamtdauer von einem Jahr im Vordergrund gestanden haben soll. Die Beklagte habe in ihrem Vortrag nicht erkennen lassen, dass beim Kläger Qualifikationsdefizite bestanden hätten, die im Rahmen des Ausbildungskonzeptes hätten beseitigt werden sollen.
Da es für die Befristung entsprechend eines sachlichen Grundes fehlte, der es nach § 3 TVK bedarf, erweist sich diese als unwirksam. Aufgrund der rechtlichen Qualifizierung des Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis hat der Kläger einen Anspruch auf Eingruppierung nach § 17 TVK.
Beschlussfassung des Betriebsrats – Änderung oder Ergänzung der Tagesordnung ( BAG v. 22.01.2014, 7 AS 6/13 )
Der Siebte Senat hält an seiner Rechtsauffassung, ein Beschluss des Betriebsrats zu einem nicht in der Tagesordnung aufgeführten Punkt könne auch bei einstimmiger Beschlussfassung wirksam nur gefasst werden, wenn alle Betriebsratsmitglieder anwesend sind, nicht fest.
Das Betriebsverfassungsgesetz regelt die Voraussetzungen einer wirksamen Beschlussfassung des Betriebsrats nicht abschließend. In § 33 Abs. 1 BetrVG ist bestimmt, dass die Beschlüsse des Betriebsrats, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder gefasst werden. Ferner regelt § 33 Abs. 2 Halbs. 1 BetrVG, dass der Betriebsrat nur beschlussfähig ist, wenn mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilnimmt.
Grundsätzlich ist die Beachtung des § 29 Abs.2 Satz 3 BetrVG und die dort ausdrücklich angeordnete Ladung der Betriebsratsmitglieder einschließlich etwaiger Ersatzmitglieder unter Mitteilung der Tagesordnung als wesentlich für die Wirksamkeit eines in der Sitzung gefassten Betriebsratsbeschlusses anzusehen.
Für die Heilung eines Verfahrensmangels iSd. § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG reicht es jedoch aus, dass alle Betriebsratsmitglieder einschließlich erforderlicher Ersatzmitglieder rechtzeitig zur Sitzung geladen worden sind und die beschlussfähig Erschienenen in dieser Sitzung eine Ergänzung oder Erstellung der Tagesordnung einstimmig beschließen. Das vom Senat bislang angeführte Argument, ein verhindertes Betriebsratsmitglied müsse anhand der zuvor erfolgten Mitteilung der Tagesordnung Gelegenheit haben, seine Betriebsratskollegen ausserhalb der Sitzung über seine Auffassung zu unterrichten und sie hiervon überzeugen, trägt nicht. Im Falle der zeitweiligen Verhinderung eines Betriebsratsmitglieds rückt das Ersatzmitglied gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG mit allen Rechten und Pflichten in dessen Stellung ein.