In dem ersten Fall der „klassischen“ Nichtverlängerungsmitteilung gegenüber einer Maskenbildnerin hat das BAG mit Urteil vom 13.12.2017 (7 AZR 369/16) entschieden, dass die Vereinbarung einer überwiegend künstlerischen Tätigkeit im Arbeitsvertrag einer Maskenbildnerin an einer Bühne geeignet ist, die Befristung des Arbeitsvertrages wegen der Eigenart der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG zu rechtfertigen. Die Befristungskontrollklage wurde abgewiesen.

Insbesondere bedeutsam an dieser Entscheidung ist, dass sich das BAG mit der Frage der Europarechtswidrigkeit des Befristungs-Regime des NV Bühne beschäftigt hat und diese auch mit Blick auf die sogenannte Kücük-Entscheidung des EuGH ausdrücklich auch bei einer längeren Befristungsdauer verneint hat.

Schließlich hat das BAG in dem Urteil vom 13.12.2017 aber auch noch einmal unter Hinweis auf die BAG-Entscheidungen vom 28.1.2009 (hier AZR 987/07) und vom Februar 2009 ( 7 AZR 942/07) klargestellt, dass die Vereinbarung der Vertragsparteien, dass eine überwiegend künstlerische Tätigkeit geschuldet sei, auch materiell-rechtlich zu einer Rechtfertigung der Befristung wegen der Eigenart der Arbeitsleistung führe.

Benachteiligung wegen des Geschlechts bei einer Bewerbung ( BAG, Urteil vom 18.09.2014, Aktz.: 8 AZR 753/13 )

Die Parteien stritten darüber, ob dadurch, dass bei der Bewerbung der Klägerin im Lebenslauf neben der Textzeile „Verheiratet, ein Kind“ handschriftlich vermerkt „ 7 Jahre alt!“ und die dann ergebende Wortfolge „ein Kind, 7 Jahre alt !“ durchgängig unterstreicht, eine Diskriminierung wegen des weiblichen Geschlechts begangen wurde.

Die Beklagte betreibt einen lokalen Radiosender und suchte im Frühjahr 2012 für eine Vollzeitstelle eine Buchhaltungskraft mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung. Die Klägerin bewarb sich auf die Stelle im April 2012, im beigefügtem Lebenslauf wies sie auf ihre Ausbildungen als Verwaltungsfachfrau und zur Bürokauffrau hin. Außerdem gab sie dort an „Familienstand: verheiratet. Ein Kind.“ Anfang Mai 2012 erhielt die Klägerin eine Absage, auf dem zurückgesandten Lebenslauf war der Angabe zum Familienstand hinzugefügt „ 7 Jahre alt !“, dies und die von der Klägerin stammende Aufgabe „ein Kind“ war unterstrichen. Die Klägerin sieht sich als Mutter eines schulpflichtigen Kindes, die eine Vollzeitbeschäftigung anstrebt, benachteiligt. Die Notiz der Beklagten auf ihrem Lebenslauf spreche dafür, dass die Beklagte Vollzeittätigkeit und die Betreuung eines siebenjährigen Kindes nicht oder nur schlecht für vereinbar halte. Die Beklagte hat eine Entschädigung wegen einer Benachteiligung aufgrund des Geschlechts abgelehnt. Sie hat darauf verwiesen, eine junge verheiratete Frau eingestellt zu haben, die über eine höhere Qualifikation verfüge.

Die Revision der Beklagten, die vom LAG Hamm, Urteil vom 06.06.2013, Aktz.: 11 Sa 335/13, wegen mittelbarer Benachteiligung der Klägerin zu einer Entschädigung iHv. € 3000,- verurteilt worden war, hatte vor dem 8. Senat des BAG Erfolg.

Bei einer mittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts kann die besondere Benachteiligung des einen Geschlechts durch ein dem Anschein nach neutrales Kriterium mit einem Verweis auf statistische Erhebungen dargelegt werden. Die herangezogene Statistik muss aussagekräftig, dh. für die umstrittene Fallkonstellation gültig sein. Die vom Berufungsgericht herangezogene Statistik ( Mikrozensus) für den Anteil von Ehefrauen mit Kind an der Gesamtzahl der Vollbeschäftigten lässt nach Auffassung des BAG keine Aussagen für den Fall der Klägerin zu.

Das Landesarbeitsgericht als Tatsachengericht wird aber zu prüfen haben, ob in dem Verhalten der Beklagten nicht eine unmittelbare Benachteiligung der Klägerin als Frau zu sehen ist, was eine Auslegung des Vermerks auf dem zurückgesandten Lebenslauf erfordert.  

 

HIV-Infektion – Behinderung – AGG und Wartezeitverkündung ( BAG 19.12.2013, 6 AZR 180/12 )

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung in der Probezeit.

Der Arbeitgeber produziert Arzneimittel zur Krebsbehandlung, die intravenös verabreicht werden. Der Arbeitnehmer ist angestellt als chemisch-technischer Assistent und sollte im sog. Reinraumbereich eingesetzt werden. Anlässlich seiner Einstellungsuntersuchung teilte der Arbeitnehmer dem Betriebsarzt mit, er sei HIV-infiziert, aber symptomfrei.

Der Arbeitgeber ist der Auffassung, dass die Kündigung aus Gründen der Arbeitsicherheit unumgänglich gewesen sei. Der Arbeitnehmer leide an einer ansteckenden Krankheit. Es könne von ihr nicht verlangt werden, sich dem Risiko von Schadenersatzansprüchen, eines drohenden Lizenzverlustes und der Verhängung von Ordnungswidrigkeitsstrafen auszusetzen. Setze sie einen HIV-Positiven in der Medikamentenproduktion ein, komme es zu einer nicht hinnehmbaren Rufschädigung.

Ob vorliegend eine Diskriminierung wegen der Behinderung des Arbeitnehmers vorgelegen hat, konnte nicht abschließend festgestellt werden. Folgende Aussagen sind dem Urteil des BAG jedoch zu entnehmen:

1. Eine ordentliche Kündigung, die einen Arbeitnehmer, auf den das Kündigungsschutz ( noch) keine Anwendung findet, aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe diskriminiert, ist nach § 134 BGB iVm. § 7 Abs. 1 , §§ 1, 3 AGG unwirksam. Ordentliche Kündigungen während der Wartezeit und in Kleinbetrieben sind unmittelbar am Maßstab des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu messen.

2. Eine Behinderung iSd. § 1 AGG liegt unter Berücksichtigung des maßgeblichen supranationalen Rechts vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit eines Menschen langfristig eingeschränkt ist und dadurch – in Wechselwirkung mit verschiedenen sozialen Kontextfaktoren ( Barrieren) – seine Teilhabe an der Gesellschaft, wozu auch die Teilhabe am Berufsleben gehört, substantiell beeinträchtigt sein kann.

Die symptomlose HIV-Infektion des Klägers hat eine Behinderung iSd. Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zur Folge. Das gilt so lange, wie das gegenwärtig auf eine solche Infektion zurückzuführende soziale Vermeidungsverhalten und die darauf beruhenden Stigmatisierungen andauern.

3. Die streitbefangene Kündigung stellt eine unmittelbare Ungleichbehandlung iSd. § 3 Abs. 1 AGG in Form einer sog. verdeckten unmittelbaren Ungleichbehandlung dar. Eine solche Ungleichbehandlung ist gegeben, wenn nach einem scheinbar objektiven, nicht diskriminierenden Kriterium ( ansteckende Krankheit) unterschieden wird, das jedoch in untrennbaren Zusammenhang mit einem in § 1 AGG genannten Grund ( Behinderung) steht und damit kategorial ausschließlich Träger eines Diskriminierungsmerkmals trifft. Ob tatsächlich der Einsatz des Arbeitnehmers im Reinraum dauerhaft unmöglich ist und deshalb die Kündigung wirksam war, ist eine Frage, die ausschließlich auf der Ebene der Rechtfertigung unter Berücksichtigung der Möglichkeit, angemessene Vorkehrungen zu treffen, zu entscheiden ist, nicht aber bereits die Annahme einer Benachteiligung wegen der Behinderung von vornherein ausschließt.    

 4. Die bei dem Arbeitgeber geltenden SOP ( „Standard Operating Procedure“), die der Umsetzung von Leitlinien der EU-Kommission hinsichtlich der Herstellung von Arzneimittel und Wirkstoffen, dient, entbindet den Arbeiteber nicht von der Pflicht, im zumutbaren Rahmen angemessenen Vorkehrungen zur Beschäftigung des behinderten Arbeitnehmers im Reinraum zu treffen. Damit wird vom Arbeitgeber nicht verlangt, sehendes Auges ein messbares, ernsthaftes Risiko einzugehen, mit HI-Viren kontaminierte Präparate in den Verkehr zu bringen und sich damit erheblichen, uU die Existenz des Betriebs gefährdenden Schadensersatzrisiken auszusetzen. Bisher sei jedoch nicht vorgetragen worden, dass es überhaupt ein messbares Risiko einer Kontamination gibt. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz will gerade solchen, aus bloß diffusen Befürchtungen und der Weigerung des Arbeitgebers, die konkreten Risiken zu ermitteln und mögliche Änderungen der Arbeitsläufe auch nur in Erwägung zu ziehen, resultierenden Benachteiligungen entgegenwirken.   

 

 

 

Anfechtung eines Aufhebungsvertrages ( LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.01.2014, Aktz.: 1 Sa 451/13)

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung und eines Aufhebungsvertrages.

Der Kläger hat trotz eines im Betrieb geltenden Verbotes während der Arbeitszeit das Internet und sein Mobiltelefon privat genutzt. Nach einer einschlägigen Abmahnung kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis und legte dem Kläger einen Abwicklungsvertrag vor. Der Kläger wollte sodann im Gespräch mit dem Geschäftsführer erreichen, dass der genannte Vertrag noch eine Änderung erfuhr, wozu der Geschäftsführer nicht bereit war. Der Geschäftsführer äußerte sodann sinngemäß, wenn es nicht zur Unterzeichnung des Vertrages käme, müsse das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt werden.

Das LAG hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten aufgelöst wurde. Zum Zeitpunkt der mit der Vereinbarung beabsichtigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestand daher kein Arbeitsverhältnis mehr, so dass ungeachtet der begründeten Anfechtung dieser Vereinbarung die Klage unbegründet ist.

Dennoch sind die folgenden Ausführungen des LAG zur Anfechtung wegen einer widerrechtlichen Drohung im Sine des § 123 BGB zu beachten.

Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger die Zufügung eines zukünftigen empfindlichen Übels angekündigt, dessen Verwirklichung in ihrer Macht lag. Diese Drohung war auch widerrechtlich. Die Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung ist widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine solche Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte.

Hat der Drohende an der Erreichung des verfolgten Zwecks kein berechtigtes Interesse oder ist die Drohung nach Treu und Glauben nicht mehr als angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Zweckes anzusehen, ist die Drohung widerrechtlich. Vorliegend hätte ein verständiger Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung schon deshalb nicht in Betracht gezogen, weil zuvor bereits bei im Übrigen unverändertem Sachverhalt eine ordentliche Kündigung ausgesprochen worden war. Es ist anerkannt, dass ein Arbeitgeber ohne Hinzutreten weiterer Pflichtverletzungen nicht wegen solcher Pflichtverletzungen eine Kündigung aussprechen kann, die Gegenstand einer Abmahnung waren. Im Ausspruch einer Abmahnung liegt ein konkludenter Verzicht auf das Recht zur Kündigung aus den bereits mit der Abmahnung gerügten Gründen. Dieser Gedanke gilt entsprechend, wenn wegen einer Pflichtverletzung bereits eine ordentliche Kündigung ausgesprochen wurde. Ohne das Hinzutreten weiterer Pflichtverletzungen bzw. dem Bekanntwerden weiterer, bisher nicht bekannter Pflichtverletzungen, kann nicht wirksam eine weitere, diesmal außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden. Durch den Ausspruch der ordentlichen Kündigung hat der Arbeitgeber zum Ausdruck gebracht, dass er das Vertragsverhältnis noch nicht in einem solchem Ausmaß als gestört betrachtet, dass ihm noch nicht einmal dessen Fortsetzung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar ist. Durch den Ausspruch einer solchen außerordentlichen Kündigung setzt sich der Arbeitgeber damit in Widerspruch zu seinem eigenen vorherigen Verhalten.

 

 

 

Anordnung, Billigung und Duldung von Überstunden – Darlegungslast (BAG 10.4.2013 – 5 AZR 122/12)

Die Parteien streiten über die Vergütung von Überstunden.

Der Kläger hatte nach Vertragsende 498 Überstunden geltend gemacht und behauptete die datumsmäßig näher bezeichneten Arbeitstage habe der damalige Geschäftsführer angeordnet, jedenfalls geduldet. Die Beklagte bestreitet dies.

Die Klage wurde abgewiesen.

Der Arbeitgeber ist nach § 611 BGB zur Gewährung der vereinbarten Vergütung für die vereinbarte Arbeitsleistung verpflichtet. Legen die Parteien einen bestimmten zeitlichen Umfang der zu erbringenden Arbeitsleistung fest, betrifft die Vergütungspflicht zunächst nur die Vergütung der vereinbarten Normalarbeitszeit. Erbringt der Arbeitnehmer Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang, ist der Arbeitgeber zu deren Vergütung nur verpflichtet, wenn er die Leistung von Überstunden veranlasst hat oder sie ihm zumindest zuzurechnen ist. Denn der Arbeitgeber muss sich Leistung und Vergütung von Überstunden nicht aufdrängen lassen, und der Arbeitnehmer kann nicht durch überobligatorische Mehrarbeit seinen Vergütungsanspruch selbst bestimmen.

 Für diese arbeitgeberseitige Veranlassung und Zurechnung als – neben der Überstundenleistung – weitere Voraussetzung eines Anspruchs auf Überstundenvergütung hat das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung formuliert, Überstunden müssten vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sein. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass geleistete Überstunden angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit erforderlich waren, trägt der Arbeitnehmer, der den Anspruch erhebt.

-         für eine ausdrückliche Anordnung muss der Arbeitnehmer vortragen, wer wann auf welche Weise wie viele Überstunden angeordnet hat.

-         Konkludent ordnet der Arbeitgeber Überstunden an, wenn er dem Arbeitnehmer Arbeit in einem Umfang zuweist, der unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers ( zu diesem Maßstab siehe BAG 19.September 2012 – 5 AZR 678/11) nur durch die Leistung von Überstunden zu bewältigen ist. Dazu muss der Arbeitnehmer darlegen, dass eine bestimmte angewiesene Arbeit innerhalb der Normalarbeitszeit nicht zu leisten oder ihm zur Erledigung der aufgetragenen Arbeiten ein bestimmter Zeitrahmen vorgegeben war, der nur durch die Leistung von Überstunden eingehalten werden konnte. Ist eine Monatsarbeitszeit vereinbart, muss der Arbeitnehmer zudem darlegen, dass einzelne, zur Erledigung der zugewiesenen Arbeiten geleisteten Überstunden nicht innerhalb einer flexibel gehandhabten Monatsarbeitszeit ausgeglichen werden konnte.

-         Für eine Billigung reicht die widerspruchslose Entgegennahme der vom Arbeitnehmer gefertigten Arbeitsaufzeichnungen nicht aus, vielmehr muss der Arbeitgeber darlegen, wer wann auf welche Weise zu erkennen gegeben habe, mit der Leistung welcher Überstunden einverstanden zu sein.

-         Die Duldung von Überstunden bedeutet, dass der Arbeitgeber in Kenntnis einer Überstundenleistung diese hinnimmt und keine Vorkehrungen trifft, die Leistung von Überstunden zu unterbinden, er also nicht gegen die Leistung von Überstunden einschreitet, sie vielmehr weiterhin entgegennimmt. Dazu muss der Arbeitnehmer darlegen, von welchen wann geleisteten Überstunden der Arbeitgeber auf welche Weise wann Kenntnis erlangt haben soll und dass es im Anschluss daran zu einer weiteren Überstundenleistung gekommen ist.  

Auskunftsanspruch des Betriebsrats – erteilte und beabsichtigte Abmahnungen ( BAG v. 17.09.2013, Aktz.: 1 ABR 26/12 )

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Betriebsrats auf Vorlage erteilter Abmahnungen.

Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie. Antragsteller ist der im Betrieb N gebildete Betriebsrat. Dieser verlangt von der Arbeitgeberin die Übergabe von Kopien bereits erteilter Abmahnungen sowie die Vorlage beabsichtigter Abmahnungen vor Übergabe an den betreffenden Arbeitnehmer.

Der Betriebsrat hat geltend gemacht, er benötige die Abmahnungen, um vor dem Ausspruch von Kündigungen regulierend und arbeitsplatzerhaltend eingreifen und auf die Arbeitgeberin einwirken zu können. Die Vorlage sei auch erforderlich, um bestehende Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG ausüben zu können.

Der Antrag wurde abgewiesen. Der vom Betriebsrat erhobene Anspruch besteht nicht.

Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und nach Satz 2 Halbs.1 dieser Bestimmung auf Verlangen die zur Durchführung der Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zustellen. Hieraus folgt ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats, wenn die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist.

Aus der individualrechtlichen Bedeutung der Abmahnung ergibt sich eine solche Aufgabe des Betriebsrats nicht. Dieser ist außerhalb des Mitwirkungsverfahrens bei Kündigung nach § 102 BetrVG bei der Erteilung von Abmahnungen nicht zu beteiligen. Mitwirkungsrechte des Betriebsrats entstehen erst dann, wenn der Arbeitgeber das Unterrichtungsverfahren nach § 102 Abs. 1 BetrVG einleitet. Der Ausspruch von Abmahnungen unterliegt dagegen nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats.

Der Betriebsrat hat nicht aufgezeigt, für welche Aufgaben er die Abmahnungsschreiben benötigt. Der allgemeine Hinweis auf Mitbestimmungsrechte aus § 87 BetrVG ist unzureichend. Dem steht bereits entgegen, dass Abmahnungen keineswegs notwendig Sachverhalte betreffen, in denen diese Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats betroffen sind. So sind etwa bei Arbeitsvertragsverletzungen wie Tätlichkeiten oder Beleidigungen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 BetrVG offensichtlich nicht berührt.

Der Betriebsrat hat auch nicht dargelegt, dass die Vorlage der Abmahnungen zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist. Er hat vielmehr eine Vielzahl von Abmahnungen vorgelegt, aber nicht aufgezeigt, aus welchen Gründen er ungeachtet dessen die Vorlage weiterer Abmahnungen zur Wahrnehmung und Ausübung der auf diese Sachverhalte bezogenen Mitbestimmungsrechte benötigt. Sollte der Betriebsrat der Auffassung sein, dass die den Abmahnungen zugrunde liegenden Anweisungen der Arbeitgeberin nach § 87 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig waren und diese ihn gleichwohl nicht beteiligt hat, kann er die seiner Auffassung nach gebotenen Maßnahmen ohnehin ergreifen.  

 

 

Das sächsische Oberverwaltungsgericht hat die Rechtsprechung des BAG bestätigt, demzufolge dem Betriebsrat bzw. dort dem Personalrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einstellung von sog. gekorenen künstlerischen Bühnentechnikern nicht zusteht, wenn mit ihnen im Arbeitsvertrag vereinbart wird, dass sie überwiegend künstlerisch tätig sind.

Befristeter Vertrag eines Rundfunkredakteurs ( BAG Urteil v. 04.12.2013, Aktz.: 7 AZR 457/12 )

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung eines Redakteurs. Befristungsgrund war die programmgestaltende Tätigkeit.

Das BAG hat die Befristung des Arbeitsvertrages nach § 14 I 1 TzBfG mit folgenden Orientierungssätzen als zulässig anerkannt:

1. Zu den von § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG erfassten Arbeitsverhältnissen, bei denen eine Befristung wegen der Art der Tätigkeit ohne Hinzutreten eines weiteren Sachgrundes vereinbart werden kann, zählen die Arbeitsverhältnisse der programmgestaltenden Mitarbeiter der Rundfunkanstalten. Das folgt aus der Notwendigkeit, bei der Auslegung des Begriffs des sachlichen Grundes i.S.d. § 14 Abs. 1 TzBfG die für die Rundfunkanstalten durch die Rundfunkfreiheit ( Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) gewährleisteten Freiräume bei der Wahl des Arbeitsvertragsinhalts zu berücksichtigen. Der Schutz des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG umfasst das Recht der Rundfunkanstalten, dem Gebot der Vielfalt der zu vermittelnden Programminhalte bei der Auswahl, Einstellung und Beschäftigung derjenigen Rundfunkmitarbeiter Rechnung zu tragen, die bei der Gestaltung der Programme mitwirken. Grundsätzlich schließt dies auch die Entscheidung darüber, ob ein Mitarbeiter fest oder nur für eine vorübergehende Dauer beschäftigt werden.

2. Die Deutsche Welle fällt in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG. Dass es sich bei ihr um eine Auslandsrundfunkanstalt handelt, ändert daran nichts. Sie ist kein - unzulässig errichteter – Staats- oder Regierungssender. Die Organisation der Deutschen Welle liegt weder vollkommen in der Hand des Staates noch ist ihr Programmauftrag auf die Verbreitung nur einer bestimmten Meinung gerichtet. Sie wird auch nicht in bundeseigener Verwaltung geführt und ist nicht Teil des Auswärtigen Dienstes.

3. Ist die Befristung des Arbeitsvertrags eines programmgestaltenden Mitarbeiters mit einer Rundfunkanstalt auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen, ist eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem Bestandsschutz des Arbeitnehmers und den bei Bejahung des Bestandschutzes zu erwartenden Auswirkungen auf die Rundfunkfreiheit vorzunehmen. Dazu sind die Belange der Rundfunkanstalt und des Arbeitnehmers im Einzelfall abzuwägen, wobei die Rundfunkanstalten die zur Erfüllung ihres Programmauftrags notwendige Freiheit und Flexibilität nicht genommen werden darf. Im Einzelfall kommt es insbesondere darauf an, mit welcher Intensität der betroffene Mitarbeiter auf das Programm der Rundfunk- und Fernsehanstalten Einfluss nehmen kann und wie groß die Gefahr im Falle eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ist, dass die Rundfunkanstalt nicht den Erfordernissen eines vielfältigen Programms und den sich künftig ändernden Informationsbedürfnissen und Publikumsinteressen gerecht werden kann. Dabei kann eine lang andauernde Beschäftigung ein Indiz dafür sein, dass bei einer Rundfunkanstalt kein Bedürfnis nach einem personellen Wechsel besteht.      

 

(LAG Niedersachsen 9 TaBV 76/12) – nicht erzwingbarer Vorratsbeschluss

Das von uns vertretene Mitglied und der Betriebsrat streiten im Wesentlichen um die Frage, ob dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Gagen oberhalb der Mindestgage des NV Bühne zusteht, jedenfalls soweit es sich nicht um Tendenzträger handelt. 

(BGH, Urteil v. 25.10.2012, III ZR 266/11)

Der Betriebsrat hatte in einem Verfahren über einen Interessenausgleich von einem Beratungsunternehmen betriebswirtschaftlich Unterstützung eingeholt. Nachdem sich der Arbeitgeber weigerte, diese zu zahlen, nahm das Beratungsunternehmen daraufhin den Betriebsrat sowie den Betriebsratsvorsitzenden und dessen Stellvertreterin in Anspruch.  

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