Hier sind Sie bei der Kündigung schwerbehinderter Menschen frei

Von dem Grundsatz, dass die Kündigung zustimmungsbedürftig ist, macht § 90 SGB IX wichtige Ausnahmen. So können Sie zunächst "aufatmen", wenn das Arbeitsverhältnis mit einem Schwerbehinderten noch keine sechs Monate gedauert hat. Die wichtigste Ausnahme ist die sechsmonatige Dauer des Arbeitsverhältnisses.

 

Beispiel

"Bei kurzfristiger Beschäftigung ohne Integrationsamt" Bruno G. ist seit vier Monaten bei Ihnen beschäftigt. Sie wollen ihm jetzt kündigen.

Folge:

Da sein Arbeitsverhältnis noch keine 6 Monate gedauert hat, besteht kein Sonderkündigungsschutz (§ 90 Absatz 1 Nr. 1 SGB IX). Das "Ja" des Integrationsamtes brauchen Sie also nicht, wenn das Arbeitsverhältnis mit Ihrem Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kündigung ohne Unterbrechung noch nicht länger als 6 Monate bestanden hat (§ 90 Absatz 1 Nr. 1 SGB IX). Auch in diesen Fällen bestehen bei einer Beendigung durch Kündigung Ausnahmen vom besonderen Kündigungsschutz:

  • Vollendung des 58. Lebensjahres bei Anspruch auf eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung aufgrund eines Sozialplans (§ 90 Absatz 1 Ziffer 3 a SGB IX)
  • Anspruch auf eine Knappschafts-Ausgleichsleistung nach SGB VI oder Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaues (§ 90 Absatz 1 Ziffer 3 b SGB IX)
  • Entlassung aus Witterungsgründen, sofern die Wiedereinstellung bei Wiederaufnahme der Arbeit gewährleistet ist (Saisonarbeiten) (§ 90 Absatz 2 SGB IX)

Wichtiger Hinweis:

Allerdings sind Sie verpflichtet, die Beendigung von Arbeitsverhältnissen schwerbehinderter Menschen in bestimmten Fällen (z. B. Einstellung auf Probe, Nichtbestehen des Arbeitsverhältnisses länger als 6 Monate) innerhalb von vier Tagen anzuzeigen (Anzeigepflicht). Gleiches gilt bei einem auf bis zu 6 Monate befristeten Probearbeitsverhältnis (§ 90 Absatz 3 SGB IX). Wenn Sie diesen Hinweis unterlassen, müssen Sie jedoch nicht befürchten, dass dies die Kündigung unwirksam macht.

Beachte:

Der besondere Kündigungsschutz besteht mit dem in § 90 SGB IX genannten Ausnahmen unabhängig von der Größe Ihres Betriebs, also ausdrücklich auch in Kleinbetrieben gemäß § 23 KSchG.

Arbeitgeber-Tipp:

Bei einem Auslandseinsatz eines schwerbehinderten Menschen, der nach Vertrag und Abwicklung keinerlei Ausstrahlung auf den inländischen Betrieb des Arbeitgebers (z.B. eines Bauunternehmers) hat, bedarf die Kündigung des Arbeitgebers auch dann keiner Zustimmung des Integrationsamtes, wenn die Arbeitsvertragsparteien die Anwendung deutschen Rechts vereinbart haben und die Kündigung im Bundesgebiet ausgesprochen wird (BAG, Urteil vom 30.04.1987 in: NZA 1988, Seite 135).

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