Beispiel:
"Die Betriebsstilllegung" Moritz E. ist nach dem einschlägigen, in Ihrem Betrieb anwendbaren Tarifvertrag tariflich ordentlich unkündbar. Sie planen, Ihren Betrieb stillzulegen und wollen das Arbeitsverhältnis dennoch kündigen.
Folge:
Bei einer Betriebsstilllegung dürfen Sie als Arbeitgeber ausnahmsweise außerordentlich kündigen. Allerdings ist hier nur eine außerordentliche Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen oder tariflichen Kündigungsfrist zugelassen (BAG, Urteil vom 28.3.85 in AP Nr. 86 zu § 626 BGB = NZA 1985, S. 559). In diesen Fällen dürfen Sie als Arbeitgeber also ausnahmsweise aus wichtigem Grunde mit einer "Auslauffrist" kündigen (außerordentliche befristete Kündigung). Krankheit ist nicht grundsätzlich als wichtiger Grund gem. § 626 Absatz 1 BGB ungeeignet. Allerdings ist bei einer Kündigung wegen Erkrankung schon bei einer ordentlichen Kündigung ein strenger Maßstab anzulegen. Dies schließt aber nicht aus, dass in eng zu begrenzenden Ausnahmefällen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses Ihnen als Arbeitgeber im Sinne von § 626 Absatz 1 BGB unzumutbar sein kann.
Beispiel:
"Der dauerhaft erkrankte Arbeitnehmer" Otto W., der ordentlich nicht gekündigt werden kann, ist krankheitsbedingt nicht in der Lage, an seinem bisherigen Arbeitsplatz zu arbeiten.
Folge:
Hier ist ausnahmsweise eine außerordentliche Kündigung (mit Auslauffrist) wegen Krankheit allgemein anerkannt (BAG, Urteil vom 29.01.1997 = NZA 1997, S. 709 = AP Nr. 32 zu § 1 KSchG Krankheit).
Beachte:
Sie können als Arbeitgeber daher auch aus wichtigem Grund mit einer Frist kündigen (außerordentliche befristete Kündigung). Zwar können Sie als Arbeitgeber im Einzelfall etwas aufgrund Gesetzes (z.B. § 254 Absatz 2 BGB im Rahmen Ihrer Schadenminderungspflicht bei Fehlen einer Ersatzkraft) oder aus sozialen Überlegungen heraus (z.B. langjähriger Betriebsangehöriger oder leitender Mitarbeiter) gehalten sein, Ihren Arbeitnehmer noch eine Zeitlang weiter zu beschäftigen, ohne dass der wichtige Grund gem. § 626 Absatz 1 BGB entfiele.
Je mehr die Dauer der tatsächlichen Beschäftigung jedoch der Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist entspricht oder diese gar überschreitet, desto eher entfällt die Voraussetzung der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist (BAG, Urteil vom 29.08.1991 in: AP Nr. 58 zu § 102 BetrVG 1972).
Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein Arbeitnehmer tarifvertraglich unkündbar ist. Der tarifliche Ausschluss der ordentlichen Kündigung und die hierdurch in der Regel bedingte langfristige Vertragsbindung stellen Umstände dar, die bei einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitgebers im Rahmen der einzelfallbezogenen Interessenabwägung entweder zu Gunsten ( Betriebsstilllegung) oder zu Ungunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind.
Welche Betrachtungsweise im Einzelfall den Vorrang verdient, ist insbesondere unter Beachtung des Sinns und Zwecks sowie unter Berücksichtigung der Art des Kündigungsgrundes zu entscheiden.
Beispiel:
"Alkohol kein Grund" Rüdiger T. ist alkoholabhängig und ordentlich unkündbar. Ihrer Aufforderung, sich in stationäre Behandlung zu begeben, kommt er nicht nach. Als Sie bei einem Glas Sekt erwischen, wollen Sie ihn fristlos kündigen.
Folge:
Die Kündigung ist dann unwirksam, wenn Rüdiger T. therapiebereit ist und eine vom Arzt angeordnete ambulante Behandlung durchführen lässt (LAG Köln vom 04.05.1995 in: BB 1995, Seite 2064). Als Arbeitgeber müssen Sie daher bei einer entweder tarifvertraglich oder einzelvertraglich ausgeschlossenen ordentlichen Kündigung immer daran denken, dass Sie auch bei Krankheit nur ausnahmsweise fristlos kündigen dürfen.
Beachte:
Ist der Arbeitnehmer auf Dauer krankheitsbedingt nicht in der Lage, an seinem bisherigen Arbeitsplatz zu arbeiten und ist ein gleichwertiger, leistungsgerechter Arbeitsplatz nicht frei, so sind Sie als Arbeitgeber jedoch ggf. gehalten, einen geeigneten Arbeitsplatz durch Ausübung Ihres Direktionsrechts freizumachen. Hiervon ausgenommen ist eine Kündigung wegen krankheitsbedingter Minderung der Leistungsfähigkeit (BAG, Urteil vom 12.07.1995 in: AP Nr. 7 zu § 626 BGB Krankheit = NZA 1995, S. 1100). Ferner müssen Sie auch vor allem bei älteren Arbeitnehmers stets prüfen, ob der Minderung ihrer Leistungsfähigkeit nicht durch organisatorische Maßnahmen (z. B. Änderung des Arbeitsablaufs, Umgestaltung des Arbeitsplatzes, Umverteilung der Aufgaben) begegnet werden kann.
Wichtiger Hinweis!
Wird nicht fristlos, sondern mit einer Frist gekündigt, so verliert die Kündigung hierdurch nicht ihren Charakter als außerordentliche Kündigung. Es muss dem Gekündigten nur klar erkennbar sein, dass ihm aus einem wichtigen Grund gekündigt wird.