Beispiel:
"Einführung von Kurzarbeit" Sie betreiben ein Telekommunikationsunternehmen mit einem Firmensitz in Hamburg und einer Filiale in Bremen. Infolge Auftragsmangel möchten Sie in Ihrem Betrieb in Bremen Kurzarbeit einführen.
Folge:
Gemäß § 87 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG ist die Regelung der Arbeitszeit mitbestimmungspflichtig. Jedoch gibt es kein zwingendes Erfordernis für eine einheitliche Regelung auf Unternehmensebene, so dass die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats entfällt (BAG, Urteil vom 23.09.75 in AP Nr. 1 zu § 50 BetrVG 1972). In Unternehmen mit mehreren Betrieben ist der Gesamtbetriebsrat Kraft Gesetztes demnach nur in überbetrieblichen Angelegenheiten zuständig.
Wichtiger Hinweis:
Es reicht also nicht aus, dass eine Beteiligungsangelegenheit das Gesamtunternehmen oder zumindest mehrere Betriebe betrifft. Hinzukommen muss als weitere Voraussetzung, dass diese Beteiligungsangelegenheit nicht durch die Einzelbetriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden kann.
Beachte:
Dies bedeutet, dass von einer überbetrieblichen Angelegenheit nur dann gesprochen werden kann, wenn es den Einzelbetriebsräten objektiv oder subjektiv unmöglich ist, die Angelegenheit innerhalb ihrer Betriebe zu regeln. Die Unmöglichkeit einer betrieblichen Regelung liegt ferner auch dann vor, wenn ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder zumindest betriebsübergreifende Regelung besteht. Als Arbeitgeber müssen Sie daher also immer daran denken, dass die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats von zwei Voraussetzungen abhängig ist, die stets gemeinsam vorliegen müssen:
- Die konkrete Angelegenheit muss entweder das Gesamtunternehmen oder zumindest mehrere Betriebe des Unternehmens betreffen
und
- die Angelegenheit darf nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb der Betriebe geregelt werden können.
Wichtiger Hinweis:
Bei der Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen den einzelnen Betriebsräten und dem Gesamtbetriebsrat ist zu beachten, dass grundsätzlich die Einzelbetriebsräte zur Behandlung einer Angelegenheit zuständig sind.
Beispiel:
"Aufstellung des Urlaubsplans" Sie wollen in Ihrem Betrieb in Hamburg einen Urlaubsplan aufstellen und fragen sich, ob hier nicht einheitlich auch für Ihren Betrieb in Oldenburg der Gesamtbetriebsrat zuständig ist.
Folge:
Zur Aufstellung des Urlaubsplans besteht eine Primärzuständigkeit des Einzelbetriebsrats in Hamburg gem. § 87 Absatz 1 Nr. 5 BetrVG, d.h. der Gesamtbetriebsrat Ihres Unternehmens ist nicht zuständig (BAG, Urteil vom 23.09.75 in AP Nr. 1 zu § 50 BetrVG 1972). Als Arbeitgeber sollten Sie daher darauf achten, dass sich der Gesamtbetriebsrat nicht in Angelegenheiten mitreden darf, die nur durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb der Betriebe geregelt werden dürfen.
Wichtiger Hinweis:
Dies bedeutet, dass nur dann, wenn von der von Ihnen zu regelnden Angelegenheit her ein zwingendes Erfordernis für eine einheitliche Regelung auf Unternehmensebene besteht, regelmäßig die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats gegeben ist (BAG, Urteil vom 20.12.95 Nr. 1 zu § 58 BetrVG 1972).
Beispiel:
"Stilllegung sämtlicher Betriebe" Sie planen, alle Betriebe in Ihrem Unternehmen, also sowohl Ihren Betrieb in Hamburg als auch den in Bremen, stillzulegen.
Folge:
Hier ist Ihr Gesamtbetriebsrat für den Interessenausgleich und Sozialplan nach den §§ 111, 112 BetrVG zuständig (BAG, Urteil vom 17.02.81 in AP Nr. 11 zu § 112 BetrVG 1972). In der Praxis müssen Sie also als Arbeitgeber immer daran denken, dass Sie bei einer Angelegenheit, die einer einheitlichen Lösung für mehrere Betriebe bedarf oder eine Lösung für Ihr ganzes Unternehmen interessengerecht ist, Sie stets Ihren Gesamtbetriebsrat zwingend beteiligen müssen.
Arbeitgeber-Tipp:
Sie müssen als Arbeitgeber also immer daran denken, dass immer, wenn die originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats gegeben ist, die Zuständigkeit der Einzelbetriebsräte entfällt. Bei Zweifeln über die Zuständigkeit ist dringend zu empfehlen, dass Sie dann den Betriebsrat und Gesamtbetriebsrat auffordern, die Zuständigkeitsfrage zu klären, da Sie ansonsten das Risiko tragen, mit dem unzuständigen Gremium verhandelt zu haben (BAG, Urteil vom 24.01.96 Nr. 16 zu § 50 BetrVG 1972 = NZA 1996, S. 1107).
Beachte:
Als Arbeitgeber müssen Sie ferner daran denken, dass die Betriebsparteien, d.h. Sie und Ihr Gesamtbetriebsrat, keine "Regelungsmacht" über diese Zuständigkeitsfrage haben.
Beispiel:
"Keine Dispositionsfreiheit über Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats" Sie schließen mit Ihrem Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung, wonach dieser für alle Angelegenheiten Ihres Unternehmens allein zuständig sein soll.
Folge:
Immer wenn eine Angelegenheit gesetzlich nur durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb der Betriebe geregelt werden darf, ist eine Vereinbarung zu deren Lasten nicht gestattet. Sie müssen als Arbeitgeber auch immer daran denken, dass die Frage, wann Ihr Gesamtbetriebsrat zuständig ist, nicht in der Disposition der Betriebsparteien steht, also Sie diese Frage nicht mit Ihrem Gesamtbetriebsrat regeln dürfen.