Beispiel:
"Die Wikileaks-Gefahr" In Ihrem IT-Unternehmen verwalten Sie höchst vertrauliche Kundenlisten, an denen Sie ein Geheimhaltungsinteresse haben. Sie wollen für mehr IT-Sicherheit sorgen und als arbeitsrechtliche Maßnahme mit Ihren Mitabeitern vertraglich eine Verschwiegenheitsverpflichtung vereinbaren.
Folge:
Da bei Kundenlisten die gesetzlichen Voraussetzungen eines Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses vorliegen, liegt ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung und somit eine Verschwiegenheitsverpflichtung vor, das Ihnen eine solche Vereinbarung erlaubt. (BAG, Urteil vom 25.04.1989 in AP BGB § 611 Betriebsgeheimnis Nr. 7). Dies bedeutet, dass immer dann, wenn Sie Ihre Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse wirksam schützen wollen, Sie unbedingt daran denken sollten, "Plaudertaschen" mit den Instrumenten des Arbeitsrechts (Verschwiegenheitsverpflichtung) einen "Riegel vorzu-schieben".
Wichtiger Hinweis:
Bei Verschwiegenheitspflichten im Arbeitsvertrag müssen Sie als Arbeitgeber hierbei jedoch stets zwischen dem bestehenden Arbeitsverhältnis und dem vor- und nachvertraglichen Bereich unterscheiden. So besteht während des bestehenden Arbeitsverhältnisses stets eine umfassende Verschwiegenheitspflicht Ihrer Mitarbeiter, die bereits aus der allgemeinen arbeitsvertraglichen Treuepflicht resultiert. Demgegenüber besteht im vorvertraglichen Bereich nur eine eingeschränkte Vertraulichkeitspflicht nach allgemeinen Grundsätzen, die mittlerweile in § 311 Absatz 2 BGB geregelt sind.
Arbeitgeber-Tipp:
Unabhängig von der Ihren Mitarbeitern ohnehin obliegenden vertraglich bestehenden Nebenpflicht (Treuepflicht) Ihre Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren, sollten Sie dennoch immer auf "Nummer sicher" gehen und geheimhaltungsbedürftige Tatsachen Ihres Betriebes noch ausdrücklich und schriftlich durch eine vertragliche Regelung absichern.
Beispiel:
"Die geheimhaltungsbedürftigen Dokumente" Um für mehr IT-Sicherheit zu sorgen, haben Sie Ihren Mitarbeitern vertraglich streng untersagt, vertrauliche Datenbestände zu veröffentlichen.
Folge:
Da hier Geheimnisschutz besteht, ist eine entsprechende Verschwiegenheitspflicht im Arbeitsvertrag auch ausdrücklich erlaubt. Sie sollten als Arbeitgeber also immer daran denken, solche Tatsachen (Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse), an denen Sie ein Geheimhaltungsinteresse haben, möglichst durch eine rechtsverbindliche Regelung im Arbeitsvertrag abzusichern.
Arbeitgeber-Tipp!
Wenn ein "Geschäftsgeheimnis" Ihres Unternehmens in einer Verfahrenstechnik besteht, ist es besonders wichtig, dass Sie dieses auch eindeutig und unverwechselbar beschreiben können.
Arbeitgeber-Tipp:
Nach einer neuen höchstrichterlichen Entscheidung können Sie einen Mitarbeiter bei unbefugtem "Schnüffeln" eine fristlose Kündigung aussprechen.
Beispiel:
"Vertrauliche Emails des Vorstands" Marko I. ist dabei ertappt worden, die Emails und elektronischen Kalendereinträge des Vorstands Ihres Unternehmens einzusehen.
Folge:
In diesem Falle sind die Arbeitsgerichte wenig tolerant und es ist Ihnen gestattet, den Mitarbeiter fristlos zu kündigen (NZA-RR 2010, 579).
Beachte:
Zwar können im nachvertraglichen Bereich prinzipiell berechtigte Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse auch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus durch eine Verschwiegenheitsabrede abgesichert werden. Dies gilt aber nur insoweit, wie Ihr Arbeitnehmer durch die Wahrung solcher Verschwiegenheitspflichten nicht in seiner Berufsausübung unzumutbar beschränkt wird. Denn wenn eine nachvertragliche Verschwiegenheitsabrede Ihren Mitarbeiter in seinem beruflichen Fortkommen einschränkt, liegt eine sogenannte qualifizierte Verschwiegenheitsvereinbarung vor, die nach der Rechtsprechung des BAG einem Wettbewerbsverbot gleichzusetzen ist, so dass die §§ 74 ff HGB Anwendung finden.
Wichtiger Hinweis:
Zu beachten ist, dass sich die einfache Verschwiegenheitsabrede auf die Einhaltung solcher Unternehmensgeheimnisse beziehen, die den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen nicht einschränken. Sie ist grundsätzlich zulässig und unterliegt nicht den zuvor genannten gesetzlichen Anforderungen eines Wettbewerbsverbots.
Arbeitgeber-Tipp:
Zu empfehlen ist hierbei die Verschwiegenheitspflicht analog § 74 Absatz 1 Satz 3 HGB auf höchstens zwei Jahre zu beschränken und den Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht möglichst genau zu bezeichnen, um spätere Auslegungsstreitigkeiten zu vermeiden.
Muster einer Verschwiegenheitspflichtvereinbarung:
1. VEREINBARUNG ÜBER DEN SCHUTZ VON BETRIEBS- UND GEHEIMHALTUNGS-INTERESSEN zwischen … - Arbeitgeber - und … - Arbeitnehmer -
1.) Die Parteien verbindet ein Praktikumsvertrag zur Durchführung des praktischen Teils eines dualen Stu-dienganges vom ... Nach § 11 des Vertrages ist der Ar-beitnehmer (AN) zur Verschwiegenheit über alle nicht allgemein bekannten Firmenangelegenheiten des Ar-beitgebers (AG) verpflichtet. Im Rahmen der Zusammenarbeit hatte der AN bestimmungsgemäß Einblick in die geheimen Informationen zu den Softwareanwen-dungen des AG. Der AG hat nun Sorge, dass betriebsinterne, geheime Informationen von dem AN nach außen getragen werden, zumal dieser den Praktikumsvertrag fristgerecht gekündigt hatte. … hatte sich zwar von dem AG zusichern lassen, dass etwaige Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche wegen Geheimnisverrats o.ä. betreffend der Software nicht gegen den AN geltend gemacht werden. Der AG möchte jedoch die Sicherheit, dass Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu den übrigen Softwareprodukten ebenfalls nicht in die neue Selbständigkeit des AN einfließen. Zu diesem Zwecke wird - unter ausdrücklicher Ausnahme der Software … - nachfolgende Vereinbarung getroffen:
2.) Der AN sichert zu, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des AG zu den Softwareprodukten ¢ … ¢ … ¢ … weder für seine neue Selbständigkeit zu benutzen (insbesondere zu verbreiten, vervielfältigen, sonst öffentlich zugänglich zu machen), noch an Dritte weiterzugeben oder in Verkehr zu bringen.
3.) Er sichert darüber hinaus zu, dass keine - dem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis unterliegende - Information von ihm in materieller oder digitaler Form aus dem Unternehmen des AG entwendet oder mitgenommen wurde. Dies umfasst insbesondere schriftliche Notizen oder Unterlagen, Datenträger mit digitalen Informationen (insbes. USB-Stick) und die Übermittlung digitaler Daten über Onlineverbindung nach außen.
4.) Es wird daher im Rahmen der selbständigen Tätigkeit keinerlei Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis des AG (insbesondere Quellencode) verwendet oder weiterbearbeitet. Allerdings steht es dem AN frei, seine gewonnenen, unkörperlichen Erfahrungen und Erkenntnisse in die zukünftige, eigene Programmierung einfließen zu lassen (soweit keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des AG betroffen sind) und auch Softwareprodukte zu entwickeln, die ähnliche oder identische Anwendungsgebiete und Funktionen betreffen, wie die Soft-ware des AG.
5.) Einigkeit zwischen den Vertragsparteien besteht hierbei darüber, dass die Verschwiegenheitspflicht auf die Dauer von zwei Jahren nach Ausscheiden beschränkt ist. 3. So weit und nicht weiter: Grenzen der Verschwiegenheitsverpflichtung Als Arbeitgeber müssen Sie unbedingt beachten, dass Sie nur dann mit Ihren Mitarbeitern wirksam eine Verschwiegenheitsvereinbarung abschließen dürfen, wenn auch tatsächlich die Voraussetzungen einer entsprechenden Verschwiegenheitspflicht (schützenswertes Geheimhaltungsinteresse) vorliegt und wenn Sie mit Ihrem Mitarbeiter ferner auch einen rechtlich "erlaubten Inhalt" vereinbart haben.
Beispiel:
"Die illegale Kundendaten" Ein Direktmarketingunternehmen hat sich Kundendaten auf illegale Weise verschafft und will vertraglich seine Mitarbeiter vor der Offenlegung abhalten.
Folge:
Da Sie sich diese Daten illegal "besorgt" haben, können Sie die Weitergabe vertraulicher Datenbestände nicht durch eine arbeitsrechtliche Vereinbarung verhindern. Sie müssen als Arbeitgeber also auch daran denken, dass illegal erworbene Geheimnisse nicht schutzfähig sind und keinen rechtswirksamen Geheimnisschutz begründen können.
Wichtiger Hinweis:
Weitere Grenzen der Verschwiegenheitspflicht können sich ferner aus den Grundrechten ergeben, soweit Sie als Arbeitgeber durch Vereinbarung einer Verschwiegenheitspflicht das Grundrecht der freien Meinungsäußerung (Art. 5 GG) unzulässigerweise eingeschränkt haben.
Beispiel:
"Offenlegung von Betriebsinterna eines Presseunternehmens" Ein ehemaliges Redaktionsmitglied Ihres Unternehmens veröffentlicht in einem Buch seine "Erfahrungen" über Recherchemethoden ihres Verlagsun-ternehmens.
Folge:
Eine Verletzung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit liegt nicht vor, wenn gewichtige innerbetriebliche Missstände aufgedeckt werden (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 20.01.1981, Aktenzeichen: VI ZR 162/79).
Arbeitgeber-Tipp:
Bei einer Verschwiegenheitsvereinbarung sollten Sie bei vorformulierten Vertragsbedingungen (AGB's) unbedingt auch auf pauschale Abreden verzichten ("Leerformel").
Beispiel:
"Pauschale Klauseln laufen leer" Sie haben mit Ihrem Mitarbeiter eine Abrede getroffen, die die Verpflichtung enthalten, "sämtliche" während der Tätigkeit bekannt werdende Geschäftsvorgänge geheim zu halten.
Folge:
Diese Klausel stellt wegen Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar und ist unwirksam(LAG HM, Urteil vom 05.10.1988 in: BB 1987, Seite 783.). Um auf "Nummer sicher" zu gehen, sollten Sie daher als Arbeitgeber am besten auf die Vereinbarung pauschaler Klauseln ganz verzichten (z.B. Geheimhaltung der Entgelthöhe und sonstigen Arbeitsvertragsinhalts) und in der Vereinbarung "Ross und Reiter" nennen, d.h. genau beschreiben, welche Betriebsinterna von der Verschwiegenheitspflicht erfasst werden sollen.
2. Muster
Einfache Verschwiegenheitspflichtvereinbarung Über alle nicht allgemein bekannten Firmenangelegenheiten ist gegenüber Außenstehenden und unbeteiligten Mitarbeitern völlige Verschwiegenheit zu wahren. Diese Schweigepflicht erstreckt sich auch auf die Angelegenheiten anderer Firmen, mit denen das Unternehmen wirtschaftlich auch/oder organisatorisch verbunden ist. Sie bezieht sich insbesondere auch auf Einzelheiten hinsichtlich der Betriebsorganisation und der Beziehungen zu Kunden und Auftraggebern und dauert über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus fort. Der Student verpflichtet sich, über die Geschäfte der Gesellschaft völlige Verschwiegenheit zu bewahren, an niemanden Auskünfte, Notizen, Berichte, Zeichnungen, Pläne und sonstige Schriftstücke herauszugeben, noch Angaben über Verfahren und Betriebsergebnisse zu machen, von welchen er durch die Ausübung seiner Tätigkeit unmittelbar oder mittelbar Kennt-nis erhalten hat, es sei denn mit Genehmigung seines/ihres zuständigen Vorgesetzten oder in Wahrnehmung seiner Aufgaben. Alle das Unternehmen und seine Interessen berührenden Briefe sind ohne Rücksicht auf den Adressaten ebenso wie alle sonstigen Geschäftsstücke, Zeichnungen, Notizen, Bücher und Muster sowie Material und so weiter alleiniges Eigentum der Gesellschaft. Zurückbehaltungs-rechte sind ausgeschlossen. Ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht ist ein wichtiger Grund, der die Gesellschaft zur außerordentlichen Kündigung dieses Vertrages berechtigt…." Die vorstehende Vereinbarung behält auch nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses ihre Gültigkeit".