Unwirksame Bildung eines Wirtschaftsausschusses – Tendenzschutz ( BAG, Beschl. V. 22.7.2014 – 1 ABR 93/12)

Die Beteiligten streiten im Wesentlichen über die Bildung eines Wirtschaftsausschusses. Die Arbeitgeberin betreibt in der Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH eine von der Bundesagentur für Arbeit anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen iSv. §§ 136 ff SGB IX mit mehr als 100 Arbeitnehmern und etwa 550 behinderten Mitarbeitern.

Der Betriebsrat teilte der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 3.7.2009 mit, er habe die Gründung eines Wirtschaftsausschusses beschlossen. Dem widersprach die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 23.07.2009 unter Berufung auf ihren Tendenzschutz.

Hinweis:

Nach § 106 I 1 BetrVG ist in allen Unternehmen mit mehr als einhundert ständig beschäftigten Arbeitnehmern ein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Die Vorschriften der §§ 106-110 BetrVG sind nach § 188 I 2 Hs. 1 BetrVG nicht auf Unternehmen anzuwenden, die tendenzgeschützten Bestimmungen iSv. § 118 I 1 Nr. 1 BetrVG oder privilegierten Zwecken nach § 118 I 1 Nr. 2 BetrVG dienen. Dabei kommt es nur auf die Bestimmung oder den Zweck des Unternehmens an, weil der Wirtschaftsausschuss bei diesem und nicht beim Betrieb zu bilden ist.

Das BAG hat zunächst den Antrag, soweit die Arbeitgeberin mit ihm die Feststellung begehrt, dass ihr Betrieb ein Tendenzbetrieb ist, als unzulässig abgewiesen. Dieser Antrag ist nicht auf die Feststellung eines konkreten Rechtsverhältnisses iSd § 256 I ZPO gerichtet.

Der auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Bildung des Wirtschaftsausschusses gerichtete Hauptantrag der Arbeitgeberin ist zulässig und begründet. Das Unternehmen dient unmittelbar und überwiegend karitativen Bestimmungen.

Ein Unternehmen dient karitativen Bestimmungen iSv. § 118 I 1 Nr. 1 BetrVG, wenn es den sozialen Dienst am körperlich oder seelischen leidenden Menschen zum Ziel hat und auf Heilung oder Milderung innerer oder äußerer Nöte des Einzelnen oder auf deren vorbeugende Abwehr gerichtet ist. Weitere Voraussetzung ist, dass die Tätigkeit des Unternehmens ohne Absicht der Gewinnerzielung erfolgt und der Unternehmer nicht ohnehin von Gesetzes wegen zu derartigen Hilfeleistungen verpflichtet ist.

Die Werkstatt bezweckt nichts anderes, als behinderten Menschen, die wegen der Art und Schwere ihrer Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Beschäftigung finden, eine angemessene berufliche Bildung anzubieten, ihre Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu erhöhen oder wiederzugewinnen sowie ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln. Zutreffend wurde weiter die Gewinnerzielungsabsicht der Arbeitgeberin verneint. Hierfür ist nicht erforderlich, dass die Hilfeleistung für leidende Menschen unentgeltlich oder allenfalls zu einem nicht kostendeckenden Entgelt geschieht. Es genügt vielmehr, dass der Träger des Unternehmens seinerseits mit seiner Hilfeleistung keine eigennützigen Zwecke im Sinne einer Gewinnerzielungsabsicht verfolgt.

 

Keine Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Anordnung des Arbeitgebers gegenüber Arbeitnehmern, an einem Mediationsabschlussgespräch teilzunehmen ( LAG Nürnberg 27.08.2013, 5 TaBV 22/12)

Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs des Betriebsrats wegen der Verletzung von Mitbestimmungsrechten.

Zwischen den Musikern der ersten Geigen war ein Streit über die Verteilung der Sitzplätze hinter dem ersten und dem zweiten Pult entstanden, da vom Sitzplatz indirekt auf die Stellung im Kollektiv im Sinne einer unsichtbaren Hierarchie geschlossen werden könne. Die betroffenen Musiker traten an die Intendanz heran und baten um Unterstützung bei der Beilegung des Streites. Den betroffenen Musikern wurde die Teilnahme an einem Mediationsverfahren angeboten, an dem jedoch nicht alle Musiker der ersten Geigen teilnahmen.

Der Arbeitgeber schrieb die Musiker an und teilte diesen mit, dass am 20.7.2011 ein Gesprächstermin stattfinde, an dem diese verpflichtend teilzunehmen hätten. Der Betriebsrat ist der Ansicht, dass sich bei Orchestermusikern die Arbeitszeit auf die im Dienstplan vorgesehenen Dienste beschränke. Ordne der Arbeitgeber darüber hinaus die verpflichtende Teilnahme an einem Gruppengespräch an, so sei der Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG bzgl. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit betroffen. Weiter müsse der Arbeitgeber den betroffenen Musiker wenigstens mitteilen, dass die Teilnahme freiwillig sei.

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg entschied, dass dem Betriebsrat ein Unterlassungsanspruch nicht zustehe. Bei der Anordnung der Teilnahme der die ersten Geige spielenden Musiker des Orchesters an dem Abschlussgespräch einer Mediation am 20.07.2011 standen dem Betriebsrat keine Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nrn 2 und 3 BetrVG zu.

Bei der Teilnahme an dem Abschlussgespräch handelt es sich nicht um Arbeitszeit.

Arbeitszeit im Sinne von § 87 Abs. 1 Nrn 2 und 3 BetrVG ist die Zeit, während derer der Arbeitnehmer die von ihm in einem bestimmten zeitlichen Umfang vertraglich geschuldete Arbeitsleistung tatsächlich erbringen soll. Es geht um die Festlegung des Zeitraums, während dessen der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer die Erfüllung seiner vertraglichen Hauptleistungspflichten verlangen und dieser sie ihm ggf. mit der Folge des § 293 BGB anbieten kann.

Durch die Teilnahme an einer vom Arbeitgeber veranlassten Mediationsmaßnahme wegen aufgetretener Unstimmigkeiten zwischen Belegschaftsmitgliedern erbringt ein Arbeitnehmer keine Arbeitleistung im vorgenannten Sinn. Der Umstand, dass die Mediation im Interesse des Arbeitgebers durchgeführt wird, macht die dafür aufgewendete Zeit nicht automatisch zu einer solchen, während derer Arbeit geleistet würde. Auch der Umstand, dass der Arbeitgeber die Teilnahme an dem Abschlussgespräch „verpflichtend angeordnet“ hat, lässt die aufgewendete Zeit noch nicht als Arbeitszeit erscheinen. Die betroffenen Mitarbeiter waren zur Teilnahme an der Mediation und damit an dem Abschlussgespräch nicht aufgrund einer wirksamen Weisung verpflichtet.

Der Arbeitgeber kann nach § 106 Satz 1 und 2 GewO gegenüber allen Arbeitnehmern Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleitung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Das Weisungsrecht erschöpft sich nicht nur in der Konkretisierung der Hauptleistungspflichten, vielmehr tritt eine nicht abschließend aufzählbare, je nach den Umständen näher zu bestimmender Vielzahl von Pflichten hinzu, deren Erfüllung unumgänglich ist um den Austausch der Hauptleistungen sinnvoll zu ermöglichen.

Nachdem einer Mediation das Element der Freiwilligkeit immanent ist ( vgl § 1 Abs. 1 MediationsG), schließt dies bereits aus, dass ein Arbeitgeber durch Ausübung seines Weisungsrechts Arbeitnehmer zur Teilnahme an einer Mediation verpflichten kann. Auch unter diesem Gesichtspunkt kann es sich bei der Teilnahme an dem Mediationsabschlussgespräch nicht um eine leistungssichernde Verhaltenspflicht der Arbeitnehmer und damit nicht um Arbeitszeit im Sinne des § 87 Abs. 1 Nrn 2 und 3 BetrVG handeln.

Außerordentliche Kündigung – häufige Kurzerkrankungen ( LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.08.2014, Aktz: 15 Sa 825/13)

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist.

Die Kläger ist seit dem 1. Januar 1981 bei der Beklagten beschäftigt. Aufgrund tarifvertraglicher Regelungen ist sie ordentlich unkündbar. Auf dieser Basis ist die Beklagte auch verpflichtet, Entgeltfortzahlung in voller Höhe bis zum Ende der 26. Woche zu leisten.

Seit dem Jahr 2000 war die Klägerin wiederholt arbeitsunfähig auch über deutlich mehr als 26 Wochen in Folge erkrankt. Zuletzt war die Klägerin durchgängig vom 18. Februar 2011 bis zum 20. April 2012 arbeitsunfähig erkrankt. Eine Operation wegen eines Schulterengpasssyndroms im Februar 2011 führte zu keiner Besserung. Die Parteien führten verschiedenen Gesprächen, in denen die Klägerin keinen konkreten Termin bzgl. der Wiederaufnahme der Arbeit mitteilen konnte.

Die Beklagte kündigte am 24. Oktober 2011 das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit einer sozialen Auslauffrist zum 31.12.2012. In der Zeit vom 14.11. bis 26.11.2011 befand sich die Klägerin in teilstationärer Behandlung u.a. wegen einer depressiven Störung im Krankenhaus. Am 12. März 2012 wurde die Klägerin erneut an der Schulter operiert. Von April 2012 bis Dezember 2012 arbeitete die Klägerin ohne dass weitere Arbeitsunfähigkeitszeiten auftraten.

Das Arbeitsgericht Cottbus hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen und einen Kündigungsgrund nach § 626 BGB bejaht. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat die Entscheidung abgeändert und der Klage stattgegeben.

Hinweis:

Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit kann ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB sein. Eine außerordentliche Kündigung kommt jedoch nur in eng begrenzten Fällen in Betracht, etwa wenn die ordentliche Kündigung aufgrund tarifvertraglicher Vereinbarungen ausgeschlossen ist. Das BAG prüft die Wirksamkeit einer auf häufigen Kurzerkrankungen gestützten Kündigung grundsätzlich in drei Schritten. Im Kündigungszeitpunkt müssen objektive Tatschen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang befürchten lassen. Hierbei kommt häufigen Kurzerkrankungen in der Vergangenheit ( grds Zeitraum von drei Jahren) indizielle Bedeutung für eine entsprechende künftige Entwicklung zu – 1. Stufe. Im Rahmen der Prüfung der 2. Stufe muss festgestellt werden, ob die prognostizierten Fehlzeiten zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Diese kann sich aus Betriebsablaufstörungen aber auch aus wirtschaftlichen Belastungen, etwa durch die zu erwartenden Entgeltfortzahlungskosten für einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen ergeben. Auf der Ebene der 3. Stufe ist dann im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zu prüfen, ob diese Beeinträchtigung vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden müssen. Bei einer außerordentlichen Kündigung ist dieser Prüfungsmaßstab auf allen drei Stufen erheblich strenger.

Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts kann bei Anwendung dieser Grundsätze nicht festgestellt werden, dass ein Grund für eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 BGB vorliegt.

Zu berücksichtigen sei zunächst, dass Kurzerkrankungen wie akute Infektionen der oberen Atemwege, Bronchitis, Magen-Darm-Infektion und Virusinfektion nach Auskunft des Sachverständigen allgemein ausgeheilt sind. Prognosefähig sind jedoch Erkrankungen wg der depressiven Störungen und der Probleme im Schulterbereich.

Die Klägerin war in den letzten drei Jahren insgesamt an 366 Tagen arbeitsunfähig erkrankt, durchschnittlich pro Jahr demnach 17,4 Wochen. Entgeltzahlungen musste die Beklagte an 308 Tagen leisten.

Dies führt nach Ansicht des LArbG nicht zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung. Das BAG habe selbst Fehlzeiten in Höhe von 18,81 nicht ausreichen lassen. Ebenso habe aus dem Vortrag der Beklagten nicht abgeleitet werden können, dass die prognostizierten Fehlzeiten künftig zu nicht mehr hinnehmbaren Betriebsablaufstörungen führen werden. Die Beklagte habe weder vorgetragen, dass es insofern zur Ableistung von Überstunden gekommen sei, noch das von den übrigen Beschäftigungen überobligatorische Leistungen eingefordert worden seien. Vertretungsbedarf und ggf. Verzögerungen im Betriebslablauf habe das BAG als nicht außergewöhnlich angenommen.

Auch die allgemeine Interessenabwägung fällt zu Gunsten der Klägerin aus, so dass auch aus diesem Grunde die ausgesprochene außerordentliche Kündigung unwirksam ist. Hierbei ist zu Gunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass diese über einen langen Zeitraum ebenfalls von mehr als 10 Jahren erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten hingenommen hat, ohne dass eine Kündigung ausgesprochen wurde. Auch hier hat die Beklagte zahlreiche Krankengespräche geführt und der Klägerin auch unter Abänderung des Arbeitsvertrages einen anderen Arbeitsplatz zugewiesen. Insofern hat sie versucht, zu einer Reduzierung der krankheitsbedingten Fehlzeiten der Klägerin beizutragen. Trotzdem überwiegen die Interessen der Klägerin. Ihrer Betriebszugehörigkeit von mehr als drei Jahrzehnten, ihrem Alter von damals 53 Jahren und den mit beiden Merkmalen verbundenen Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt kommt ganz erhebliches Gewicht zu.    

HIV-Infektion – Behinderung – AGG und Wartezeitverkündung ( BAG 19.12.2013, 6 AZR 180/12 )

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung in der Probezeit.

Der Arbeitgeber produziert Arzneimittel zur Krebsbehandlung, die intravenös verabreicht werden. Der Arbeitnehmer ist angestellt als chemisch-technischer Assistent und sollte im sog. Reinraumbereich eingesetzt werden. Anlässlich seiner Einstellungsuntersuchung teilte der Arbeitnehmer dem Betriebsarzt mit, er sei HIV-infiziert, aber symptomfrei.

Der Arbeitgeber ist der Auffassung, dass die Kündigung aus Gründen der Arbeitsicherheit unumgänglich gewesen sei. Der Arbeitnehmer leide an einer ansteckenden Krankheit. Es könne von ihr nicht verlangt werden, sich dem Risiko von Schadenersatzansprüchen, eines drohenden Lizenzverlustes und der Verhängung von Ordnungswidrigkeitsstrafen auszusetzen. Setze sie einen HIV-Positiven in der Medikamentenproduktion ein, komme es zu einer nicht hinnehmbaren Rufschädigung.

Ob vorliegend eine Diskriminierung wegen der Behinderung des Arbeitnehmers vorgelegen hat, konnte nicht abschließend festgestellt werden. Folgende Aussagen sind dem Urteil des BAG jedoch zu entnehmen:

1. Eine ordentliche Kündigung, die einen Arbeitnehmer, auf den das Kündigungsschutz ( noch) keine Anwendung findet, aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe diskriminiert, ist nach § 134 BGB iVm. § 7 Abs. 1 , §§ 1, 3 AGG unwirksam. Ordentliche Kündigungen während der Wartezeit und in Kleinbetrieben sind unmittelbar am Maßstab des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu messen.

2. Eine Behinderung iSd. § 1 AGG liegt unter Berücksichtigung des maßgeblichen supranationalen Rechts vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit eines Menschen langfristig eingeschränkt ist und dadurch – in Wechselwirkung mit verschiedenen sozialen Kontextfaktoren ( Barrieren) – seine Teilhabe an der Gesellschaft, wozu auch die Teilhabe am Berufsleben gehört, substantiell beeinträchtigt sein kann.

Die symptomlose HIV-Infektion des Klägers hat eine Behinderung iSd. Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zur Folge. Das gilt so lange, wie das gegenwärtig auf eine solche Infektion zurückzuführende soziale Vermeidungsverhalten und die darauf beruhenden Stigmatisierungen andauern.

3. Die streitbefangene Kündigung stellt eine unmittelbare Ungleichbehandlung iSd. § 3 Abs. 1 AGG in Form einer sog. verdeckten unmittelbaren Ungleichbehandlung dar. Eine solche Ungleichbehandlung ist gegeben, wenn nach einem scheinbar objektiven, nicht diskriminierenden Kriterium ( ansteckende Krankheit) unterschieden wird, das jedoch in untrennbaren Zusammenhang mit einem in § 1 AGG genannten Grund ( Behinderung) steht und damit kategorial ausschließlich Träger eines Diskriminierungsmerkmals trifft. Ob tatsächlich der Einsatz des Arbeitnehmers im Reinraum dauerhaft unmöglich ist und deshalb die Kündigung wirksam war, ist eine Frage, die ausschließlich auf der Ebene der Rechtfertigung unter Berücksichtigung der Möglichkeit, angemessene Vorkehrungen zu treffen, zu entscheiden ist, nicht aber bereits die Annahme einer Benachteiligung wegen der Behinderung von vornherein ausschließt.    

 4. Die bei dem Arbeitgeber geltenden SOP ( „Standard Operating Procedure“), die der Umsetzung von Leitlinien der EU-Kommission hinsichtlich der Herstellung von Arzneimittel und Wirkstoffen, dient, entbindet den Arbeiteber nicht von der Pflicht, im zumutbaren Rahmen angemessenen Vorkehrungen zur Beschäftigung des behinderten Arbeitnehmers im Reinraum zu treffen. Damit wird vom Arbeitgeber nicht verlangt, sehendes Auges ein messbares, ernsthaftes Risiko einzugehen, mit HI-Viren kontaminierte Präparate in den Verkehr zu bringen und sich damit erheblichen, uU die Existenz des Betriebs gefährdenden Schadensersatzrisiken auszusetzen. Bisher sei jedoch nicht vorgetragen worden, dass es überhaupt ein messbares Risiko einer Kontamination gibt. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz will gerade solchen, aus bloß diffusen Befürchtungen und der Weigerung des Arbeitgebers, die konkreten Risiken zu ermitteln und mögliche Änderungen der Arbeitsläufe auch nur in Erwägung zu ziehen, resultierenden Benachteiligungen entgegenwirken.   

 

 

 

(BAG 13.2.2013, 7 AZR 226/11) 

Die Parteien streiten im Rahmen einer Aufhebungsklage gegen einen Schiedsspruch des Bühnenoberschiedsgerichts darüber, ob das ansonsten automatisch zu verlängernde Arbeitsverhältnis auf Grund einer Nichtverlängerungsmitteilung des Landes beendet worden ist. Der Beklagte war als Ballettdirektor und Choreograph an einem Staatstheater beschäftigt. Dem Beklagten wurde kurz vor Erreichen der 15-Jahres-Genze die Nichtverlängerung ausgesprochen.

 

Praktikantenvertrag – Arbeitsvertrag ( LAG Berlin-Brandenburg v. 22. Mai 2014, Aktz.: 18 Sa 290/14)

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren, die vereinbarte Befristung wirksam ist und ob der Kläger Anspruch auf Vergütung gemäß Vergütungsgruppe A des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern ( TVK) hat. 

Der Kläger betrieb ein Musikstudium und war vom 16. August 2012 befristet bis zum 15. August 2013 im Staatsorchester tätig. Grundlage der Tätigkeit war eine als Praktikantenvertrag bezeichnete Vereinbarung.

Sowohl nach Auffassung des Arbeitsgerichts Frankfurt als auch des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg war das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren.

Grundsätzlich handelt es sich bei einem Praktikum um den zwingenden Bestandteil einer Gesamtausbildung oder einer Zulassungsvoraussetzung ( BAG, Urteil vom 5. August 1965, 2 AZR 439/64). Ein Praktikum in einem Sinfonieorchester ist im Rahmen des vom Kläger belegten Diplomstudiengang nicht erforderlich.    

Selbst wenn man annimmt, es stünde den Parteien aufgrund der ihnen zukommenden Privatautonomie frei, auch außerhalb von Ausbildungs- oder Studienordnungen Praktika zu vereinbaren, sei gleichwohl vorliegend von einem Arbeitsverhältnis auszugehen.

Der Kläger habe in persönlicher Abhängigkeit für die Beklagte fremdbestimmte Dienste geleistet. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Parteien ihr Vertragsverhältnis als Praktikum bezeichneten.

Das LAG führt aus, dass die beklagte Stadt keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen hat, denen der Fortbildungs- bzw. Ausbildungscharakter der Tätigkeit zu entnehmen gewesen wäre. Vielmehr sei der Kläger bei Würdigung des Vorbringens der Parteien tatsächlich behandelt worden wie ein „normaler“ Orchestermusiker auf der Stelle des stellvertretenden Solotrompeters. Weder die Zahl noch die Art der Einsätze unterschied sich von Einsätzen der sonstigen Orchestermusiker. Der Kläger war vollständig in das Orchester eingegliedert worden und in den Dienstplan eingeteilt. Ein Fortbildungsplan, der Einsätze oder Tätigkeiten ausgerichtet an Fortbildungs- oder Ausbildungszielen vorsah, ist, obwohl ein solcher vertraglich vorgesehen war, tatsächlich nicht erstellt worden. Der Kläger hat seine Arbeit überwiegend selbständig gemacht. Als Praktikant wäre er tätig gewesen, wenn er seine Arbeit unter Anleitung erbracht hätte. 

Dem Landesarbeitsgericht hat insoweit ein etwaiges Ablehnungsrecht und die Absprache mit dem Mentor über geeignete Stücke für die Annahme eines Praktikantenverhältnisses nicht als ausreichend bezeichnet.

Das Arbeitsgericht führte zudem aus, dass die Vereinbarung einer dreimonatigen Probezeit ein typischer Bestandteil eines Arbeitsverhältnisses sei. Dem Kläger traf die Pflicht nach § 7 des Praktikantenvertrages den Anweisungen der Orchesterleitung nachzukommen. Für ihn galt die Pflicht zur Beantragung von Nebentätigkeiten, § 6. Ebenso spräche gegen ein Praktikum die vereinbarte Dauer für ein Jahr. Insoweit stelle sich die Frage, inwieweit hier ein Ausbildungszweck für die Gesamtdauer von einem Jahr im Vordergrund gestanden haben soll. Die Beklagte habe in ihrem Vortrag nicht erkennen lassen, dass beim Kläger Qualifikationsdefizite bestanden hätten, die im Rahmen des Ausbildungskonzeptes hätten beseitigt werden sollen.

Da es für die Befristung entsprechend eines sachlichen Grundes fehlte, der es nach § 3 TVK bedarf, erweist sich diese als unwirksam. Aufgrund der rechtlichen Qualifizierung des Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis hat der Kläger einen Anspruch auf Eingruppierung nach § 17 TVK.

 

ArbG Bochum, Urteil vom 25.03.2014, Aktz.: 2 Ca 1482/13 – Abgrenzung Praktikanten-/Arbeitnehmerverhältnis

Das Arbeitsgericht Bochum hat in seinem Urteil noch einmal sehr klar zur immer wieder schwer zu ziehende Abgrenzung ausgeführt und auf die insoweit bestehende Darlegungslast des Arbeit- bzw. Praktikantengebers verwiesen:

Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Der Arbeitnehmer erbringt seine vertraglich geschuldete Leistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation. Seine Eingliederung in die Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere daran, dass er einem Weisungsrecht unterliegt, das Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen kann, vgl. § 106 GewO. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 S. 2 HGB). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrages zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend ( vgl. etwa BAG 14.03.2007 – 5 AZR 499/06).

Demgegenüber ist ein Praktikant in aller Regel bloß vorübergehend in einem Betrieb tätig, um sich die zur Vorbereitung auf einen – meist akademischen – Beruf notwendigen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen anzueignen. Allerdings findet in einem Praktikantenverhältnis keine systematische Berufsausbildung statt. Vielmehr ist eine darauf beruhende Tätigkeit häufig Teil einer Gesamtausbildung und wird beispielsweise für die Zulassung zu einem Studium oder Beruf benötigt. Demnach steht bei einem Praktikantenverhältnis der Ausbildungszweck im Vordergrund. Die Vergütung ist der Höhe nach deshalb eher eine Aufwandsentschädigung oder Beihilfe zum Lebensunterhalt ( BAG 13.03.2003 – 6 AZR 564/01).

Das bedeutet, dass bei einer Gegenüberstellung der Anteile „Ausbildungszweck“ und „für den Betrieb erbrachte Leistungen und Arbeitsergebnisse“ das Erlernen praktischer Kenntnisse und Erfahrungen deutlich überwiegen muss ( LAG Baden-Württemberg 8.2.2008 – 5 Sa 45/07). Soweit also weder eine Qualifikation vermittelt wird, noch eine fachlich betreute Ausbildung vorliegt, sondern die Erbringung einer Arbeitsleistung im Vordergrund steht und lediglich der Erwerb von Berufserfahrung ermöglicht werden soll, handelt es sich um ein Arbeitsverhältnis ( LAG Köln 16.05.2008 – 11 Sa 20/08).

Es muss dargelegt werden, ob und inwieweit der Praktikant unter Anleitung durch den Praktikantengeber oder einen seiner Mitarbeiter gearbeitet hat und welchen Umfang dies im Einzelnen annahm, um einen vordergründigen Ausbildungszweck aufzuzeigen. Der Vortrag muss erkennen lassen, inwieweit Qualifikationsdefizite im Rahmen des Ausbildungskonzeptes ausgeglichen werden müssen.

Erstattung von Weiterbildungskosten – Transparenz einer Rückzahlungsklausel ( BAG v. 9.08.2013, 9 AZR 442/12 )

Die Arbeitgeberin verlangt von der Arbeitnehmerin, Weiterbildungskosten zu erstatten.

Im Streit steht dabei folgende „Nebenabrede zum Arbeitsvertrag“:

„(1) Im Rahmen der nachfolgend genannten Weiterbildung „Fachpflege Psychatrie“ wird die…. ( Arbeitgeberin ) jeden Mitarbeiter für den Besuch des Lehrgangs freistellen und die Lehrgangsgebühren übernehmen.

(2) Der Angestellte verpflichtet sich, die der ..(AG) entstandenen Aufwendungen für die Weiterbildung, einschließlich der Lohnfortzahlungskosten – wie nachfolgend beschrieben – zu ersetzen, wenn das Arbeitsverhältnis auf Wunsch des Angestellten oder aus einem von ihm zu vertretenden Grunde endet. Ausgenommen ist die Kündigung bzw. der Auflösungsvertrag aufgrund einer Schwangerschaft oder Niederkunft in den letzten drei Monaten. Endet das Arbeitsverhältnis wie oben beschrieben, dann sind

- im ersten Jahr nach Abschluss des Lehrgangs die gesamten Aufwendungen,

- im zweiten Jahr nach Abschluss des Lehrgangs zwei drittel der Aufwendungen

- im dritten Jahr nach Abschluss des Lehrgangs ein Drittel der Aufwendungen zurückzuzahlen.“

Das BAG hat entschieden, dass ein Anspruch auf Ersatz von Weiterbildungskosten nicht besteht. Die Rückzahlungsklausel in Nr. 2 der Nebenabrede ist intransparent ( § 307 Abs.1 Satz 2 BGB) und benachteiligt den Beklagten deshalb unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Klausel entfällt ersatzlos und ist auch nicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung mit einem zulässigen Inhalt aufrechtzuerhalten.

Damit eine Rückzahlungsklausel für Weiterbildungskosten dem Transparenzgebot genügt, muss sie die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für den Arbeitgeber als Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Eine Rückzahlungsklausel muss zumindest Art und Berechnungsgrundlagen der ggf. zu erstattenden Kosten angeben, sonst kann der Arbeitnehmer sein Rückzahlungsrisiko nicht ausreichend abschätzen. Erforderlich ist die genaue und abschließende Bezeichnung der einzelnen Positionen ( z.B. Lehrgangsgebühren, Fahrt-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten), aus denen sich die Gesamtforderung zusammensetzen soll, und die Angabe, nach welchen Parametern die einzelnen Positionen berechnet werden.      

 

 

 

Rückzahlung von Fortbildungskosten (LAG Rheinland-Pfalz v. 31.07.2014, Aktz,: 3 Sa 203/14)

Die Parteien streiten darüber, ob der auf Lohnzahlung klagende Kläger zur Rückzahlung von Fortbildungskosten an die Beklagte verpflichtet ist.

Der Arbeitsvertrag enthielt u.a. folgende Regelung: „Der AG übernimmt für Fortbildungskosten die Fortzahlung der vollen Bezüge sowie die vollen Lehrgangskosten. Der AN ist zur Rückzahlung der Lehrgangskosten verpflichtet, wenn er das Arbeitsverhältnis kündigt. Für je 6 Monate der Beschäftigung nach dem Ende des Lehrganges werden von den Lehrgangskosten ¼ der Rückzahlungsbeträge erlassen.“

Der Kläger nahm an einer CAD-Schulung teil. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Eigenkündigung des Klägers.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts dahingehend, dass die Klage des Klägers voll umfänglich begründet ist.

Mit dem Arbeitsgericht ist vorliegend davon auszugehen, dass die Beklagte sich gegenüber den unstreitigen Entgeltansprüchen des Klägers nicht auf die arbeitsvertragliche Rückzahlungsklausel von Lehrgangskosten berufen kann.

Eine Rückzahlungsklausel, die nicht danach differenziert, wessen Verantwortungs- und Risikobereich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuzurechnen ist und eine Erstattungspflicht auch dann vorsieht, wenn dieser wegen eines Fehlverhaltens des Arbeitgebers zur Eigenkündigung „berechtigt“ wäre, ist folglich insgesamt unwirksam. Dabei ist es nicht maßgeblich, ob vorliegend ein solcher Lebenssachverhalt gegeben ist. Denn die AGB-Kontrolle führt als ex-ante-Kontrolle schon dann zur Unwirksamkeit der Klausel, wenn sie auch nur in einer der insgesamt von der Klausel erfassten denkbaren Fallgestaltungen unangemessen wäre, also insbesondere auch unabhängig davon, ob sich diese im konkreten Einzelfall dann auch tatsächlich verwirklicht hat oder nicht.

Hinzu kommt, dass unwirksam auch eine Klausel ist, die den Arbeitnehmer mit Ausbildungskosten belastet, obwohl er durch die Ausbildung keinen beruflichen Vorteil erlangt.

Schließlich liegt vorliegend auch ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB vor. Denn dem genügt eine Klausel über die Erstattung von Fortbildungskosten nur dann, wenn die durch die Fortbildung entstehenden Kosten dem Grunde und der Höhe nach im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren bezeichnet sind.

Benachteiligung wegen des Geschlechts bei einer Bewerbung ( BAG, Urteil vom 18.09.2014, Aktz.: 8 AZR 753/13 )

Die Parteien stritten darüber, ob dadurch, dass bei der Bewerbung der Klägerin im Lebenslauf neben der Textzeile „Verheiratet, ein Kind“ handschriftlich vermerkt „ 7 Jahre alt!“ und die dann ergebende Wortfolge „ein Kind, 7 Jahre alt !“ durchgängig unterstreicht, eine Diskriminierung wegen des weiblichen Geschlechts begangen wurde.

Die Beklagte betreibt einen lokalen Radiosender und suchte im Frühjahr 2012 für eine Vollzeitstelle eine Buchhaltungskraft mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung. Die Klägerin bewarb sich auf die Stelle im April 2012, im beigefügtem Lebenslauf wies sie auf ihre Ausbildungen als Verwaltungsfachfrau und zur Bürokauffrau hin. Außerdem gab sie dort an „Familienstand: verheiratet. Ein Kind.“ Anfang Mai 2012 erhielt die Klägerin eine Absage, auf dem zurückgesandten Lebenslauf war der Angabe zum Familienstand hinzugefügt „ 7 Jahre alt !“, dies und die von der Klägerin stammende Aufgabe „ein Kind“ war unterstrichen. Die Klägerin sieht sich als Mutter eines schulpflichtigen Kindes, die eine Vollzeitbeschäftigung anstrebt, benachteiligt. Die Notiz der Beklagten auf ihrem Lebenslauf spreche dafür, dass die Beklagte Vollzeittätigkeit und die Betreuung eines siebenjährigen Kindes nicht oder nur schlecht für vereinbar halte. Die Beklagte hat eine Entschädigung wegen einer Benachteiligung aufgrund des Geschlechts abgelehnt. Sie hat darauf verwiesen, eine junge verheiratete Frau eingestellt zu haben, die über eine höhere Qualifikation verfüge.

Die Revision der Beklagten, die vom LAG Hamm, Urteil vom 06.06.2013, Aktz.: 11 Sa 335/13, wegen mittelbarer Benachteiligung der Klägerin zu einer Entschädigung iHv. € 3000,- verurteilt worden war, hatte vor dem 8. Senat des BAG Erfolg.

Bei einer mittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts kann die besondere Benachteiligung des einen Geschlechts durch ein dem Anschein nach neutrales Kriterium mit einem Verweis auf statistische Erhebungen dargelegt werden. Die herangezogene Statistik muss aussagekräftig, dh. für die umstrittene Fallkonstellation gültig sein. Die vom Berufungsgericht herangezogene Statistik ( Mikrozensus) für den Anteil von Ehefrauen mit Kind an der Gesamtzahl der Vollbeschäftigten lässt nach Auffassung des BAG keine Aussagen für den Fall der Klägerin zu.

Das Landesarbeitsgericht als Tatsachengericht wird aber zu prüfen haben, ob in dem Verhalten der Beklagten nicht eine unmittelbare Benachteiligung der Klägerin als Frau zu sehen ist, was eine Auslegung des Vermerks auf dem zurückgesandten Lebenslauf erfordert.  

 

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