Abfindungen: Diese Aufklärungspflichten gibt es

Wenn Sie mit Ihrem Mitarbeiter eine Beendigungsvereinbarung mit Abfindungsregelung schließen, hat dies für Ihren Mitarbeiter häufig auch für diesen nachteilige sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen bei der Bundesagentur für Arbeit, soweit dieser dort nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Leistungen auf Bezug von Arbeitslosengeld beanspruchen will. So kann es für Sie als Arbeitgeber im Einzelfall ratsam sein, Ihren Mitarbeiter bei einer Beendigungsvereinbarung mit Abfindungsregelung auch über die sperrzeitrechtlichen Folgen nach Beendigung zu informieren, um insbesondere später Schadenersatzansprüche wegen Verletzung von Aufklärungspflichten zu vermeiden.

 

Beispiel:

"Mitwirkung an der Beendigung"  Sie haben mit Ihrem Mitarbeiter nach Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung einen Aufhebungsvertrag mit Abfindungsregelung getroffen.

Folge:

Da sich Ihr Mitarbeiter für einen Klageverzicht die Zahlung einer Abfindung hat versprechen lassen, liegt eine Mitwirkung vor, die sperrzeitrechtliche Folgen haben kann (§ 144 Absatz 1 Nr. 1 SGB III).

Sie müssen als Arbeitgeber also immer daran denken, dass für Ihren Mitarbeiter die Mitwirkung an einem Aufhebungsvertrag mit Abfindungsregelung immer "sperrzeitrelevant" sein kann, d.h. eine solche Beendigungsvereinbarung bei Ihrem Mitarbeiter später nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nachteilige Konsequenzen für den Bezug von Arbeitslosengeld bei der Bundesagentur für Arbeit haben kann. 

Wenn Sie also mit einem Mitarbeiter eine Beendigungsvereinbarung mit Abfindungsregelung, sollten Sie daher vorsichtshalber Ihren Mitarbeiter möglichst über die sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen (z.B. Sperrzeit, Ruhen von Leistungen bei der Bundesagentur für Arbeit) aufklären und in "Zweifelsfällen" Ihren Mitarbeiter zu empfehlen, bei der Bundesagentur für Arbeit rechtssichere Auskünfte einzuholen. Dies, um so rechtssicher mögliche Schadenersatzansprüche Ihrer Mitarbeiter wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten einen "Riegel vorzuschieben".

Wichtiger Hinweis:

Die Bundesagentur für Arbeit hat in Durchführungsanweisungen klargestellt, wann für Ihren Mitarbeiter sperrzeitrechtliche Folgen bei Abschluss von Aufhebungs- und Abwicklungsverträgen drohen. Sie sollten als Arbeitgeber die Voraussetzungen kennen, wann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) Ihr Mitarbeiter bei einem Aufhebungsvertrag mit Abfindungsregelung einen ungekürzten Arbeitslosengeldanspruch hat und keine negativen sperrzeitrechtlichen Folgen befürchten muss. Eine Sperrzeit als Arbeitsloser kommt insbesondere nicht in Betracht, wenn

  • eine Abfindung zwischen 0,25 und 0,5 Monatsverdiensten pro Beschäftigungsjahr gezahlt wird,
  • der Arbeitgeber ohne den Aufhebungsvertrag betriebsbedingt unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum selben Zeitpunkt gekündigt hätte,
  • die Kündigungsfrist eingehalten worden wäre
  • und der Arbeitnehmer nicht unkündbar war.

Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Sind die Voraussetzungen erfüllt, entfällt die weitere Prüfung der Rechtmäßigkeit der hypothetischen Kündigung. Etwas anderes gilt allerdings, wenn sich die von Ihnen als Arbeitgeber gezahlte Abfindung außerhalb der Bandbreite von 0,25 und 0,5 Monatsverdiensten pro Beschäftigungsjahr bewegt. Bei solchen Abfindungen ist die Rechtmäßigkeit einer hypothetischen Kündigung wie bisher zu prüfen. 

Wichtiger Hinweis:

Auch Abwicklungsverträge stellen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts regelmäßig eine Lösung des Beschäftigungsverhältnisses dar. Nach Auffassung des BSG macht es keinen entscheidenden Unterschied, ob der Arbeitnehmer an der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages mitwirkt oder ob seine aktive Beteiligung darin liegt, dass er hinsichtlich des Bestandes der Kündigung und deren Folgen verbindliche Vereinbarungen trifft. In beiden Fällen trifft den Mitarbeiter also eine wesentliche Verantwortung für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses.

Achtung: Besondere Aufklärungspflichten bei dem gesetzlichen Abfindungsanspruch nach § 1 a KSchG:

Immer wenn Sie als Arbeitgeber Ihrem Arbeitnehmer nämlich mit Ausspruch der Kündigung ein Angebot auf Abschluss eines Beendigungsangebotes unterbreiten, ohne jedoch die gesetzliche Abfindung nach § 1 KSchG anbieten zu wollen, so ist es aus Gründen der Rechtssicherheit ebenso äußerst ratsam, dass Sie Ihrem Mitarbeiter unmissverständlich darüber informieren, welche Abfindung Sie diesem unter welchen Voraussetzungen anbieten:

Beispiel:

"Gesetzlicher Abfindungsanspruch zwingend" 

Sie haben Ihrem Mitarbeiter aus dringenden betrieblichen Erfordernissen nach § 1 a KSchG gekündigt, Ihrem Mitarbeiter gegenüber jedoch informatorisch einen niedrigeren als den gesetzlich hierfür vorgesehenen Abfindungsbetrag (0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses) genannt.

Folge:

In diesem Falle entsteht der Abfindungsanspruch in der gesetzlichen Höhe gem. § 1 a Absatz 1 Satz 2 KSchG auch dann, wenn der Arbeitgeber dem Mitarbeiter informatorisch einen niedrigeren Abfindungsbetrag genannt hat (BAG, Urteil vom 19.06.2007 in NZA: 2007, Seite 1357).

In folgenden Fällen haben Sie bei Abfindungen jedoch keinerlei Aufklärungspflichten: 

  • Wenn Ihr Mitarbeiter selbst auf Sie als Arbeitgeber wegen einer Trennung zugegangen ist und um den Abschluss eines Aufhebungsvertrages gebeten hat.
  • Sie als Arbeitgeber auf die Information über sozialversicherungsrechtliche Nachteile hingewiesen haben. 
  • Für Ihren Mitarbeiter kein Zeitdruck bestand. Dies ist insbesondere der Fall, wenn Sie Ihrem Mitarbeiter ein unterschriebenes Exemplar des Aufhebungsvertrages ausgehändigt haben und dieser ausreichend Zeit hatte, sich die Unterzeichnung zu überlegen und vorher entsprechende Informationen einzuholen.
  • Sie gemäß § 1 a KSchG eine Abfindung gezahlt und Ihre Kündigung nicht auf offensichtlich rechtswidrige arbeitgeberseitige betriebsbedingte Gründe gestützt haben.

Wichtiger Hinweis:

Immer wenn die Abfindung die in § 1 a Absatz 2 KSchG vorgesehene Höhe nicht überschritten wurde, liegt in der Regel (Grenzfall: offensichtliche Rechtswidrigkeit der Kündigung!) kein sperrzeitrelevanter Vorgang vor (BSG, Urteil vom 12.07.2006 - B 11 a AL 47/05 R, in: NZA 2006, Seite 1359).

 

 

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Joachim Benclowitz

Fachanwalt für Arbeitsrecht, 
Absolvent des Fachanwaltslehrganges Urheber- und Medienrecht

Tel: 040 / 450 20 60 
e-mail: info@arbeitsrecht-benclowitz.de