Beispiel:
"Die outgesourcte Empfangsvollmacht " Sie wollen die Ihnen nach dem AGG obliegenden Pflichten auf eine betriebsfremde Firma "auslagern" und bestimmen diese zum Empfangsbevollmächtigten von Beschwerden.
Folge:
Aus dem Gesetzeswortlaut in § 13 AGG ("zuständige Stelle des Betriebes, des Unternehmens oder der Dienststelle") folgt der Betriebs- und Unternehmensbezug. Es ist Ihnen als Arbeitgeber also nicht zu empfehlen, die Empfangszuständigkeit an einen betriebsfremden Dritten "weiterzugeben".
Beachte:
Gemäß § 84 Absatz 1 BetrVG ist jeder Arbeitnehmer berechtigt, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebes zu beschweren, wenn er sich entweder von Ihnen als Arbeitgeber, oder von Arbeitnehmern des Betriebes benachteiligt, ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlt. Das individuelle Beschwerdeverfahren nach § 84 Absatz 1 BetrVG muss der Arbeitnehmer also wie bei § 13 AGG bei den "zuständigen" Stellen" des Betriebes einleiten.
Beispiel:
Sie benennen als Arbeitgeber die Personabteilung als diejenige Stelle, die Beschwerden der Beschäftigten entgegennimmt.
Folge:
Es reicht, wenn Sie als Arbeitgeber einen Adressaten angeben, ohne dass Sie ein Gremium einzurichten oder eine Person benennen müssen, die in besonderer Weise die Funktion eines Beauftragten für das Beschwerdeverfahren ausübt. Die Beschwerdestelle nach § 84 Absatz 1 BetrVG ist also wie die "zuständige Stelle" gemäß § 13 AGG keine institutionalisierte Einrichtung, so dass Sie als Arbeitgeber auch hier keine spezielle Stelle im Sinne eines "Benachteiligungsbeauftragten" schaffen müssen. Als Arbeitgeber müssen Sie beachten, dass sich in § 84 Absatz 1 BetrVG eine § 13 AGG in Struktur und Regelungsinhalt vergleichbare Regelung findet.
Beachte:
Im Unterschied zu § 13 AGG, der nur "Beschwerdegründe" im Sinne von § 1 AGG "im Fokus" hat, kann nach § 84 Absatz 1 BetrVG Beschwerdegegenstand demnach also auch jede individuelle Beeinträchtigung oder Benachteiligung des Arbeitnehmers sein.
Beispiel:
"Rauchen macht einsam" Eine Mitarbeiterin fühlt sich wegen eines vom Arbeitgeber ausgesprochen Rauchverbots benachteiligt.
Folge:
Rauchen ist kein Beschwerdemerkmal im Sinne des § 1 AGG. Die Mitarbeiterin kann sich aber nach § 84 Absatz 1 BetrVG beschweren, da diese Vorschrift auch betriebsverfassungsrechtliche Regelungsfragen umfasst. Dies bedeutet, dass Sie als Arbeitgeber immer daran denken müssen, dass das betriebsverfassungsrechtliche Beschwerderecht (§ 84 Absatz 1 BetrVG) von seinem Beschwerdegegenstand her weiter als § 13 AGG gefasst ist. Das betriebsverfassungsrechtliche Beschwerderecht kommt insbesondere
- bei der vermeintlichen Vereitelung von Rechtsansprüchen (beispielsweise Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, falsche tarifliche Eingruppierung, ungerechtfertigte Abmahnung)
- bei betriebsverfassungsrechtlichen Regelungsfragen (ungünstige Lage der persönlichen Arbeitszeit, Rauchverbot am Arbeitsplatz, Essensqualität in der Kantine)
- bei rein tatsächlichen Beeinträchtigungen (Überlastung durch dauernde Vertretungstätigkeit, ständige Zuteilung unangenehmer Arbeiten)in Betracht.
Beachte:
Für eine Beschwerde gemäß § 84 Absatz 1 BetrVG ist im Unterschied zu § 13 AGG darüber hinaus dem Wortlaut nach ("beeinträchtigt fühlt") das subjektive Empfinden des Arbeitnehmers relevant. Ausgeschlossen ist also eine sogenannte "Populärbeschwerde", so dass stets eine eigene Beeinträchtigung des "Beschwerdeführers" vorliegen muss (LAG SchlHol, Urteil vom 21.12.1989, in: NZA 1990, Seite 703). § 84 Absatz 1 BetrVG erfasst hierbei als individuelles Beschwerderecht von seiner "Zielrichtung" her nicht nur ein vermeintliches "Fehlverhalten" des Arbeitgebers oder Vorgesetzten, sondern ebenfalls Beschwerden über Arbeitskollegen (beispielsweise Belästigungen und Beleidigung am Arbeitsplatz).
Beachte:
Im Rahmen von § 84 Absatz 1 BetrVG ausgeschlossen sind Beschwerden gegen den Betriebsrat oder einzelne Betriebsratsmitglieder wegen mangelhafter Ausübung des Betriebsratsamtes. Insoweit kommt nur ein Verfahren nach § 23 Absatz 1 BetrVG in Betracht.