Prüfen Sie, ob eine mitbestimmungspflichtige Einstellung vorliegt

Da es für die Einstellung im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne stets auf die tatsächliche Beschäftigung im Betrieb und nicht den Vertragsschluss mit einem Arbeitnehmer ankommt, ist es unerheblich, ob es sich um ein unbefristetes oder befristetes Arbeitsverhältnis handelt.

 

Beispiel:

"Die neue Kraft zum 01." Sie wollen wegen einem personellen Engpass schnell Frau Hannelore K. als Aushilfe zum 01.12. einstellen. Den Arbeitsvertrag haben Sie ihr bereits Anfang Oktober zugeschickt, ohne jedoch den Betriebsrat dazu anzuhören.

Folge:

Bevor Hannelore K. den Arbeitsvertrag unterschreiben, müssen Sie zwingend noch den Betriebsrat um Zustimmung zur Einstellung bitten. Sie riskieren sonst, dass der Betriebsrat widerspricht und Sie sich gegenüber Hannelore K. sogar wegen des Nichtzustandekommens des Arbeitsverhältnisses schadensersatzpflichtig machen. Für eine Einstellung gern. § 99 BetrVG und damit das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist es also ausreichend, dass die betreffende Person in Ihrem Betrieb eingegliedert ist und zusammen mit Ihren anderen Mitarbeitern eine Arbeit verrichtet, die

  • ihrer Art nach weisungsgebunden ist
  • der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks Ihres Betriebes dient und
  • von Ihnen deshalb organisiert werden muss.

Beispiel:

"Der weisungsgebundene Mitarbeiter" Sie wollen Bruno S. "formal" als freien Mitarbeiter und nicht auf Grundlage eines Arbeitsvertrages, sondern um Mitbestimmungsrechte Ihres Betriebsrats zu umgehen als "freien Mitarbeiter" zusammen mit den in Ihrem Betrieb bereits beschäftigten Arbeitnehmern verpflichten.

Folge:

Hier liegt ausnahmsweise eine mitbestimmungspflichtige Einstellung vor. Dies gilt jedoch nur, wenn die Tätigkeit Ihrer Art nach weisungsgebunden ist. Sonst sind bei der Beschäftigung eines freien Mitarbeiters oder eines freien Handelsvertreters diese Voraussetzungen jedoch nicht gegeben (BAG, Urteil vom 30.08.1994, Aktenzeichen 1 ABR 3/94). Eine mitbestimmungspflichtige Einstellung liegt also nur dann vor, wenn die von Ihnen beschäftigten Personen in den Betrieb eingegliedert sind. Dies ist nur bei atypischen Fallgestaltungen, also auch bei einem "freien Mitarbeiter" trotzdem die für ein Arbeitsverhältnis "typischen Entscheidungen" über den Einsatz nach Ort und Zeit treffen und den "Neuen" zusammen mit den bereits beschäftigten Mitarbeitern einsetzen.

Wichtiger Hinweis:

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stellt auch eine nach Dauer und Umfang nicht unerhebliche Erhöhung der Arbeitszeit eine Einstellung gemäß § 99 Absatz 1 Satz 1 BetrVG dar.

Beispiel:

"Mitbestimmung bei Änderung der Arbeitszeit" Sie erhöhen die mit Bruno S. vertraglich vereinbarte Arbeitszeit, ohne vorher Ihren Betriebsrat trotz eines zuvor ausgeschriebenen Arbeitsplatzes zu beteiligen.

Folge:

Auch hier liegt bei einer länger als 1 monatiger Dauer eine mitbestimmungspflichtige Einstellung nach § 99 Absatz 1 BetrVG vor (BAG, Beschluss vom 25.01.2005, Aktenzeichen: 1 ABR 59/03). Eine Mitbestimmungspflicht gemäß § 99 Absatz 1 Satz 1 BetrVG kommt aber nicht nur bei der Einstellung von Arbeitnehmern, sondern auch bei der Beschäftigung von "sonstigem Fremdpersonal" (z.B. Leiharbeitnehmer) in Betracht.

Beispiel:

"Mitbestimmungsrechte bei Zeitarbeit" Sie haben Bruno S. über eine Zeitarbeitsfirma verpflichtet. Ihr Betriebsrat meint, dass auch die Arbeitsaufnahme von Leiharbeitnehmern im Entleiherbetrieb mitbestimmungspflichtig ist.

Folge:

Unabhängig von den Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) in § 14 Absatz 3 liegt wegen der faktischen Eingliederung in den Betrieb eine mitbestimmungspflichtige Einstellung vor.

Wichtiger Hinweis:

Nach einem sehr aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) stellt auch die Beschäftigung eines "EinEuro-Jobber" stets eine Einstellung im Sinne von § 99 Absatz 1 BetrVG dar, bei der ihr Betriebsrat mitbestimmen muss (BAG, Beschluss vom 02.10.2007, Aktenzeichen: 1 ABR 60/06 in: NZA 4/2008, Seite 244 ff.).

Beispiel:

"Der Ein-Euro-Jobber" Sie wollen in Ihrem Pflegeunternehmen von der Beschäftigung von "Ein-Euro-Jobbern" Gebrauch machen und schließen nach der Vorstellung eines erwerbsfähigen hilfsbedürftigen vor dessen Arbeitsantritt eine schriftliche Vereinbarung ab.

Folge:

Auch bei der Beschäftigung von "Ein-EuroJobbern" darf Ihr Betriebsrat mitbestimmen Auf das Rechtsverhältnis kommt es bei eingegliederten Personen regelmäßig nicht an. Eine Einstellung gemäß § 99 Absatz 1 Satz 1 BetrVG setzt also nicht notwendig die Begründung eines Arbeitsverhältnisses voraus. Maßgebend ist, ob die zu verrichtenden Tätigkeiten ihrer Art nach weisungsgebunden sind. Wichtiger Hinweis: So nimmt die Rechtsprechung des BAG eine Eingliederung selbst auch bei werk- oder dienstvertraglicher Tätigkeit immer dann an, wenn Sie als Arbeitgeber bei dem Einsatz von Fremdpersonal wenigstens einen Teil der Arbeitgeberstellung übernehmen und arbeitgebertypische Entscheidungen über den Arbeitseinsatz nach Zeit und Ort treffen (BAG, Urteil vom 18.10.1994, Aktenzeichen: 1 ABR 09/94).

Arbeitgeber-Tipp:

Mitbestimmungsrechte Ihres Betriebsrats lassen sich bei Fremdpersonal rechtssicher nur dadurch ausschließen, wenn Sie im Rahmen der Vertragsgestaltung mit der Zeitarbeitsfirma eine ausdrückliche Vereinbarung dahingehend treffen, dass diese einen verantwortlichen Einsatzleiter stellt, der in Ihrem Betrieb als fachlicher und disziplinarischer Vorgesetzter für alle Leiharbeitnehmer zuständig ist und die typischen Weisungen über den Arbeitseinsatz trifft. Wichtiger Hinweis: Auch in diesen Fällen darf Ihr Betriebsrat Sie bei Neueinstellungen mitreden: " sogenannten freien Mitarbeitern " Honorarlehrkräften (z.B. einer Bildungseinrichtung) " Fortsetzung eines befristeten Arbeitsverhältnisses (Verlängerung) über den vorgesehenen Termin hinaus " Umwandlung eines befristeten Arbeitsverhältnisses in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis " Übernahme eines Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis " Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers über eine tarifliche Altersgrenze hinaus, "So weit und nicht weiter": Hier darf Ihr Betriebsrat nicht mitreden: " Beschäftigung von Schülerpraktikanten " Wachmännern eines Bewachungsunternehmens " Einsatz von Testkäufern Eingliederungsvertrag nach § 229 ff. SGB III

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