Beispiel:
"Folgen einer ablehnenden rechtskräftigen Entscheidung"
Das Arbeitsgericht hat rechtskräftig festgestellt, dass die vorläufige Einstellung von Wolfgang F. offensichtlich nicht dringend erforderlich war. Sie überlegen, was Sie jetzt machen müssen.
Folge:
In diesem Falle endet die vorläufige personelle Maßnahme (hier: Einstellung) mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung des Arbeitsgerichts (§ 100 Absatz 3 Satz 2 BetrVG). Sie dürfen den Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen. Die gleiche Folge (Beschäftigungsverbot) tritt ein, wenn der gleichzeitig oder später gestellte Antrag auf Ersetzung der Zustimmung nach § 99 Absatz 4 BetrVG rechtskräftig abgewiesen wurde.
Immer wenn Ihre Berechtigung, eine personelle Maßnahme erst einmal vorläufig durchzuführen, (z.B. bei einer Einstellung) aufgrund einer rechtskräftigen arbeitsgerichtlichen Entscheidung endet, dürfen Sie also den Arbeitnehmer auch nicht mehr beschäftigen (Beschäftigungsverbot).
Beispiel:
"Beschäftigungsverbot auf ganzer Linie"
Sie haben beim Arbeitsgericht sowohl den Feststellungsantrag gestellt, dass die vorläufige personelle Maßnahme unaufschiebbar sei (§ 100 Absatz 3 Satz 2 BetrVG) als auch beim Arbeitsgericht ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Absatz 4 BetrVG eingeleitet. Auch der von Ihnen gestellte Antrag auf Ersetzung der Zustimmung wurde jedoch rechtskräftig abgewiesen.
Folge:
Das Beschäftigungsverbot tritt .unabhängig von der Entscheidung, ob die Maßnahme dringend erforderlich war also auch dann ein, wenn Sie im Zustimmungsersetzungsverfahren (§ 99 Absatz 4 BetrVG) keinen Erfolg hatten.
Wichtiger Hinweis:
Wenn Sie nur den Feststellungsantrag, nicht aber auch den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung stellen, so genügt das nicht. Der bloße Feststellungsantrag ist unzulässig und berechtigt den Arbeitgeber nicht, die vorläufige Einstellung aufrecht zu erhalten. Sie "riskieren" hier, dass Sie auf einen Antrag des Betriebsrats diese nach § 101 BetrVG hin aufheben müssen (BAG, Urteil vom 15.09.87 in AP Nr. 46 zu § 99 BetrVG 1972 = NZA 1988, S. 101). Erst mit einer rechtskräftigen Ersetzung der Zustimmung erledigt sich der Feststellungsantrag über die Dringlichkeit der vorläufigen Einstellung. Das Verfahren ist insoweit einzustellen (BAG, Urteil vom 18.10.88 in AP Nr. 4 zu § 100 BetrVG 1972 = NZA 1989, S. 183).
Jede personelle Maßnahme (z.B. Einstellung), die ohne Zustimmung des Betriebsrats oder des Arbeitsgerichts erfolgt, verletzt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Dieser Verstoß hat jedoch nicht zur Folge, dass der mit dem Arbeitnehmer abgeschlossene Arbeitsvertrag unwirksam ist. Sie dürfen als Arbeitgeber Ihren Arbeitnehmer nur nicht im Betrieb tatsächlich beschäftigen.
Beispiel:
"Lohnanspruch bleibt bestehen"
Sie haben Wolfgang F. ohne Beteiligung des Betriebsrats eingestellt. Der Betriebsrat verlangt jetzt die Aufhebung der Einstellung nach § 101 BetrVG.
Folge:
Bei Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht darf der Betriebsrat nach § 101 BetrVG die Aufhebung der Einstellung verlangen. In diesem Fall behält Wolfgang F. bis zu einer Kündigung seinen Lohnanspruch (vgl. BAG, Urteil vom 02.07.80 in AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972 = NJW 1981, S. 703).
Sie müssen als Arbeitgeber also auch immer daran denken, dass Ihr Betriebsrat bei einem Verstoß gegen sein Mitbestimmungsrecht nach § 101 BetrVG vorgehen und die Aufhebung der Maßnahme (z.B. Arbeitsvertrag) verlangen kann. Wenn Sie einen Arbeitnehmer ohne erteilte, fingierte oder ersetzte Zustimmung des Betriebsrats einstellen oder eine vorläufige Einstellung vornehmen, ohne das Verfahren nach § 100 BetrVG zu beachten, dieser gemäß § 101 BetrVG beim Arbeitsgericht auch die Aufhebung der Maßnahme (z.B. Einstellung) verlangen kann.
Beachte:
In diesem Verfahren gemäß § 101 BetrVG können Sie als Arbeitgeber nicht geltend machen, der Betriebsrat habe keinen Grund zur Verweigerung der Zustimmung gehabt. Sie können auch nicht erst in diesem Verfahren die Ersetzung der Zustimmung beantragen (BAG, Urteil vom 18.07.1978 in AP Nr. 1 zu § 101 BetrVG 1972 = DB 1978, Seite 2323 = NJW 1979, Seite 671).
Wichtiger Hinweis:
Als Arbeitgeber laufen Sie in diesen Fällen immer Gefahr, dass Sie vom Arbeitsgericht dazu verurteilt werden, die tatsächliche Beschäftigung zu beenden. Dies, obwohl Sie wegen der zivilrechtlichen Wirksamkeit des Arbeitsvertrages zur Lohnzahlung verpflichtet bleiben. Es empfiehlt sich daher dringend, dass Sie einen Arbeitsvertrag immer nur unter einer entsprechenden auflösenden Bedingung schließen.
Heben Sie als Arbeitgeber entgegen einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung die Einstellung nicht auf, so können Sie auf Anraten des Betriebsrats durch Zwangsgeld dazu anzuhalten, das für jeden Tag der Zuwiderhandlung bis zu € 500,00 betragen kann. Die Möglichkeit, den Antrag nach § 101 BetrVG zu stellen, schließt einen Anspruch des Betriebsrats auf künftige Beachtung seiner Mitbestimmungsrechte unter den Voraussetzungen des § 23 Absatz 3 BetrVG nicht aus (BAG, Urteil vom 17.03.1987 in AP Nr. 7 zu § 23 BetrVG 1972 = NZA 1987, Seite 786).
Beachte:
Für die vorläufige Einstellung bedeutet dies, dass Sie als Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht mehr im Betrieb beschäftigen dürfen, d.h. ihn also auch von der Arbeitspflicht suspendieren müssen, sonst kann der Arbeitsvertrag nur durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag beendet werden. In Frage kommt grundsätzlich eine ordentliche Kündigung. Ein wichtiger Grund zur Kündigung liegt nur vor, wenn die Rechtskraft der Entscheidung als Grund für eine außerordentliche Kündigung vereinbart war. Bei einer vorläufigen Versetzung dürfen Sie den Arbeitnehmer von dem in § 100 Absatz 3 Satz 2 BetrVG genannten Zeitpunkt an nicht mehr an dem neuen Arbeitsplatz beschäftigen.
Checkliste:
1. Haben Sie gewusst, dass Ihr Betriebsrat bei bestimmten personellen Einzelmaßnahmen (z. B. Einstellung) bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 100 BetrVG) nicht mitreden darf.
Falls ja, sollten Sie diese Möglichkeit neben dem ansonsten gesetzlich vorgeschriebenen Mitbestimmungsverfahren bei personellen Einzelmaßnahmen (§ 99 Absatz 1 Satz 1 BetrVG) unbedingt "im Auge" behalten.
2.Haben Sie beachtet, dass eine von Ihnen geplante vorläufige Maßnahme nur dann gesetzlich in Betracht kommt, wenn hierfür auch ein dringender betrieblicher Grund vorliegt?
Falls nein, müssen Sie unbedingt daran denken, dass Sie eine vorläufige Maßnahme nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes (Eilbedürftigkeit) vornehmen dürfen.
3.Haben Sie ferner vor Durchführung einer vorläufigen personellen Maßnahme bedacht, dass dies nicht bei allen personellen Einzelmaßnahmen im Sinne von § 99 Absatz 1 Satz 1 BetrVG möglich ist?
Wenn nein, sollten Sie unbedingt bedenken, dass rechtssicher vorläufige Maßnahmen nur bei Einstellungen und Versetzungen möglich sind.
4.Haben Sie auch daran gedacht, dass, wenn Ihr Betriebsrat der vorläufigen Maßnahme nicht zugestimmt hat, Sie schnellstens das Arbeitsgericht einschalten müssen?
Wenn nein, dürfen Sie diese vorläufige Maßnahme nur dann aufrecht erhalten, wenn Sie innerhalb von drei Tagen (3-Tages-Frist) das Arbeitsgericht anrufen (§ 100 Absatz 2 Satz 3 BetrVG).
5.Haben Sie auch daran gedacht, neben der Beteiligung des Betriebsrats auch Ihren Arbeitnehmer von der Vorläufigkeit der Maßnahme zu unterrichten?
Wenn nein, sollten Sie beachten, dass die Verletzung Ihrer Informationspflicht für Sie nachteilige Folgen haben kann (Schadenersatzanspruch Ihres Arbeitnehmers).
6.Wussten Sie, dass Sie bei einer ablehnenden rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts Ihren Arbeitnehmer nicht mehr vorläufig beschäftigen dürfen?
Wenn nein, dürfen Sie nicht vergessen, dass in diesem Falle ein Beschäftigungsverbot besteht und Ihr Betriebsrat sogar die Aufhebung der Maßnahme (z. B. Einstellung) verlangen kann (§ 101 BetrVG).