Beispiel:
"Fallender Dachziegel beschädigt Auto" Kevin S. ist seit langen Jahren in Ihrem Bauunternehmen als Dachdecker tätig. Als er das Dach deckt, lässt er aus Unachtsamkeit einen Dachziegel fallen, der einen Kaufinteressenten des Hauses knapp verfehlt. Dabei wird aber das von dem Kaufinteressenten vor dem Haus geparkte Auto beschädigt. Der Kaufinteressent verlangt nun Schadenersatz.
Folge:
Ihr Arbeitnehmer Kevin S. haftet zwar gegenüber dem Kaufinteressenten für den Schaden. Da der Schaden jedoch nur durch leichte Fahrlässigkeit verursacht wurde, müssen Sie als Arbeitgeber den Schaden ersetzen. Dabei sind Sie verpflichtet, Kevin S. von dem Schadenersatzanspruch des Kaufinteressenten frei zu stellen. Sie sollten als Arbeitgeber daher daran denken, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Haftungsbeschränkung nur im Verhältnis zum Arbeitgeber wirken.
Checkliste:
So stellen Sie fest, ob Sie nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung von Ihrem Arbeitnehmer Regress (Schadenersatz) fordern können.
1. Haben Sie geprüft, ob eine arbeitsvertragliche oder gesetzliche Pflichtverletzung vorliegt? Falls nein, sollten Sie noch die genaue gesetzliche Haftungsgrundlage sowie das Vorliegen deren allgemeinen Voraussetzungen feststellen.
2. Haben Sie als Arbeitgeber daran gedacht, dass allen Haftungstatbeständen (Arbeitsvertragspflichtverletzung/ gesetzlicher Haftungstatbestand) eine einheitliche Grundstruktur mit gleichen Tatbestandsvoraussetzungen zugrunde liegt? Falls nein, sollten Sie exakt feststellen, ob überhaupt durch ein schuldhaftes Arbeitnehmerverhalten ursächlich ein Schaden herbeigeführt wurde.
3. Haben Sie als Arbeitgeber daran gedacht, dass für das Vorliegen sowohl der arbeitsvertraglichen als auch der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen einer Arbeitnehmerhaftung Sie hierfür beweispflichtig sind? Falls nein, sollten Sie Schadenersatzansprüche gegen Arbeitnehmer nur dann durchsetzen, wenn Sie diese Voraussetzungen auch nachweisen können.
4. Haben Sie geprüft, dass es bei der Arbeitnehmerhaftung besondere Haftungsmilderungen gibt? Falls ja, sollten Sie bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen auch genau die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleiches beachten.
5. Haben Sie ferner geprüft, ob der Schaden in Ausführung einer betrieblichen Tätigkeit Ihres Arbeitnehmers verursacht wurde? Falls nein, sollten Sie genauestens feststellen, ob zwischen Schadensereignis und betrieblicher Tätigkeit ein konkreter innerer Zusammenhang bestand.
6. Haben Sie beachtet, dass bei Pflichtverletzungen im Arbeitsverhältnis ein dreistufiges Modell existiert? Falls ja, sollten Sie also bei leichtester Fahrlässigkeit auf die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen verzichten und nur bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz an die Möglichkeit eines vollen Regresses denken.
7. Haben Sie als Arbeitgeber auch alle Umstände des Einzelfalles im Rahmen einer Schadenverursachung Ihres Arbeitnehmers geprüft? Falls nein, sollten Sie beachten, dass eine Haftungsbegrenzung auch der Höhe nach bei Vorliegen bestimmter Umstände bei der Arbeitnehmerhaftung in Betracht kommt.
8. Haben Sie bei der Prüfung einer Haftung gegenüber Betriebsangehörigen genau zwischen Personen - und Sachschäden unterschieden? Falls nein, müssen Sie immer daran denken, dass bei Personenschäden eine Haftung Ihres Arbeitnehmers generell ausgeschlossen ist und nur bei Vorsatz in Betracht kommt.
9. Wenn Ihr Arbeitnehmer bei Verrichtung seiner Arbeit einem außenstehenden Dritten einen Schaden zugefügt hat, ist von Ihnen bedacht worden, dass auch hier Ihr Arbeitnehmer nur nach den Grundsätzen der Haftungsbeschränkung in Regress genommen werden kann? Falls, sollten Sie immer daran denken, dass Ihr Arbeitnehmer bei Vorliegen der Haftungsstufe einer leichten Fahrlässigkeit Ihnen gegenüber als Arbeitgeber regelmäßig einen Freistellungsanspruch hat.