Krankheitsbedingte außerordentliche Kündigung bei häufigen Kurzerkrankungen ( BAG, Urteil v. 23.01.2014, Aktz.: 2 AZR 582/13 )

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist.

Die Klägerin war seit 1981 bei der Beklagten beschäftigt. Seit dem Jahr 2000 war die Klägerin wegen unterschiedlicher Erkrankungen wiederholt arbeitsunfähig. Der Personalärztliche Dienst attestierte ihr jeweils eine positive Prognose, die Tendenz in den letzten drei Jahren war fallend. Die durchschnittliche jährliche Fehlzeit betrug 11,75 Wochen.

Das BAG entschied, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28. März 2012 nicht aufgelöst worden ist.

Zunächst hat das BAG zu der Frist des § 626 Abs. 2 BGB wie folgt ausgeführt:

 -         die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist auch im Fall einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist  einzuhalten.      

-         bei Dauertatbeständen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sich der Kündigungssachverhalt und seine betrieblichen Auswirkungen fortwährend neu verwirklichen, lässt sich der Fristbeginn nach § 626 Abs. 2 BGB nicht eindeutig fixieren. Liegt ein solcher Tatbestand vor, reicht es zur Fristwahrung aus, dass die Umstände, auf die der Arbeitgeber die Kündigung stützt, auch noch bis mindestens zwei Wochen vor Zugang der Kündigung gegeben waren ( BAG 26.11.2009, 2 AZR 272/08)

-         im Fall einer lang andauernden – durchgehenden – Arbeitsunfähigkeit liegt ein solcher Dauertatbestand vor

-         auch häufige Kurzerkrankungen können einen Dauertatbestand darstellen. Kündigungsgrund ist dabei nicht die Erkrankung als solche, sondern die negative Gesundheitsprognose und eine daraus resultierende erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen. Die verschiedenen Erkrankungen können den Schluss auf eine dauerhafte Krankheitsanfälligkeit des Arbeitnehmers zulassen und damit eine negative Prognose begründen. Da der Arbeitnehmer in den Fällen häufiger Kurzerkrankungen typischerweise über einen längeren Zeitraum hinweg teilweise gesund, teilweise arbeitsunfähig erkrankt ist, kommt es für die Wahrung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer bis mindestens zwei Wochen vor Zugang der Kündigung – zufällig – arbeitsunfähig war. Maßgebend ist vielmehr allein, ob der Kündigungsgrund, d.h. die auf der fortbestehenden Krankheitsanfälligkeit beruhende negative Prognose sowie die sich daraus ergebende erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen, noch bis mindestens zwei Wochen vor Zugang der Kündigung fortbestanden hat. Sinn und Zweck von § 626 Abs. 2 BGB stehen dem nicht entgegen. Ziel des § 626 Abs.2 BGB ist es, dem Arbeitnehmer rasch Klarheit darüber zu verschaffen, ob der Kündigungsberechtigte einen bestimmten Sachverhalt zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung nimmt. In Fällen krankheitsbedingter Fehlzeiten besteht ein solches Interesse an schneller Klärung nicht. Im Gegenteil dient es den Belangen des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitgeber die weitere Entwicklung beobachtet und mit einer möglichen Kündigung noch zuwartet, um die Chance einer Prognoseänderung offen zu halten.

Die Kündigung war jedoch unwirksam, da ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB fehlt.

Die Wirksamkeit einer auf häufige Kurzerkrankungen gestützten ordentlichen Kündigung setzt zunächst eine negative Gesundheitsprognose voraus. Im Kündigungszeitpunkt müssen objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang befürchten lassen. Häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit können indiziell für eine entsprechende künftige Entwicklung sprechen – erste Stufe. Die prognostizierten Fehlzeiten sind nur dann geeignet, eine krankheitsbedingte Kündigung zu rechtfertigen, wenn sie auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Dabei können neben Betriebsablaufstörungen auch wirtschaftliche Belastungen, etwa durch zu erwartende, einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen pro Jahr übersteigende Entgeltfortzahlungskosten, zu einer solchen Beeinträchtigung führen – zweite Stufe. Ist dies der Fall, ist im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zu prüfen, ob diese Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden müssen – dritte Stufe ( BAG 30. September 2010 – 2 AZR 88/09, BAG 23. April 2008 – 2 AZR 1012/06).  

Bei einer außerordentlichen Kündigung ist dieser Prüfungsmaßstab auf allen drei Stufen erheblich strenger. Es bedarf eines graierenden Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung. Die Voraussetzungen hielt das Gericht nicht für gegeben.

 

Personalleiter kein leitender Angestellter ( LAG Hamm, Urteil vom 10.12.2013, Aktz.: 7 TaBV 80/13)

Die Beteiligten des vorliegenden Beschlussverfahrens streiten um die Aufhebung einer personellen Maßnahme, namentlich um die Aufhebung der Einstellung des Personalchefs T1 B“ im Einrichtungshaus B 1.

Dem Arbeitsverhältnis des Herrn B2 liegt ein schriftlicher Arbeitsvertrag zugrunde, in welchem die Beschäftigung “als leitender Angestellter“ vereinbart ist. Weiter ist vereinbart, dass Herr B 2 berechtigt ist, in der Niederlassung selbstständig Mitarbeiter einzustellen oder zu entlassen. Auch am schwarzen Brett wurde bekannt gemacht, dass Herr B 2 befugt ist, allein und selbständig Mitarbeiter und Teamassistenten einzustellen. Entsprechendes ist in der „Funktionsbeschreibung“ der Tätigkeit des Personalchefs vermerkt.  

Die Einstellung des Herrn B 2 bedurfte dennoch der Zustimmung des Betriebsrats im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG.

Der Personalchef ist nach Auffassung des LAG Hamm nicht leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 2 Ziffer 1 BetrVG.

Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG ist leitender Angestellter, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist. Nach ständiger und zutreffender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts rechtfertigt die selbständige Einstellungs- und Entlassungsbefugnis die Herausnahme eines Arbeitnehmers aus dem Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes, weil es sich hierbei um typische Arbeitgeberfunktionen handelt.

Um dieser Zuordnung gerecht zu werden, bedarf es allerdings einer umfassenden Einstellungs- und Entlassungsbefugnis; sie darf weder im Innenverhältnis eingeschränkt noch von untergeordneter Bedeutung für den Betrieb und damit auch für das Unternehmen sein.

Allerdings sei zu bedenken, dass eine rechtserhebliche Einschränkung der Einstellungs- und Entlassungsbefugnis nicht gegeben ist, wenn bei Ausübung der Personalkompetenz lediglich Richtlinien, Budgetvorgaben oder Stellenpläne zu beachten sind oder Zweitunterschriften einzuholen sind, die lediglich einer Richtigkeitskontrolle dienen, nicht aber mit einer Mitentscheidungsbefugnis verbunden sind. Die Ausübung der Personalkompetenz darf nicht von der Zustimmung einer anderen Person abhängig sein. Eine Beschränkung der Personalkompetenz im Innenverhältnis kann sich dabei sowohl aus dem eigentlichen Vertragswerk zwischen Arbeitgeber und Angestellten, wie auch aus organisatorischen Vorgaben des Unternehmens ergeben.

Vorliegend war dem Personalleiter die Berechtigung zur alleinigen und selbständigen Einstellung und Kündigung von Mitarbeitern und Teamassistenten eingeräumt. Es fehlt jedoch die erforderliche Selbständigkeit im Innenverhältnis, weil dem Einrichtungshausleiter eine identische Berechtigung eingeräumt ist und dieser unmittelbarer Vorgesetzter des Personalchefs ist. Mit der zutreffenden Rspr. des BAG ( Beschluss vom 16.04.2002, 1 ABR 23/01) ist davon auszugehen, dass eine uneingeschränkte Befugnis zur Einstellung und Entlassung bei einem Vorgesetzten des Personalleiters dafür spricht, dass die Vorgesetztenfunktion auch das Recht umfasst, den Personalchef hinsichtlich der Einstellung und/oder Entlassung von Arbeitnehmern anzuweisen.

Der Personalchef war auch nicht leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG.

Nach § 5 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 ist leitender Angestellter, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebes von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn die Entscheidung im Wesentlichen frei von Weisungen getroffen oder maßgeblich beeinflusst werden.

§ 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG muss dabei immer im Lichte von Nr. 1 und 2 gesehen werden und ist insbesondere kein Auffangtatbestand. Durch die Vorgesetzteneigenschaft des Einrichtungsleiters fehlt es bereits daran, dass der Personalchef zumindest Voraussetzungen schafft, an denen die Unternehmensleitung schlechterdings nicht vorbei gehen kann.  

Mitbestimmung bei Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes ( BAG 18.03.2014, 1 ABR 73/12)

Das BAG hat entschieden, dass der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitzubestimmen hat, wenn der Arbeitgeber zur Planung und Durchführung erforderlicher Maßnahmen des Arbeitsschutzes nach § 3 Abs. 2 ArbGG eine geeignete Organisation aufzubauen und ausgewählten Arbeitnehmern hierbei näher bezeichnete Aufgaben zu übertragen beabsichtigt.

Die Arbeitgeberin betreibt ein Unternehmen, das sich u.a. mit der Installation und der Wartung von Aufzügen befasst. Mit Schreiben vom 16.09.2010 übertrug sie in ihrem Hamburger Betrieb ihr obliegende Pflichten des Arbeitsschutzes für die gewerblichen Arbeitnehmer auf die dort beschäftigten Meister. Zugleich gab sie diesen auf, die entsprechenden Aufgaben und Verantwortlichkeiten auf die ihnen unterstellten Mitarbeiter mit Vorgesetztenstellung zu delegieren. Den Betriebsrat beteiligte sie hierbei nicht. Dieser hat geltend gemacht, er habe bei der Schaffung einer Organisation zum betrieblichen Arbeitsschutz mitzubestimmen.

Hinweis:

Der Betriebsrat kann einen allgemeinen Antrag auf Feststellung seines Mitbestimmungsrechts stellen, wenn er eine Klärung für ünftig zu erwartende, vergleichbare Fälle begehrt. Handelt es sich bei der Übertragung der Unternehmerpflichten um eine Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegende Maßnahme, könnte der Betriebsrat verlangen, an der noch fortgeltenden Übertragung beteiligt zu werden und gemeinsam eine – eventuell abweichende – Regelung zu verlangen.

Nach Auffassung des BAG hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG der Betriebsrat bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber diese aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Rahmenvorschrift zu treffen hat und ihm bei der Gestaltung Handlungsspielräume verbleiben. Das Mitbestimmungsgesetz setzt ein, wenn eine gesetzliche Handlungspflicht objektiv besteht und wegen Fehlens einer zwingenden Vorgabe betriebliche Regelungen verlangt, um das vom Gesetz vorgegebene Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutz zu erreichen.

Es geht dabei um eine Maßnahme, die dazu dient, die psychische und physische Integrität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erhalten, der arbeitsbedingten Beeinträchtigungen ausgesetzt ist, die zu medizinisch feststellbare Verletzungen oder Erkrankungen führen oder führen können, wobei auch vorbeugende Maßnahme erfasst werden. Mit „Organisation“ im Sinne dieser Regelung ist die Ablauf- und Aufbauorganisation des betrieblichen Gesundheitsschutzes gemeint. Das bedeutet, dass es um die Regelung von Zuständigkeiten und Arbeitsabläufen geht. Mit unkoordinierten Einzelmaßnahmen lässt sich eine derartige Organisation nicht verwirklichen, vielmehr muss es ein Konzept für die Umsetzung der Aufgaben durch Personen und in geregelten Ablaufbahnen geben.

Mit dem Schreiben vom 16.09.2010 habe die Arbeitgeberin eine zur Durchführung des betrieblichen Arbeitsschutzes geeignete Organisation mit näher bezeichneten Aufgaben und Verantwortlichkeiten geschaffen. Hierfür schreibe das Arbeitsschutzgesetz dem Arbeitgeber kein bestimmtes Modell vor. Es bestimme lediglich einen Rahmen für die Entwicklung einer an den betrieblichen Gegebenheiten ausgerichteten Organisation. Die hierdurch eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten unterliegen der Mitbestimmung des Betriebsrats.

Praktikantenvertrag – Arbeitsvertrag ( LAG Berlin-Brandenburg v. 22. Mai 2014, Aktz.: 18 Sa 290/14)

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren, die vereinbarte Befristung wirksam ist und ob der Kläger Anspruch auf Vergütung gemäß Vergütungsgruppe A des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern ( TVK) hat. 

Der Kläger betrieb ein Musikstudium und war vom 16. August 2012 befristet bis zum 15. August 2013 im Staatsorchester tätig. Grundlage der Tätigkeit war eine als Praktikantenvertrag bezeichnete Vereinbarung.

Sowohl nach Auffassung des Arbeitsgerichts Frankfurt als auch des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg war das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren.

Grundsätzlich handelt es sich bei einem Praktikum um den zwingenden Bestandteil einer Gesamtausbildung oder einer Zulassungsvoraussetzung ( BAG, Urteil vom 5. August 1965, 2 AZR 439/64). Ein Praktikum in einem Sinfonieorchester ist im Rahmen des vom Kläger belegten Diplomstudiengang nicht erforderlich.    

Selbst wenn man annimmt, es stünde den Parteien aufgrund der ihnen zukommenden Privatautonomie frei, auch außerhalb von Ausbildungs- oder Studienordnungen Praktika zu vereinbaren, sei gleichwohl vorliegend von einem Arbeitsverhältnis auszugehen.

Der Kläger habe in persönlicher Abhängigkeit für die Beklagte fremdbestimmte Dienste geleistet. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Parteien ihr Vertragsverhältnis als Praktikum bezeichneten.

Das LAG führt aus, dass die beklagte Stadt keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen hat, denen der Fortbildungs- bzw. Ausbildungscharakter der Tätigkeit zu entnehmen gewesen wäre. Vielmehr sei der Kläger bei Würdigung des Vorbringens der Parteien tatsächlich behandelt worden wie ein „normaler“ Orchestermusiker auf der Stelle des stellvertretenden Solotrompeters. Weder die Zahl noch die Art der Einsätze unterschied sich von Einsätzen der sonstigen Orchestermusiker. Der Kläger war vollständig in das Orchester eingegliedert worden und in den Dienstplan eingeteilt. Ein Fortbildungsplan, der Einsätze oder Tätigkeiten ausgerichtet an Fortbildungs- oder Ausbildungszielen vorsah, ist, obwohl ein solcher vertraglich vorgesehen war, tatsächlich nicht erstellt worden. Der Kläger hat seine Arbeit überwiegend selbständig gemacht. Als Praktikant wäre er tätig gewesen, wenn er seine Arbeit unter Anleitung erbracht hätte. 

Dem Landesarbeitsgericht hat insoweit ein etwaiges Ablehnungsrecht und die Absprache mit dem Mentor über geeignete Stücke für die Annahme eines Praktikantenverhältnisses nicht als ausreichend bezeichnet.

Das Arbeitsgericht führte zudem aus, dass die Vereinbarung einer dreimonatigen Probezeit ein typischer Bestandteil eines Arbeitsverhältnisses sei. Dem Kläger traf die Pflicht nach § 7 des Praktikantenvertrages den Anweisungen der Orchesterleitung nachzukommen. Für ihn galt die Pflicht zur Beantragung von Nebentätigkeiten, § 6. Ebenso spräche gegen ein Praktikum die vereinbarte Dauer für ein Jahr. Insoweit stelle sich die Frage, inwieweit hier ein Ausbildungszweck für die Gesamtdauer von einem Jahr im Vordergrund gestanden haben soll. Die Beklagte habe in ihrem Vortrag nicht erkennen lassen, dass beim Kläger Qualifikationsdefizite bestanden hätten, die im Rahmen des Ausbildungskonzeptes hätten beseitigt werden sollen.

Da es für die Befristung entsprechend eines sachlichen Grundes fehlte, der es nach § 3 TVK bedarf, erweist sich diese als unwirksam. Aufgrund der rechtlichen Qualifizierung des Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis hat der Kläger einen Anspruch auf Eingruppierung nach § 17 TVK.

 

Erholungsurlaub bei unbezahltem Sonderurlaub ( BAG 06.05.2014, 9 AZR 678/12)

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Abgeltung von 15 Tagen gesetzlichen Urlaub aus dem Jahr 2011.

Auf Antrag der Klägerin gewährte die Beklagte ihr gemäß des einschlägigen Tarifvertrages Sonderurlaub unter Fortfall des Entgelts vom 1. Januar 2011 zunächst bis zum 30. Juni 2011 und später bis zum 30. September 2011. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Kündigung der Klägerin mit Ablauf des 30. September 2011.

In § 26 Abs. 2 Buchst. c TV-Charité war geregelt:

„ Ruht das Arbeitsverhältnis, so vermindert sich die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen Zusatzurlaubs für jeden vollen Kalendermonat um ein Zwölftel.“

Das BAG hat entschiedenen, dass der Klägerin ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung zusteht.

Für das Entstehen des Urlaubanspruchs ist nach dem Bundesurlaubsgesetz allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Voraussetzung. Der Urlaubsanspruch nach §§ 1, 3 BUrlG steht nicht unter der Bedingung, dass der Arbeitnehmer im Bezugsraum eine Arbeitsleistung erbracht hat. Der Senat hat bereits entscheiden, dass auch dann Urlaubsansprüche entstehen, wenn das Arbeitsverhältnis ruht und das Ruhen des Arbeitsverhältnisses darauf zurückzuführen ist, dass der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen seine Verpflichtung zur Arbeitsleistung nicht erfüllen kann. Nicht anderes gilt, wenn die Arbeitsvertragsparteien das Ruhen des Arbeitsverhältnisses wegen eines vom Arbeitnehmer beantragten Sonderurlaubs vereinbaren.

Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien das Ruhen des Arbeitsverhältnisses und damit die Suspendierung der wechselseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis, wird kein Teilzeitarbeitsverhältnis iSv. § 2 Abs. 1 TzBfG mit einer Arbeitszeit „null“ begründet mit der Folge das eine entsprechende Kürzung des Urlaubsanspruchs erfolgen kann.

Da nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BurlG in Tarifverträgen nicht von den §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 BUrlG abgewichen werden kann, hat sich trotz des Ruhens des Arbeitsverhältnisses der Parteien von Januar 2011 der gesetzliche Urlaubsanspruch der Klägerin für das Jahr 2011 nicht gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. c TV-Charité vermindert. Die in der Tarifvorschrift geregelte Verminderung des gesetzlichen Urlaubs lässt § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nicht zu, sodass die Bestimmung insoweit unwirksam ist.

Tat- und Verdachtskündigung ( BAG v. 21.11.2013, Aktz.: 2 AZR 797/11) – Videoüberwachung

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung der Beklagten.

Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen. Die Klägerin war bei ihr seit 1991 beschäftigt, zuletzt im Getränkemarkt des Einkaufsmarkts G tätig. Maßgebend für den Kündigungsentschluss der Beklagten war, dass die Klägerin entgegen eindeutigen Vorgaben Geld, das entweder ihr – der Beklagen – oder ihren Kunden zustand, in einem Plastikbehälter neben der Kasse im Getränkemarkt aufbewahrte, und der damit in Zusammenhang stehende Verdacht, aus diesem Behälter gelegentlich Geld für eigene Zwecke entnommen zu haben.

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund deren dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Als wichtiger Grund „an sich“ geeignet sind nicht nur erhebliche Pflichtverletzungen im Sinne von nachgewiesenen Taten. Auch der dringende, auf objektive Tatsachen gestützte Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund bilden. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar (zu den Voraussetzungen vgl. nur BAG 25.10.2012 – 2 AZR 700/11). Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung oder eines dahingehenden Verdachts jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen.

Das BAG bestätigt die Entscheidung des LAG, wonach im Rahmen der Interessenabwägung insbesondere ein lediglich geringfügiger Schaden sowie die beanstandungsfreie Tätigkeit von 18 Jahren zu berücksichtigen sei. Das BAG widerspricht jedoch dem LAG, dass die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung gerechtfertigt sein.

Eine Verdachtskündigung ist auch als ordentliche Kündigung sozial nur gerechtfertigt, wenn Tatsachen vorliegen, die zugleich eine außerordentliche, fristlose Kündigung gerechtfertigt hätten. Dies gilt zum einen für die Anforderungen an die Dringlichkeit des Verdachts als solchen. In dieser Hinsicht bestehen keine Unterschiede zwischen außerordentlicher und ordentlicher Kündigung. Für beide Kündigungsarten muss der Verdacht gleichermaßen erdrückend sein. Dies gilt zum anderen für die inhaltliche Bewertung des fraglichen Verhaltens und die Interessenabwägung. Auch im Rahmen von § 1 Abs. 2 KSchG müssen sie zu dem Ergebnis führen, dass das Verhalten, dessen der Arbeitnehmer verdächtig ist, - wäre es erwiesen – sogar eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen würde. Ist der Arbeitnehmer eines Verhaltens verdächtig, dass selbst als erwiesenes nur eine ordentliche Kündigung zu stützen vermöchte, ist dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses deshalb trotz des entsprechendes Verdachts zuzumuten. Ein pflichtwidriges Verhalten ist – wie stets bei der Verdachtskündigung – nicht erwiesen und der bloße Verdacht auf ein lediglich die ordentliche Kündigung rechtfertigendes Verhalten führt nicht zu einem Eignungsmangel.

Dem Senat ist eine abschließende Entscheidung jedoch nicht möglich, die Sache wurde an das LAG zurück verwiesen.

Auch wenn die Beklagte neben dem Führen der „Klüngelgeld-Kasse“ als solchem nur den Verdacht auf die rechtswidrige Zueignung von Geldstücken als Kündigungsgrund in den Prozess eingeführt hat, ist das LAG nicht gehindert, aufgrund der objektiven Verdachtsumstände ggf. zu der Überzeugung zu gelangen, der Verdacht habe sich in der Weise bestätigt, dass die fragliche Pflichtwidrigkeit nachgewiesen sei. Wird die Kündigung mit dem Verdacht pflichtwidrigen Verhalten begründet, steht indessen zur Überzeugung des Gerichts die Pflichtwidrigkeit tatsächlich fest, lässt dies die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Kündigung unberührt. Maßgebend ist allein der objektive Sachverhalt, wie er sich dem Gericht nach Parteivorbringen und ggf. Beweisaufnahme darstellt.

Auch der Umstand, dass der Betriebsrat von der Beklagten nur zu einer beabsichtigten Verdachtskündigung gehört wurde, steht einer Wirksamkeit der Kündigung wegen eines nachgewiesenen Pflichtenverstoßes nicht notwendig entgegen. Dem Betriebsrat müssen nur sämtliche Umstände mitgeteilt worden sein, welche nicht nur den Tatverdacht, sondern zur möglichen Überzeugung des LAGs auch den Tatvorwurf begründen.        

Nicht berücksichtigen darf das LAG jedoch die Videoaufzeichnung als Beweismittel.

Eingriffe in das Recht des Arbeitnehmers am eigenen Bild durch heimliche Videoüberwachung und die Verwertung entsprechender Aufzeichnungen sind dann zulässig, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft sind, die verdeckte Videoüberwachung damit das praktisch einzig verbleibende Mittel darstellt und sie insgesamt nicht unverhältnismäßig ist.

Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme, für die verdeckte Beobachtung des Kassenbereichs habe ein hinreichender Anlass bestanden. Zwar war davon auszugehen, dass im ersten Halbjahr 2009 im Getränkemarkt Leergutdifferenzen iHv. insgesamt € 7.081,63 zu verzeichnen waren. Es ist weder dargetan noch festgestellt, durch welche konkreten Maßnahmen die Beklagte ausgeschlossen haben will, dass das Leergut nicht etwa aus dem Lager entwendet worden ist. Das Vorbringen lässt nicht erkennen, dass sie stichprobenartige Kontrollen ausreichend oft durchgeführt hätte. Es ist nicht deutlich, wie Fehlbuchungen aus Ursache ausgeschlossen wurden. Ist es nicht erkennbar, weshalb nicht stichprobenartige Überprüfungen der Menge des an der – einzigen – Leergutkasse abgegebenen Pfandguts und der jeweiligen Kassenabschlüsse zusammen mit Kontrollen der Mitarbeiter beim Verlassen des Arbeitsplatzes geeignete Maßnahmen hätten sein können.

Demnach handelt es sich um einen sog. Zufallsfund. Die heimliche Videoüberwachung ist jedoch zum Nachweis der Absicht, sich einige Münzen im Wert von Centbeträgen zuzueignen, schlechthin unverhältnismäßig.

 

 

Einstweilige Verfügung des Betriebsrats gegen bauliche Maßnahmen des Arbeitgebers (Hessische LAG v. 3.3.2014, Aktz.: 16 TaBVGa 214713)

Die Beteiligten streiten über die Unterlassung von Baumaßnahmen.

Durch eine bauliche Maßnahme soll der Zugang zum Betriebsratsbüro leicht verändert werden, indem die Einganstür einige Meter in Richtung Flur versetzt werde.

Der Betriebsrat ist der Auffassung, hinsichtlich der baulichen Veränderungen stehe ihm ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sowie aus § 78 BetrVG zu.

Das Hessische LAG hat das Arbeitsgericht bestätigt und einen Unterlassungsanspruch abgelehnt.

Der Unterlassungsanspruch rechtfertigt sich nicht daraus, dass die Änderung des Zugangs zur Damentoilette nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig wäre. Danach sind Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb mitbestimmungspflichtig. So kann etwa die Aufstellung einer Benutzungsordnung für Wasch- und Umkleideräume nach dieser Vorschrift mitbestimmungspflichtig sein. Darum geht es hier nicht. Infolge der Baumaßnahme ändert sich lediglich der Zugang zum Betriebsratsbüro und damit mittelbar der Weg zur Damentoilette. Entsprechendes gilt in Bezug auf die Teeküche bzw. den Zugang zum Getränkeautomaten.

Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Wie der Arbeitgeber unwidersprochen vorgetragen hat, ist der gesamte Hallenbereich aufgrund gesetzlicher Vorgaben kameraüberwacht, was den Treppenaufgang zum Betriebsratsbüro einschließt. Dies war bisher auch schon so. Die streitgegenständliche Baumaßnahme steht daher in keinem ursächlichen Zusammenhang zu der Kameraüberwachung.

Die Baumaßnahme führt auch nicht zu einer Behinderung der Betriebsratsarbeit i.S.d. § 78 BetrVG. Der Begriff der Behinderung ist weit zu verstehen. Er umfasst jede unzulässige Erschwerung, Störung oder Verhinderung der Betriebsratstätigkeit. Indem sich der Weg vom Betriebsratsbüro zur Damentoilette aufgrund der Baumaßnahme verlängert, wird die Betriebsratsarbeit als solche nicht behindert. Eine solche kann auch nicht darin gesehen werden, dass das angrenzende Büro nun betrieblich genutzt werden soll. Das berechtigte Interesse des Betriebsrats an einer Vertraulichkeit seiner Besprechungen im Betriebsratsbüro ist durch die Errichtung einer schalldichten Wand zum Nachbarbüro ausreichend gewahrt.

Der Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus § 40 Abs. 2 BetrVG. Danach hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat im erforderlichen Umfang Räume zur Verfügung zu stellen. Die Auswahl der dem Betriebsrat zur Verfügung zu stellenden Räume obliegt dem Arbeitgeber als Betriebsinhaber. Aufgrund seiner Eigentümerstellung an den Betriebsmitteln (Art. 14 GG) ist der Arbeitgeber zu Umbaumaßnahmen an Betriebsräumen, zu denen auch das Betriebsratsbüro gehört, berechtigt. Dem Betriebsrat kann über § 40 Abs. 2 BetrVG bei nicht hinnehmbaren Beeinträchtigungen allenfalls ein Anspruch auf Zuteilung neuer Räume zustehen.    

Urlaubsgeld – gekündigtes Arbeitsverhältnis – AGB-Kontrolle ( BAG, Urteil v. 22.07.2014, Aktz.: 9 AZR 981/12)

Die Parteien streiten über Urlaubsgeld. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete aufgrund einer Kündigung der Beklagten und ein hiernach geschlossenen Vergleich zum 30.9.2011.

Die Klägerin beansprucht das arbeitsvertragliche Urlaubsgeld für 30 Urlaubstage.  

Der Arbeitsvertrag enthält folgende Formulierung:

„§ 6 Bezüge

4. Weiterhin erhält der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin pro genommenen Urlaubstag ein Urlaubsgeld von 2,4 % des monatlichen Bruttogeldes. Das Urlaubsgeld wird am Monatsende ausgezahlt. Voraussetzung des Urlaubsgeldes ist ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis.

5. Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld sind ausdrücklich freiwillige Leistungen der Firma. Die Firma behält sich vor, diese Gratifikation jederzeit herabzusetzen oder ganz entfallen zu lassen.“

Die Klage wurde abgewiesen.

Nach Auffassung des BAG ist der Anspruchsausschluss für gekündigte Arbeitsverhältnisse nicht nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 iVm. Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Klägerin wird hierdurch nicht unangemessen benachteiligt.

Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

Es ist dem Arbeitgeber nicht schlechthin versagt, Sonderzahlung mit Bindungsklauseln zu versehen, solange die Zahlungen nicht (auch) Gegenleistung für schon erbrachte Arbeit sind. Es darf nicht bereits verdiente Arbeitsvergütung entzogen werden. Der Arbeitgeber hat allerdings die Möglichkeit, durch die Vereinbarung von Sonderzahlungen, die der Honorierung von Betriebstreue dienen, dem Arbeitnehmer deutlich zu machen, welchen Wert das Verbleiben im Arbeitsverhältnis für ihn darstellt. Der Arbeitnehmer seinerseits kann darüber entscheiden, ob er die Verdienstchancen bei einem Arbeitsplatzwechsel vorzieht oder die Treueprämie in Anspruch nehmen will.    

Vorliegend ergibt die Auslegung, dass das Urlaubsgeld nicht (auch) der Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen dient.

Die Abhängigkeit zwischen Urlaubsgewährung und Urlaubsgeld folgt aus § 6 Ziffer 4 Satz 1 des Arbeitsvertrages. Danach wird ein Urlaubsgeld pro genommenen Urlaubstag gezahlt. Dieser Zusammenhang verdeutlicht den arbeitsleistungsunabhängigen Charakter des Urlaubsgelds.

Befristeter Vertrag eines Rundfunkredakteurs ( BAG Urteil v. 04.12.2013, Aktz.: 7 AZR 457/12 )

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung eines Redakteurs. Befristungsgrund war die programmgestaltende Tätigkeit.

Das BAG hat die Befristung des Arbeitsvertrages nach § 14 I 1 TzBfG mit folgenden Orientierungssätzen als zulässig anerkannt:

1. Zu den von § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG erfassten Arbeitsverhältnissen, bei denen eine Befristung wegen der Art der Tätigkeit ohne Hinzutreten eines weiteren Sachgrundes vereinbart werden kann, zählen die Arbeitsverhältnisse der programmgestaltenden Mitarbeiter der Rundfunkanstalten. Das folgt aus der Notwendigkeit, bei der Auslegung des Begriffs des sachlichen Grundes i.S.d. § 14 Abs. 1 TzBfG die für die Rundfunkanstalten durch die Rundfunkfreiheit ( Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) gewährleisteten Freiräume bei der Wahl des Arbeitsvertragsinhalts zu berücksichtigen. Der Schutz des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG umfasst das Recht der Rundfunkanstalten, dem Gebot der Vielfalt der zu vermittelnden Programminhalte bei der Auswahl, Einstellung und Beschäftigung derjenigen Rundfunkmitarbeiter Rechnung zu tragen, die bei der Gestaltung der Programme mitwirken. Grundsätzlich schließt dies auch die Entscheidung darüber, ob ein Mitarbeiter fest oder nur für eine vorübergehende Dauer beschäftigt werden.

2. Die Deutsche Welle fällt in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG. Dass es sich bei ihr um eine Auslandsrundfunkanstalt handelt, ändert daran nichts. Sie ist kein - unzulässig errichteter – Staats- oder Regierungssender. Die Organisation der Deutschen Welle liegt weder vollkommen in der Hand des Staates noch ist ihr Programmauftrag auf die Verbreitung nur einer bestimmten Meinung gerichtet. Sie wird auch nicht in bundeseigener Verwaltung geführt und ist nicht Teil des Auswärtigen Dienstes.

3. Ist die Befristung des Arbeitsvertrags eines programmgestaltenden Mitarbeiters mit einer Rundfunkanstalt auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen, ist eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem Bestandsschutz des Arbeitnehmers und den bei Bejahung des Bestandschutzes zu erwartenden Auswirkungen auf die Rundfunkfreiheit vorzunehmen. Dazu sind die Belange der Rundfunkanstalt und des Arbeitnehmers im Einzelfall abzuwägen, wobei die Rundfunkanstalten die zur Erfüllung ihres Programmauftrags notwendige Freiheit und Flexibilität nicht genommen werden darf. Im Einzelfall kommt es insbesondere darauf an, mit welcher Intensität der betroffene Mitarbeiter auf das Programm der Rundfunk- und Fernsehanstalten Einfluss nehmen kann und wie groß die Gefahr im Falle eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ist, dass die Rundfunkanstalt nicht den Erfordernissen eines vielfältigen Programms und den sich künftig ändernden Informationsbedürfnissen und Publikumsinteressen gerecht werden kann. Dabei kann eine lang andauernde Beschäftigung ein Indiz dafür sein, dass bei einer Rundfunkanstalt kein Bedürfnis nach einem personellen Wechsel besteht.      

 

In der letzten LVM Anfang des Jahres berichteten wir über eine fristlose Kündigung aufgrund einer Beleidigung auf „Facebook“. Weitere Rechtsstreitigkeiten häufen sich, ArbG Dessau-Roßlau, 21.03.2012, VGH München 29.02.2012, ArbG Duisburg 26.09.2012, LAG Hamm 10.10.2012, ArbG Hagen 16.05.2012, BAG 10.12.2009-2 AZR 534/08 usw.. 

Die Nutzung von „Social Media“ betrifft verschiedene rechtliche Fragestellungen: von Grenzen der Nutzungsbefugnis, Arbeitgebereigentum über Wahrung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bis hin zur Gewährleistung der Meinungsfreiheit der Arbeitnehmer und dem Schutz des Persönlichkeitsrechts. Kommentare /Fotos/ Videos, die in sozialen Netzwerken wie Facebook, YouTube oder Twitter veröffentlicht werden, sind schnell verbreitet, schwer zu entfernen und können noch nach Jahren negative Auswirkungen haben. Während man früher auf die Presse angewiesen war, um öffentliche Aufmerksamkeit haben, kann dies heute praktisch jeder. Der Kommunikationsstil in sozialen Medien verleitet jedoch gerade zu besonders saloppen und drastische Äußerungen, denn nur diese erregen auch Aufmerksamkeit. Im Umfeld eines Arbeitsverhältnisses sind denkbar

Seite 2 von 6