Vorläufige personelle Maßnahmen: In diesen Fällen darf Ihr Betriebsrat nicht mitreden

Bis bei bestimmten personellen Einzelmaßnahmen im Sinne von § 99 Absatz 1 Satz 1 BetrVG (z.B. Einstellung) die einheitlich gesetzlich vorgeschriebene Zustimmung Ihres Betriebsrats vorliegt oder - bei Verweigerung der Zustimmung (§ 99 Absatz 3 Satz 1 BetrVG) - gar durch das Arbeitsgericht ersetzt ist (§ 99 Absatz 4 BetrVG) kann geraume Zeit vergehen. 

Vielfach werden Sie als Arbeitgeber aber mit einer geplanten personellen Maßnahme nicht so lange warten können. Das Betriebsverfassungsgesetz sieht daher vor, dass Sie bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen einzelne personelle Maßnahmen ausnahmsweise auch vorläufig vornehmen dürfen (§ 100 Absatz 1 Satz 1 BetrVG).  

 

Beispiel:

"Die vorläufige Einstellung"

Sie wollen mit der Einstellung von Bruno S. nicht so lange warten, bis das langwierige betriebsverfassungsrechtlich vorgeschriebene Beteiligungsverfahren abgeschlossen ist. Sie überlegen, ob Sie diesen bis dahin erst einmal vorläufig einstellen dürfen.

Folge:

In diesem Falle müssen Sie Ihren Betriebsrat neben der ohnehin gesetzlich gemäß § 99 Absatz 1 Satz 1 BetrVG vorgeschriebenen Unterrichtung auch noch darüber unterrichten, dass Sie Bruno S. deshalb vorläufig einstellen wollen, weil dies aus sachlichen Gründen dringend geboten ist (§ 100 Absatz 2 Satz 1 BetrVG).

Dies bedeutet, dass Sie bei einer von Ihnen geplanten personellen Maßnahme (z. B. Einstellung) nicht erst das bei personellen Einzelmaßnahmen im Sinne von § 99 Absatz 1 Satz 1 BetrVG zeitaufwendige Beteiligungsverfahren abwarten müssen und Sie bei Vorliegen sachliche Gründe die Möglichkeit haben, einzelne  personelle Maßnahmen ausnahmsweise auch vorläufig durchführen zu dürfen (§ 100 Absatz 1 Satz 1 BetrVG).  

Beispiel:

"Eilbedürftigkeit macht vorläufige Einstellung möglich"

Da Bruno S. bei Ihnen in einigen Monaten altersbedingt ausscheidet, wollen Sie hierfür einen Ersatz. Da Sie gerade einen großen Auftrag haben und die Position möglichst schnell besetzen müssen, planen Sie, seine Stelle vorläufig mit Wolfgang F. zu besetzen.

Folge:

Einstellungen gemäß § 99 Absatz 1 Satz 1 BetrVG werden ausdrücklich von § 100 Absatz 1 Satz 1 BetrVG als mögliche personelle Einzelmaßnahme erfasst. Da die Maßnahme eilbedürftig ist, können Sie daher Wolfgang F. grundsätzlich erst einmal vorläufig einstellen.

Gemäß § 100 Absatz 1 Satz 1 BetrVG können Sie also als Arbeitgeber einzelne personelle Einzelmaßnahmen im Sinne des § 99 Absatz 1 Satz 1 BetrVG ausnahmsweise vorläufig durchführen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen.

Wichtiger Hinweis: 

Der Betriebsrat kann dieser vorläufigen Einstellung zustimmen. Dann können Sie als Arbeitgeber den Arbeitnehmer so lange - vorläufig - beschäftigen, bis entweder Ihr Betriebsrat der endgültigen Einstellung zustimmt oder das Arbeitsgericht die Zustimmung rechtskräftig ersetzt (§ 99 Absatz 4 BetrVG).

Beachte:

Als Arbeitgeber müssen Sie also beachten, dass auf das grundsätzliche Zustimmungserfordernis des Betriebsrats vor Durchführung der Maßnahme nur bei einzelnen personellen Einzelmaßnahmen (§ 99 Absatz 1 Satz 1 BetrVG) "verzichtet" werden kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind hierbei rechtssicher vorläufige personelle Maßnahmen gemäß § 100 Absatz 1 Satz 1 BetrVG nur bei Einstellungen und Versetzungen (§ 99 Absatz 1 Satz 1 BetrVG) möglich. Nicht hingegen von § 100 Absatz 1 Satz 1 BetrVG erfasst sind hingegen Ein- und Umgruppierungen gemäß § 99 Absatz 1 Satz 1 BetrVG (BAG, Urteil vom 27.01.1987 in AP Nr. 42 zu § 99 BetrVG 1972).

Beispiel:

"Vorläufige Eingruppierung unmöglich"

Sie wollen Bruno S. gern von einer höheren in eine niedrigere Vergütungsgruppe "umgruppieren" und wollen nicht auf die Zustimmung des Betriebsrats warten.

Folge:

Ebenso wie bei der Eingruppierung benötigen Sie auch bei der Umgruppierung die Zustimmung des Betriebsrats und dürfen diese nicht vorläufig gemäß § 100 BetrVG durchführen.

Dies bedeutet, dass Sie weder eine Eingruppierung noch eine Umgruppierung rechtssicher vorläufig durchführen können und dazu verpflichtet sind, das hierfür gesetzlich zwingend vorgeschriebene Beteiligungsverfahren durchzuführen (§ 99 Absatz 1 Satz 1 BetrVG). 

Wichtiger Hinweis:

In Betrieben, die in der Regel nicht mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer (so genannte Kleinbetriebe) haben, darf der Betriebsrat überhaupt nicht mitreden. Das heißt, dass Sie bei der Einstellung und Versetzung sowie bei der Ein- und Umgruppierung völlig "frei" sind.

Arbeitgeber-Tipp:

Bei tendenzbedingten Einstellungen und Versetzungen brauchen Sie als Arbeitgeber aufgrund des § 118 BetrVG nicht die Zustimmung des Betriebsrats. Der Betriebsrat ist aber nach § 99 Absatz 1 zu informieren. Er hat dann eine Woche Zeit, Stellung zu nehmen. Erst nach Ablauf dieser Zeit dürfen Sie als Arbeitgeber die personelle Einzelmaßnahme endgültig durchführen (BAG, Urteil vom 01.09.1987 in EzA § 118 BetrVG 1972 Nr. 40; BAG, Urteil vom 08.05.1990 in AP Nr. 46 zu § 118 BetrVG 1972)

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