Abmahnungen sind bei Pflichtverletzungen auch im Orchesterbereich oft der erste Schritt sich von einem Orchestermusiker zu trennen. Deshalb sind sie ein Mittel, mit dem Sie sehr sorgfältig und vorsichtig umgehen sollten. Schließlich soll die Abmahnung Ihrem Orchestermusiker verdeutlichen, dass es seine letzte Chance ist, seinen Arbeitsplatz zu behalten. Wichtig für Sie als Arbeitgeber ist daher, dass Sie die allgemeinen Grundregeln der Abmahnung beherrschen. Orchestermusiker, die unzuverlässig oder ständig aufmüpfig sind, spielen mit ihrem Job. Aber vor einer Kündigung ist in der Regel eine Abmahnung - die "gelbe Karte" des Arbeitsrechts - notwendig.
Mit der Abmahnung geben Sie als Arbeitgeber zum Ausdruck, dass Sie ein bestimmtes Verhalten Ihres Musikers missbilligen, verbunden mit dem Hinweis, dass im Wiederholungsfall der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist.
Die wichtigsten Funktionen einer Abmahnung sind die Warn- und Androhungsfunktion. Ihrem Musiker soll also eindringlich vor Augen geführt werden, dass Sie als Arbeitgeber einerseits nicht bereit sind, ein bestimmtes Verhalten hinzunehmen, und Sie andererseits jetzt mit Konsequenzen drohen.
Beispiel: |
Verspätete Krankmeldungen:
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Konsequenz: |
Auch hier können Sie Herrn Sonnenschein abmahnen. In der Abmahnung müssen Sie ausdrücklich darauf hinweisen, dass Sie sein Verhalten nicht mehr hinnehmen werden. Weisen Sie Herrn Sonnenschein auch darauf hin, dass er sich zukünftig arbeitsvertraglich korrekt verhalten soll. Die besonderen Anzeige- und Nachweispflichten für Kulturorchestermitglieder sind hierbei ausdrücklich in § 29a TVK benannt. Außerdem müssen Sie Herrn Sonnenschein darauf hinweisen, dass ihm im Wiederholungsfall arbeitsvertragliche Konsequenzen drohen(Kündigung). Mit jeder Abmahnung geben Sie als Arbeitgeber zu erkennen, dass Sie das abgemahnte Verhalten Ihres Musikers noch nicht für eine Kündigung ausreichend ansehen. Trotzdem muss Ihr Abmahnungsschreiben eine Kündigungsandrohung (=Androhungsfunktion) enthalten, um die Ernsthaftigkeit Ihres Entschlusses zu dokumentieren. Da sie oftmals den ersten Schritt zur Trennung von einem Mitarbeiter darstellt, sollte von ihr nur nach sorgfältiger Prüfung Gebrauch gemacht werden. Schließlich besteht ihr Zweck darin, dem Mitarbeiter zu verdeutlichen, dass er nur bei umgehender Änderung seines Verhaltens die Chance hat, seinen Arbeitsplatz zu behalten. Im Beispiel zuvor sollten Sie also Herrn Sonnenschein unbedingt in Ihrer Abmahnung darauf hinweisen, dass Sie im Wiederholungsfalle eine Kündigung aussprechen werden. Nur so erfüllen Sie auch tatsächlich die Androhungsfunktion einer Abmahnung. Darüber hinaus hat eine Abmahnung eines Dokumentationsfunktion. Sie ist auch dazu bestimmt, ein konkretes Fehlverhalten Ihrer Mitarbeiter zu dokumentieren.
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Wichtiger Hinweis! |
Als Arbeitgeber steht Ihnen kein Anscheinsbeweis für die Richtigkeit des abgemahnten Verhaltens zur Seite. Als Arbeitgeber dürfen Sie sich also nach Ausspruch nicht auf der "sicheren Seite" wiegen. Denn auch dann, wenn sich dieser nicht gegen die Abmahnung vorgeht, heißt dies noch lange nicht, dass er das ihm gegenüber beanstandete Fehlverhalten auch tatsächlich eingesteht. Er kann sogar eine Abmahnung in einem späteren Kündigungsschutzprozess als ungerechtfertigt wirksam angreifen. |
Zu einer Abmahnung berechtigt sind nicht nur die kündigungsberechtigten Personen eines Theater- oder Orchesterbetriebes (z.B. Intendant oder Generalmusikdirektor), sondern alle Mitarbeiter, die nach ihrer Aufgabenstellung befugt sind, Anweisungen wegen
Bei der Abmahnung sollten Sie als Arbeitgeber unbedingt bestimmte formale Voraussetzungen erfüllen, um nicht die Unwirksamkeit der Abmahnung zu riskieren.
Deshalb müssen Sie bei der Abmahnung unbedingt folgende 3 Voraussetzungen im Auge behalten:
Sie müssen darauf achten, dass Sie das beanstandete Verhalten des Musikers stets präzise bezeichnen. Zwingend erforderlich sind dabei die Angaben über
Achten Sie darauf, dass die Abmahnung das beanstandete Verhalten oder den Leistungsmangel des Musikers eindeutig und bestimmt missbilligt. Fordern Sie den Musiker in der Abmahnung auf, zukünftig seine arbeitsvertragliche Verpflichtungen einzuhalten. Eine solche Aufforderung können Sie beispielsweise wie folgt formulieren:
Für den Inhalt der Abmahnung von entscheidender Bedeutung ist, dass hierin die Gefährdung des Bestands des Arbeitsverhältnisses bei unverändertem Beibehalten des beanstandeten Verhaltens deutlich wird. Ohne eine solche unmissverständliche Ankündigung ist nämlich Ihre Abmahnung wertlos und kann bestenfalls als Verweis oder Ermahnung bewertet werden. Folgende Formulierung können Sie zum Beispiel verwenden:
Als Arbeitgeber sind Sie aufgrund arbeitsvertraglicher Verpflichtungen gehalten, auf das Wohl und Interessen Ihrer Mitarbeiter zu achten. Hierzu gehört auch, dass der von einer Abmahnung betroffene Mitarbeiter Gelegenheit erhält, zu dem ihm vorgeworfenen Sachverhalt Stellung zu nehmen. Bei Abmahnungen von Musikern dürfen Sie nicht vergessen, dass die Tarifvertragsparteien im TVK ein solches Recht zur Stellungnahme des Musikers vor Ausspruch der Abmahnung sogar ausdrücklich tarifvertraglich verankert. Beispiel: Zu spät - Anhörung des Musikers ein Muss Frau Möller, eine Kulturorchestermusikerin, ist erneut zur Probe zu spät gekommen. Weil Sie sich über Frau Möller wegen deren Arbeitseinstellung schon lange ärgern, wollen Sie diese erst gar nicht anhören und gleich abmahnen.
Grundsätzlich gibt es bei Abmahnungen keine sogenannte Regelausschlussfrist, innerhalb derer sie von Ihnen bei Pflichtverstößen von Musikern erklärt werden muss. Es steht also in Ihrem Belieben als Arbeitgeber, wann Sie eine Abmahnung aussprechen. Trotzdem sollten Sie sich bei Abmahnungen nicht zu viel Zeit lassen. Abmahnungen sollten am besten in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der beanstandeten Pflichtwidrigkeit ausgesprochen werden.
Wenn Sie eine Abmahnung ausgesprochen haben, sollten Sie andererseits auch daran denken, dass die zeitliche Wirkung einer Abmahnung begrenzt Zwar besteht hier bei Musikern keine Regelfrist, dennoch kann sie durch Zeitablauf wirkungslos werden.
Sie sollten immer daran denken, dass eine Abmahnung nur dann wirksam wird, wenn ihr Adressat, das heißt der Mitarbeiter, von ihr auch Kenntnis nehmen kann. Ohne einen solchen Zugang bei Ihrem Musiker ist die Abmahnung unwirksam. Beispiel: Nichts gehört - nicht zugegangen Ihr Musiker, Herr Martens, ist zu wiederholten Mal zu spät zu den eingeteilten Diensten gekommen. In der lauten Kantine werfen Sie ihm sein Verhalten vor und drohen ihm arbeitsrechtliche Konsequenzen an, falls sich dieses Verhalten wiederholen sollte. Später beruft sich Herr Martens darauf, dass er wegen des Lärms in der Kantine kein Wort verstehen konnte.
Der Musiker in Ihrem Orchester kann sich selbstverständlich gegen eine Abmahnung wehren. Er kann zunächst eine Gegendarstellung oder Erklärung zu dem ihm vorgeworfenen Sachverhalt erstellen. Dieses Recht eines Mitarbeiters ist in § 83 Abs. 2 BetrVG ausdrücklich geregelt. Die Gegendarstellung ist ebenso wie die Abmahnung in der Personalakte zu verwahren (§ 83 Abs. 2 BetrVG). Die Gegendarstellung verfolgt den Zweck, die Personalakte um die Auffassung des Arbeitnehmers zu ergänzen bzw. gegen den Arbeitnehmer erhobenen Vorwürfe richtig zu stellen. Hieraus kann sich die Notwendigkeit ergeben, dass Sie als Arbeitgeber in einem möglichen späteren Kündigungsschutzprozess beweisen müssen, dass Ihre Abmahnung berechtigt war.
Bei Dienstpflichtverletzungen durch Orchestermusiker müssen Sie als Arbeitgeber beachten, dass es neben dem arbeitsvertraglichen Instrumentarium des Arbeitgebers im TVK noch ein tarifvertragliches Ordnungsrecht gibt. Dieses spezielle Ordnungsrecht gibt insbesondere den im Orchester gebildeten Interessenvertretungen (Orchestervorstand) in künstlerischen Angelegenheiten das Recht Verstöße gegen die betriebliche Ordnung selbst durch Verwarnungen zu sanktionieren. Nach § 56 TVK i.V.m. § 5 Abs. 3 TV-Orchestervorstand ist neben Ihnen als Arbeitgeber auch der jeweilige Orchestervorstand berechtigt und verpflichtet Verstöße gegen die dienstlichen Verpflichtungen der Musiker zu verfolgen. Die Ausgestaltung dieses Ordnungsrechts ist in den §§ 6-8 TV-Orchestervorstand enthalten.
Bevor Sie Ihre Abmahnung aushändigen, sollten Sie unbedingt überprüfen, ob sie folgende notwendige Inhalte aufweist:
1. Dokumentationszweck Erfüllt Ihre Abmahnung alle notwendigen Angaben über Datum (möglichst Uhrzeit), beanstandetes Verhalten (ggf. beteiligte Personen, Zeugen bzw. andere Beweismittel) ?
2. Warnzweck Haben Sie in der Abmahnung das Fehlverhalten präzise benannt und enthält die Abmahnung Hinweise auf konkrete verletzte arbeitsvertragliche Pflichten?
3. Androhungszweck Haben Sie in der Abmahnung auch arbeitsrechtliche Konsequenzen, d.h. die Kündigung angedroht (sehr wichtig!)?
4. Zugang Hat Ihr Mitarbeiter (Musiker) den Erhalt der Abmahnung bestätigt (ggf. Übergabe unter Zeugen)?
5. Ablage in der Personalakte Abmahnungen sind wichtige Dokumente in einem Arbeitsverhältnis, so dass Sie diese sorgfältig aufbewahren sollten.