Bei den Inhalten von Beendigungsvereinbarungen mit Abfindungsregelung gilt zwar die Vertragsfreiheit, d.h. Sie können Abfindungsregelungen immer frei mit Ihrem Mitarbeiter verhandeln. Gleichwohl empfiehlt es sich, Ihre Mitarbeiter hier nicht nur über die sperrzeitrechtlichen Folgen, sondern auch noch über die sonstigen sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen einer verspäteten Meldung bei der Bundesagentur für Arbeit nach Ausscheiden aus Ihrem Betrieb aufzuklären. 

 

Beispiel:

"Belehrung bei Kündigung empfehlenswert"

Sie überlegen, ob Sie im Aufhebungsvertrag auch eine Klausel aufnehmen sollen, die Ihren Mitarbeiter über seine Verpflichtung gegenüber der Bundesagentur für Arbeit belehrt, sich unverzüglich bei dieser arbeitssuchend zu melden.

Folge:

Gem. § 2 Absatz 2 Nr. 2 SGB III "soll" der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über die Verpflichtung unverzüglicher Meldung bei der Agentur für Arbeit (§ 37 b SGB III) informieren.

In einer Belehrungsklausel sollten Sie daher Ihren Mitarbeiter bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages über diese Verpflichtung, sich bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden, im Rahmen eines Aufhebungsvertrages aufklären. Dabei sollten Sie Ihren Mitarbeiter besonders darauf hinweisen, dass er als Arbeitnehmer verpflichtet ist, spätestens drei Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. 

Muster:

Rechtliche Hinweise auf sozialversicherungsrechtliche Nachteile:

"Der Arbeitnehmer wurde darauf hingewiesen, dass der Abschluss dieses Aufhebungsvertrages zu sozialversicherungsrechtlichen Nachteilen, insbesondere zur Verhängung einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe durch die Agentur für Arbeit und damit zu einem Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für maximal 12 Wochen und zu einer Minderung der Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeldes führen kann. Der Arbeitnehmer wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass verbindliche Auskünfte über sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen dieser Vereinbarung nur die Sozialversicherungsträger und die zuständige Agentur für Arbeit erteilen. Hinsichtlich der steuerrechtlichen Folgen dieser Vereinbarung kann verbindliche Auskünfte nur die zuständige Agentur für Arbeit erteilen."

Wichtiger Hinweis:

Zwar führt eine Verletzung dieser Vorschrift nicht zu einem Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber. Ein Meldeversäumnis oder eine verspätete Meldung hat jedoch für Ihren Arbeitnehmer in der Regel negative Folgen und führt gemäß § 144 Absatz 4 SGB III zu einer Sperrzeit von einer Woche. Diese Sperrzeit tritt aber nur ein, wenn der Arbeitnehmer zumindest fahrlässig gehandelt hat. Sie scheidet daher aus, wenn er sich aufgrund unverschuldeter Rechtskenntnis nicht innerhalb des objektiv gebotenen Zeitraums gemeldet hat.

Muster:

Belehrungsklausel / Hinweis nach § 37 b SGB III:

"Der Mitarbeiter bestätigt, dass er/sie über etwaige sozialversicherungsrechtliche Nachteile belehrt und hierüber der Sozialversicherungsträger verbindlich entscheidet, der zur Erteilung von Auskünften berufen und verpflichtet ist.

Der Mitarbeiter wird darauf hingewiesen, dass er als Arbeitnehmer verpflichtet ist, sich spätestens drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitraums zu erfolgen. Bei nicht rechtzeitiger persönlicher Meldung muss der Arbeitnehmer mit einer Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld rechnen. Weiterhin ist der Mitarbeiter verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen."

Um einen Verstoß gegen Ihre Aufklärungspflichten rechtssicher zu vermeiden, sollten Sie als Arbeitgeber im Rahmen von Beendigungsvereinbarungen mit Abfindungsregelungen unbedingt auch noch daran denken, den Anlass der Beendigung (Kündigung) sowie auch den Zeitpunkt der Beendigung unter Hinweis auf die eingehaltene Kündigungsfrist klar und unmissverständlich zu bezeichnen. Diese Vorgehensweise empfiehlt sich vor allen Dingen dann, wenn Sie einen Aufhebungsvertrag mit Abfindungsregelung außergerichtlich ohne Ausspruch einer Kündigung vereinbaren wollen. Ratsam ist hier, in einer Vorbemerkung zum Aufhebungsvertrag (Präambel) folgendes zu vereinbaren:

Muster:

Vorbemerkungen bei Abfindungsvereinbarungen ohne ausgesprochene Kündigung:

 "Herr T. ist seit dem 01.01.2008 bei der Firma M. als Marketingleiter beschäftigt. Im Zuge des Erwerbs der Firma M. durch die Firma G. und der anschließenden Übertragung der Geschäftsaktivitäten auf die Firma G. ist das Arbeitsverhältnis von Herrn T. mit Wirkung ab dem 01.01.2008 auf die Firma G. übergegangen. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der schriftliche Arbeitsvertrag vom 15.10.2008. Bei der Firma G. ist der Beschäftigungsbedarf für den Arbeitnehmer T. entfallen. Arbeitgeberin und Arbeitnehmer haben sich daher darauf verständigt, das Arbeitsverhältnis in beiderseitigem Einvernehmen auf Veranlassung der Arbeitgeberin unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist mit Wirkung zum Ablauf des 30.04.2010 zu beenden. Der Aufhebungsvertrag wird zur Vermeidung einer ansonsten gegenüber dem Arbeitnehmer auszusprechenden betriebsbedingten Kündigung abgeschlossen."

Beispiel:

"Die angedrohte Kündigung"

Sie planen eine Betriebsstilllegung und haben Ihrem Mitarbeiter bereits eine betriebsbedingte Kündigung in Aussicht gestellt.

Folge:

In diesem Fall löst die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen Aufhebungsvertrag keine Sperrzeit gem. § 144 SGB III aus, da die drohende Arbeitgeberkündigung auf betriebliche Gründe gestützt wurde.

Immer wenn also objektiv ein wichtiger Grund für den Abschluss des Aufhebungsvertrages besteht, droht Ihrem Mitarbeiter keine Sperrzeit  nach § 144 SGB III, so dass empfehlenswert  ist, den Anlass für den Abschluss des Aufhebungsvertrages unbedingt in der Beendigungsklausel zu erwähnen und insbesondere auch hierüber Ihren Mitarbeiter vor Abschluss eines Aufhebungsvertrages aufzuklären.

Gleiches gilt für den Beendigungszeitpunkt, der bei einem Aufhebungsvertrag mit Abfindungsregelung Erwähnung finden sollte. Denn nur wenn in der Beendigungsvereinbarung auch die für Ihren Mitarbeiter maßgebliche Kündigungsfrist eingehalten wurde, droht diesem kein Ruhen des Arbeitslosenanspruchs nach § 143 a SGB III.

Beispiel:

"Keine Trickserei bei Kündigungsfrist"

Ohne Ihren Mitarbeiter hierüber aufzuklären, haben Sie in einer Beendigungsklausel nicht die für Sie geltende Kündigungsfrist eingehalten.

Folge:

Die Nichteinhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist führt nach § 143 a SGB III zwingend zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld.

Immer wenn Sie als Arbeitgeber also nicht die für Sie maßgebliche Kündigungsfrist einhalten, droht Ihrem Mitarbeiter ein Ruhen seines Arbeitslosengeldanspruchs nach § 143 a SGB III. Sie sollten daher unbedingt auch von der Rückdatierung von Aufhebungsverträgen absehen.

Arbeitgeber-Tipp:

Da aus einer Beendigungsvereinbarung mit Abfindungsregelung für Ihren Mitarbeiter auch steuerrechtliche Probleme resultieren können, sollten Sie diesen unbedingt auch über mögliche nachteilige steuerrechtliche Auswirkungen von Abfindungszahlungen aufklären und Ihrem Mitarbeiter auch hier empfehlen, sich bei seinem Steuerberater weiteren Rat einzuholen. Soweit nämlich Aufhebungsverträge die Zahlung einer Abfindung als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes vorsehen, können derartige Abfindungen gemäß den § 3 Nr. 9 EStG steuerfrei. Jedoch sind Abfindungen stets nur dann aus steuerlicher Sicht privilegiert, wenn die Initiative zur Trennung von Ihnen als Arbeitgeber ausgegangen ist.

Beispiel:

"Auflösung auf Veranlassung des Arbeitgebers"

Sie haben gegenüber Ihrem Mitarbeiter eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen.

Folge:

In diesem Fall liegt eine vom Arbeitgeber veranlasste Kündigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne von § 3 Ziff. 9 EStG vor.

Für die steuerrechtliche Behandlung von Abfindungszahlungen ist somit stets von Bedeutung, ob Sie als Arbeitgeber die entscheidende Ursache (z.B. durch Kündigung) für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gesetzt haben. Hiervon wird regelmäßig ausgegangen, wenn der Arbeitgeber eine Kündigung ausgesprochen hat. Gleiches gilt auch beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit Abfindungsregel, wenn der Arbeitgeber hierfür die maßgebliche Ursache gesetzt hat. 

Wichtiger Hinweis:

Die Abfindung muss also immer eine Gegenleistung für den Verlust des Arbeitsplatzes darstellen. Dies ist nicht der Fall, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses lediglich den Anlass für die Zahlung darstellt (z.B. Zahlung einer Abfindung wegen Mobbing). Auch hier empfiehlt es sich, um mögliche spätere Schadenersatzansprüche  Ihres Mitarbeiters zu vermeiden, diesen auch über mögliche steuerliche Besonderheiten aufzuklären und Ihrem Mitarbeiter insbesondere anzuraten, sich vor Abschluss der Beendigungsvereinbarung bei seinem für ihn zuständigen Finanzamt zu informieren.

Muster:

Aufklärung über steuerrechtliche Folgen:

"Hinsichtlich der steuerrechtlichen Folgen dieser Vereinbarung kann verbindliche Auskünfte nur das zuständige Finanzamt erteilen. Dem Arbeitnehmer ist insoweit auch vor Unterzeichnung des Vertrages Gelegenheit zur Einholung entsprechender Auskünfte eingeräumt worden. Der Arbeitgeber übernimmt keine Haftung für etwaige nachteilige sozial- oder steuerrechtliche Folgen dieser Vereinbarung."

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt, so liegt ein Aufhebungsvertrag vor, der grundsätzlich eine Sperrzeit nach § 144 Absatz 1 Nr. 1 SGB III nach sich ziehen kann. Von einem Aufhebungsvertrag ist immer dann auszugehen, wenn Sie mit Ihrem Mitarbeiter einvernehmlich einen Beendigungstatbestand festlegen. Nimmt der Aufhebungsvertrag also auf eine ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung Bezug, dann wird vom Gesetz diese einseitige Kündigungserklärung des Arbeitgebers als "Auflösungstatbestand" angesehen.

Checkliste:

  • Wissen Sie, dass Sie bei Beendigungsvereinbarungen mit Abfindungsregelung dazu verpflichtet sind, Ihre Mitarbeiter über die möglichen Folgen einer Trennung aufzuklären?

Wenn nein, sollten Sie unbedingt daran denken, dass Sie bei Beendigungsvereinbarungen mit Abfindung gegenüber Ihrem Mitarbeiter besondere Aufklärungspflichten haben.

  • Haben Sie gewusst, dass Sie im Trennungsfall nicht automatisch zur Zahlung einer Abfindung verpflichtet sind?

Wenn nein, sollten Sie beachten, dass die Zahlung einer Abfindung jedoch in bestimmten Fällen die Trennung von einem Mitarbeiter erleichtern kann.

  • Haben Sie gewusst, dass außer einer "freiwilligen" Beendigungsvereinbarung mit Abfindung (Aufhebungsvertrag) noch andere Abfindungsrechtsgrundlagen in Betracht kommen können?

Wenn nein, sollten Sie daran denken, dass in der betrieblichen Praxis noch die gesetzliche Abfindungsregelung        (§ 1 a KSchG) die Abfindung bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil (§ 9 KSchG), der Sozialplan, Nachteilsausgleich sowie die Abfindung aus Tarifvertrag in Betracht kommen kann.

  • Haben Sie beachtet, dass es im Einzelfall ratsam sein kann, Ihren Mitarbeiter über die konkreten Folgen einer Trennung bei der Bundesagentur für Arbeit zu informieren?

Wenn nein, sollten Sie Ihren Mitarbeiter unbedingt über die sperrzeitrechtlichen Folgen nach Beendigung informieren, um Schadenersatzansprüche wegen Verletzung von Aufklärungspflichten zu vermeiden.

  • Wussten Sie, dass Abfindungen auch steuerrechtliche Auswirkungen haben können?

Wenn nein, sollten Sie auch bedenken, dass Abfindungen insbesondere nur dann steuerbegünstigt sind, wenn die Trennung von Ihnen veranlasst wurde.

Wenn Sie mit Ihrem Mitarbeiter eine Beendigungsvereinbarung mit Abfindungsregelung schließen, hat dies für Ihren Mitarbeiter häufig auch für diesen nachteilige sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen bei der Bundesagentur für Arbeit, soweit dieser dort nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Leistungen auf Bezug von Arbeitslosengeld beanspruchen will. So kann es für Sie als Arbeitgeber im Einzelfall ratsam sein, Ihren Mitarbeiter bei einer Beendigungsvereinbarung mit Abfindungsregelung auch über die sperrzeitrechtlichen Folgen nach Beendigung zu informieren, um insbesondere später Schadenersatzansprüche wegen Verletzung von Aufklärungspflichten zu vermeiden.

 

Beispiel:

"Mitwirkung an der Beendigung"  Sie haben mit Ihrem Mitarbeiter nach Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung einen Aufhebungsvertrag mit Abfindungsregelung getroffen.

Folge:

Da sich Ihr Mitarbeiter für einen Klageverzicht die Zahlung einer Abfindung hat versprechen lassen, liegt eine Mitwirkung vor, die sperrzeitrechtliche Folgen haben kann (§ 144 Absatz 1 Nr. 1 SGB III).

Sie müssen als Arbeitgeber also immer daran denken, dass für Ihren Mitarbeiter die Mitwirkung an einem Aufhebungsvertrag mit Abfindungsregelung immer "sperrzeitrelevant" sein kann, d.h. eine solche Beendigungsvereinbarung bei Ihrem Mitarbeiter später nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nachteilige Konsequenzen für den Bezug von Arbeitslosengeld bei der Bundesagentur für Arbeit haben kann. 

Wenn Sie also mit einem Mitarbeiter eine Beendigungsvereinbarung mit Abfindungsregelung, sollten Sie daher vorsichtshalber Ihren Mitarbeiter möglichst über die sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen (z.B. Sperrzeit, Ruhen von Leistungen bei der Bundesagentur für Arbeit) aufklären und in "Zweifelsfällen" Ihren Mitarbeiter zu empfehlen, bei der Bundesagentur für Arbeit rechtssichere Auskünfte einzuholen. Dies, um so rechtssicher mögliche Schadenersatzansprüche Ihrer Mitarbeiter wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten einen "Riegel vorzuschieben".

Wichtiger Hinweis:

Die Bundesagentur für Arbeit hat in Durchführungsanweisungen klargestellt, wann für Ihren Mitarbeiter sperrzeitrechtliche Folgen bei Abschluss von Aufhebungs- und Abwicklungsverträgen drohen. Sie sollten als Arbeitgeber die Voraussetzungen kennen, wann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) Ihr Mitarbeiter bei einem Aufhebungsvertrag mit Abfindungsregelung einen ungekürzten Arbeitslosengeldanspruch hat und keine negativen sperrzeitrechtlichen Folgen befürchten muss. Eine Sperrzeit als Arbeitsloser kommt insbesondere nicht in Betracht, wenn

  • eine Abfindung zwischen 0,25 und 0,5 Monatsverdiensten pro Beschäftigungsjahr gezahlt wird,
  • der Arbeitgeber ohne den Aufhebungsvertrag betriebsbedingt unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum selben Zeitpunkt gekündigt hätte,
  • die Kündigungsfrist eingehalten worden wäre
  • und der Arbeitnehmer nicht unkündbar war.

Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Sind die Voraussetzungen erfüllt, entfällt die weitere Prüfung der Rechtmäßigkeit der hypothetischen Kündigung. Etwas anderes gilt allerdings, wenn sich die von Ihnen als Arbeitgeber gezahlte Abfindung außerhalb der Bandbreite von 0,25 und 0,5 Monatsverdiensten pro Beschäftigungsjahr bewegt. Bei solchen Abfindungen ist die Rechtmäßigkeit einer hypothetischen Kündigung wie bisher zu prüfen. 

Wichtiger Hinweis:

Auch Abwicklungsverträge stellen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts regelmäßig eine Lösung des Beschäftigungsverhältnisses dar. Nach Auffassung des BSG macht es keinen entscheidenden Unterschied, ob der Arbeitnehmer an der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages mitwirkt oder ob seine aktive Beteiligung darin liegt, dass er hinsichtlich des Bestandes der Kündigung und deren Folgen verbindliche Vereinbarungen trifft. In beiden Fällen trifft den Mitarbeiter also eine wesentliche Verantwortung für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses.

Achtung: Besondere Aufklärungspflichten bei dem gesetzlichen Abfindungsanspruch nach § 1 a KSchG:

Immer wenn Sie als Arbeitgeber Ihrem Arbeitnehmer nämlich mit Ausspruch der Kündigung ein Angebot auf Abschluss eines Beendigungsangebotes unterbreiten, ohne jedoch die gesetzliche Abfindung nach § 1 KSchG anbieten zu wollen, so ist es aus Gründen der Rechtssicherheit ebenso äußerst ratsam, dass Sie Ihrem Mitarbeiter unmissverständlich darüber informieren, welche Abfindung Sie diesem unter welchen Voraussetzungen anbieten:

Beispiel:

"Gesetzlicher Abfindungsanspruch zwingend" 

Sie haben Ihrem Mitarbeiter aus dringenden betrieblichen Erfordernissen nach § 1 a KSchG gekündigt, Ihrem Mitarbeiter gegenüber jedoch informatorisch einen niedrigeren als den gesetzlich hierfür vorgesehenen Abfindungsbetrag (0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses) genannt.

Folge:

In diesem Falle entsteht der Abfindungsanspruch in der gesetzlichen Höhe gem. § 1 a Absatz 1 Satz 2 KSchG auch dann, wenn der Arbeitgeber dem Mitarbeiter informatorisch einen niedrigeren Abfindungsbetrag genannt hat (BAG, Urteil vom 19.06.2007 in NZA: 2007, Seite 1357).

In folgenden Fällen haben Sie bei Abfindungen jedoch keinerlei Aufklärungspflichten: 

  • Wenn Ihr Mitarbeiter selbst auf Sie als Arbeitgeber wegen einer Trennung zugegangen ist und um den Abschluss eines Aufhebungsvertrages gebeten hat.
  • Sie als Arbeitgeber auf die Information über sozialversicherungsrechtliche Nachteile hingewiesen haben. 
  • Für Ihren Mitarbeiter kein Zeitdruck bestand. Dies ist insbesondere der Fall, wenn Sie Ihrem Mitarbeiter ein unterschriebenes Exemplar des Aufhebungsvertrages ausgehändigt haben und dieser ausreichend Zeit hatte, sich die Unterzeichnung zu überlegen und vorher entsprechende Informationen einzuholen.
  • Sie gemäß § 1 a KSchG eine Abfindung gezahlt und Ihre Kündigung nicht auf offensichtlich rechtswidrige arbeitgeberseitige betriebsbedingte Gründe gestützt haben.

Wichtiger Hinweis:

Immer wenn die Abfindung die in § 1 a Absatz 2 KSchG vorgesehene Höhe nicht überschritten wurde, liegt in der Regel (Grenzfall: offensichtliche Rechtswidrigkeit der Kündigung!) kein sperrzeitrelevanter Vorgang vor (BSG, Urteil vom 12.07.2006 - B 11 a AL 47/05 R, in: NZA 2006, Seite 1359).

 

 

Immer wenn kein "kündigungssicherer" Sachverhalt gegeben ist oder die von Ihnen beabsichtigte Trennung von einem Mitarbeiter wegen dessen sehr langer Betriebszugehörigkeit praktisch ausgeschlossen ist, kann sich eine einzelvertraglich vereinbarte Abfindung bezahlt machen.

 

Beispiel:

Turboprämie macht Trennung Beine" Sie wollen sich krisenbedingt von einem langjährig beschäftigten Mitarbeiter, der tariflich unkündbar ist und streben eine Trennung an.

Folge:

Häufig kann hier das Angebot einer attraktiven Abfindung Ihrem Mitarbeiter den Entschluss zur Trennung leichter machen und gerichtliche Auseinandersetzungen mit ungewissem Ausgang vermeiden.

Hierbei ist es jedoch in der Arbeitswelt ein weit verbreitetes Vorurteil, dass bei einer Trennung stets auch eine Abfindung "herausspringt". Wenn Sie Ihrem Mitarbeiter gegenüber eine Kündigung aussprechen oder einen Aufhebungsvertrag schließen, resultiert hieraus nicht automatisch ein Abfindungsanspruch. Dennoch erweist es sich in der betrieblichen Praxis als vorteilhaft, eine von einem Mitarbeiter gewünschte Trennung mit "Geld zu versüßen" und dadurch eine gewünschte Trennung zu erleichtern. Dies trifft vor allem auf solche Mitarbeiter zu, die tariflich unkündbar sind oder besonderen Kündigungsschutz genießen.

Achtung Ausnahme:

Gesetzlicher Abfindungsanspruch

Seit dem 01.01.2004 besteht bei Hinnahme einer von dem Arbeitgeber ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung ein gesetzlicher Anspruch auf Abfindung gemäß § 1 a KSchG. Hierbei bleibt es Ihrem Mitarbeiter stets selbst frei, ob er sein Klagerecht gegen die Kündigung wahrnimmt oder für seinen Klagverzicht eine Abfindung beansprucht.

Beispiel:

  • Abkaufen eines Arbeitsplatzes zu festen gesetzlichen Sätzen"

Sie haben einem Mitarbeiter wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Absatz 2 Satz 1 KSchG gekündigt und darauf hingewiesen, für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage eine Abfindung zu zahlen.

Folge:

In diesem Fall kann Ihr Mitarbeiter bei Verstreichenlassen der Klagfrist gemäß § 1 Absatz 1 KSchG die für diesen Fall vorgesehene Abfindung beanspruchen (BAG, Urteil vom 06.12.2006, Aktenzeichen 4 AZR 798/05).

Immer wenn Sie also Ihrem Mitarbeiter wegen dringender betrieblicher Erfordernisse gem. § 1 Absatz 2 Satz 1 KSchG gekündigt haben, kann dieser also bei Verstreichen lassen der Klagefrist eine Abfindung beanspruchen. Die gesetzliche Höhe der Abfindung beträgt in diesem Fall gemäß § 1 a Absatz 1 Satz 2 KSchG ein halbes Monatsgehalt für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. 

Arbeitgeber-Tipp:

Der Hinweis in Ihrem Abfindungsangebot, dass Sie die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne von § 1 a Absatz 2 Satz 1 KSchG stützen, hat in sozialrechtlicher Hinsicht eine große Bedeutung. So tritt in diesem Falle keine Sperrzeit ein, es sei denn, die Kündigung war "offensichtlich rechtswidrig" (z.B. wegen Bestehens eines tarif- oder einzelvertraglichen Kündigungsverbotes). 

Wichtiger Hinweis:

Außer dem "Klassiker" der einzelvertraglich in einem Aufhebungsvertrag mit Ihrem Mitarbeiter vereinbarten Abfindung, haben in der Praxis insbesondere bei betrieblichen Re- und Umstrukturierungen auch Abfindungsansprüche in Sozialplänen eine hohe praktische Relevanz. In diesen Fällen kann Ihr Mitarbeiter aus einem Sozialplan bei einer Betriebsänderung im Sinne von § 111 Absatz 1 BetrVG die Zahlung einer Abfindung verlangen: 

  • Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
  • die Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, 
  • der Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
  • grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
  • die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

Wichtiger Hinweis:

Eine Sozialplanpflicht besteht nur bei Vorliegen der Voraussetzungen einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG und wenn Sie in Ihrem Betrieb mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigen, die für die Wahl eines Betriebsrats wahlberechtigt sind. 

Durch den Sozialplan soll zwischen Ihnen als Arbeitgeber und Ihrem Betriebsrat eine Einigung über den finanziellen Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile, die Ihren Mitarbeitern infolge einer geplanten Betriebsänderung entstehen, erzielt werden (§ 112 Absatz 1 BetrVG). 

Beachte:

Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung (§ 112 Absatz 1 in Verbindung mit § 77 BetrVG). Diesen müssen Sie mit Ihrem Betriebsrat verhandeln und schriftlich vereinbaren. Für den Fall, dass Sie sich mit Ihrem Betriebsrat nicht freiwillig einigen können, kann der Sozialplan vom Betriebsrat durch Anrufung der Einigungsstelle erzwungen werden. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt dann die fehlende Einigung zwischen Ihnen als Arbeitgeber und dem Betriebsrat.

Wichtiger Hinweis:

Außer dem Sozialplan haben in der betrieblichen Praxis noch folgende Abfindungsrechtsgrundlagen eine hohe praktische Relevanz:

  • Tarifvertragliche Regelung
    So sehen häufige einzelne Tarifverträge (z.B. Rationalisierungsschutzabkommen) für den Fall einer betriebsbedingten Kündigung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (z.B. Beschäftigungsdauer) verbindlich geregelte Abfindungsansprüche vor.
  • Nachteilsausgleich (§ 113 KSchG) 
    Immer wenn Sie es nämlich bei geplanten Betriebsänderungen im Sinne von § 111 BetrVG versäumen, Ihren Betriebsrat vorher rechtzeitig und sorgfältig über Ihre Planungen zu informieren, riskieren Sie später nämlich Zahlungsansprüche Ihrer Beschäftigten auf eine Abfindung. Gleiches gilt, wenn Sie eine geplante Betriebsänderung durchführen, ohne einen Interessenausgleich mit Ihrem Betriebsrat versucht zu haben.

  • Auflösungsurteil im Kündigungsschutzprozess
    Die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung kommt bei Sozialwidrigkeit einer arbeitgeberseitigen ordentlichen Kündigung (§ 9 Absatz 1 KSchG) in Betracht, wenn das Arbeitsgericht die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses festgestellt hat. Allerdings scheidet eine Abfindung stets dann aus, wenn die Kündigung sozial gerechtfertigt war oder Ihr Mitarbeiter nicht innerhalb der 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG Kündigungsschutzklage erhoben hat.

  • Vergleich im Kündigungsschutzprozess
    So können Sie als Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis selbstverständlich auch jederzeit im Kündigungsschutzprozess mit einer Beendigungsvereinbarung mit Abfindungsregelung beenden. 

Kein Anspruch auf eine Abfindung besteht, wenn

  • Ihr Mitarbeiter selbst gekündigt hat.
  • Eine vorzeitige einvernehmliche Vertragsaufhebung von Ihrem Mitarbeiter erbeten wurde.
  • Die Wartezeit des KSchG noch nicht erfüllt ist, d.h. das Arbeitsverhältnis noch keine sechs Monate bestanden hat. Kündigungsschutz besteht hier ausnahmsweise nur für schwangere Mitarbeiterinnen, die vorher Kündigungsschutz genießen.
  • Das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet ("Kleinbetriebsklausel"). Dies ist bei Betrieben mit in der Regel 10 oder weniger Mitarbeitern der Fall.

Wichtiger Hinweis:

Achtung für Kleinbetriebe!

Vor dem 01.04.2004 lag der Schwellenwert bei fünf oder weniger Mitarbeitern. Soweit Sie vor diesem Stichtag also 6 - 10 Mitarbeiter beschäftigt haben, bleibt deren Kündigungsschutz erhalten (Bestandsschutz). Sinkt die Zahl der "Altmitarbeiter" aber auf fünf oder weniger Beschäftigte, findet auf diese das KSchG - gemäß "altem Recht" - keine Anwendung mehr, sofern Sie nicht insgesamt mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigen.

 

Darum geht es

Die Vorstellung auch bei Arbeitgebern, dass im "Kündigungsfall" automatisch ein Abfindungsanspruch "herausspringt", ist ein weit verbreitetes Vorurteil. So gibt es mit Ausnahme des "Klassikers" eines Aufhebungsvertrages mit Abfindung einen Anspruch auf Abfindung nur in wenigen gesetzlichen Ausnahmefällen. Häufig haben aber Abfindungen für Ihre Mitarbeiter auch nachteilige sozialversicherungsrechtliche und steuerliche Konsequenzen, so dass Sie hier auch stets Ihre Aufklärungspflichten als Arbeitgeber im Auge behalten müssen. Wann, wie und über welche Folgen Sie Ihre Mitarbeiter aufklären müssen, erfahren Sie in diesem Beitrag.