Abfindungszahlungen sind kein Muss - aber machen sich bezahlt

Immer wenn kein "kündigungssicherer" Sachverhalt gegeben ist oder die von Ihnen beabsichtigte Trennung von einem Mitarbeiter wegen dessen sehr langer Betriebszugehörigkeit praktisch ausgeschlossen ist, kann sich eine einzelvertraglich vereinbarte Abfindung bezahlt machen.

 

Beispiel:

Turboprämie macht Trennung Beine" Sie wollen sich krisenbedingt von einem langjährig beschäftigten Mitarbeiter, der tariflich unkündbar ist und streben eine Trennung an.

Folge:

Häufig kann hier das Angebot einer attraktiven Abfindung Ihrem Mitarbeiter den Entschluss zur Trennung leichter machen und gerichtliche Auseinandersetzungen mit ungewissem Ausgang vermeiden.

Hierbei ist es jedoch in der Arbeitswelt ein weit verbreitetes Vorurteil, dass bei einer Trennung stets auch eine Abfindung "herausspringt". Wenn Sie Ihrem Mitarbeiter gegenüber eine Kündigung aussprechen oder einen Aufhebungsvertrag schließen, resultiert hieraus nicht automatisch ein Abfindungsanspruch. Dennoch erweist es sich in der betrieblichen Praxis als vorteilhaft, eine von einem Mitarbeiter gewünschte Trennung mit "Geld zu versüßen" und dadurch eine gewünschte Trennung zu erleichtern. Dies trifft vor allem auf solche Mitarbeiter zu, die tariflich unkündbar sind oder besonderen Kündigungsschutz genießen.

Achtung Ausnahme:

Gesetzlicher Abfindungsanspruch

Seit dem 01.01.2004 besteht bei Hinnahme einer von dem Arbeitgeber ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung ein gesetzlicher Anspruch auf Abfindung gemäß § 1 a KSchG. Hierbei bleibt es Ihrem Mitarbeiter stets selbst frei, ob er sein Klagerecht gegen die Kündigung wahrnimmt oder für seinen Klagverzicht eine Abfindung beansprucht.

Beispiel:

  • Abkaufen eines Arbeitsplatzes zu festen gesetzlichen Sätzen"

Sie haben einem Mitarbeiter wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Absatz 2 Satz 1 KSchG gekündigt und darauf hingewiesen, für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage eine Abfindung zu zahlen.

Folge:

In diesem Fall kann Ihr Mitarbeiter bei Verstreichenlassen der Klagfrist gemäß § 1 Absatz 1 KSchG die für diesen Fall vorgesehene Abfindung beanspruchen (BAG, Urteil vom 06.12.2006, Aktenzeichen 4 AZR 798/05).

Immer wenn Sie also Ihrem Mitarbeiter wegen dringender betrieblicher Erfordernisse gem. § 1 Absatz 2 Satz 1 KSchG gekündigt haben, kann dieser also bei Verstreichen lassen der Klagefrist eine Abfindung beanspruchen. Die gesetzliche Höhe der Abfindung beträgt in diesem Fall gemäß § 1 a Absatz 1 Satz 2 KSchG ein halbes Monatsgehalt für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. 

Arbeitgeber-Tipp:

Der Hinweis in Ihrem Abfindungsangebot, dass Sie die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne von § 1 a Absatz 2 Satz 1 KSchG stützen, hat in sozialrechtlicher Hinsicht eine große Bedeutung. So tritt in diesem Falle keine Sperrzeit ein, es sei denn, die Kündigung war "offensichtlich rechtswidrig" (z.B. wegen Bestehens eines tarif- oder einzelvertraglichen Kündigungsverbotes). 

Wichtiger Hinweis:

Außer dem "Klassiker" der einzelvertraglich in einem Aufhebungsvertrag mit Ihrem Mitarbeiter vereinbarten Abfindung, haben in der Praxis insbesondere bei betrieblichen Re- und Umstrukturierungen auch Abfindungsansprüche in Sozialplänen eine hohe praktische Relevanz. In diesen Fällen kann Ihr Mitarbeiter aus einem Sozialplan bei einer Betriebsänderung im Sinne von § 111 Absatz 1 BetrVG die Zahlung einer Abfindung verlangen: 

  • Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
  • die Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, 
  • der Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
  • grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
  • die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

Wichtiger Hinweis:

Eine Sozialplanpflicht besteht nur bei Vorliegen der Voraussetzungen einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG und wenn Sie in Ihrem Betrieb mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigen, die für die Wahl eines Betriebsrats wahlberechtigt sind. 

Durch den Sozialplan soll zwischen Ihnen als Arbeitgeber und Ihrem Betriebsrat eine Einigung über den finanziellen Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile, die Ihren Mitarbeitern infolge einer geplanten Betriebsänderung entstehen, erzielt werden (§ 112 Absatz 1 BetrVG). 

Beachte:

Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung (§ 112 Absatz 1 in Verbindung mit § 77 BetrVG). Diesen müssen Sie mit Ihrem Betriebsrat verhandeln und schriftlich vereinbaren. Für den Fall, dass Sie sich mit Ihrem Betriebsrat nicht freiwillig einigen können, kann der Sozialplan vom Betriebsrat durch Anrufung der Einigungsstelle erzwungen werden. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt dann die fehlende Einigung zwischen Ihnen als Arbeitgeber und dem Betriebsrat.

Wichtiger Hinweis:

Außer dem Sozialplan haben in der betrieblichen Praxis noch folgende Abfindungsrechtsgrundlagen eine hohe praktische Relevanz:

  • Tarifvertragliche Regelung
    So sehen häufige einzelne Tarifverträge (z.B. Rationalisierungsschutzabkommen) für den Fall einer betriebsbedingten Kündigung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (z.B. Beschäftigungsdauer) verbindlich geregelte Abfindungsansprüche vor.
  • Nachteilsausgleich (§ 113 KSchG) 
    Immer wenn Sie es nämlich bei geplanten Betriebsänderungen im Sinne von § 111 BetrVG versäumen, Ihren Betriebsrat vorher rechtzeitig und sorgfältig über Ihre Planungen zu informieren, riskieren Sie später nämlich Zahlungsansprüche Ihrer Beschäftigten auf eine Abfindung. Gleiches gilt, wenn Sie eine geplante Betriebsänderung durchführen, ohne einen Interessenausgleich mit Ihrem Betriebsrat versucht zu haben.

  • Auflösungsurteil im Kündigungsschutzprozess
    Die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung kommt bei Sozialwidrigkeit einer arbeitgeberseitigen ordentlichen Kündigung (§ 9 Absatz 1 KSchG) in Betracht, wenn das Arbeitsgericht die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses festgestellt hat. Allerdings scheidet eine Abfindung stets dann aus, wenn die Kündigung sozial gerechtfertigt war oder Ihr Mitarbeiter nicht innerhalb der 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG Kündigungsschutzklage erhoben hat.

  • Vergleich im Kündigungsschutzprozess
    So können Sie als Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis selbstverständlich auch jederzeit im Kündigungsschutzprozess mit einer Beendigungsvereinbarung mit Abfindungsregelung beenden. 

Kein Anspruch auf eine Abfindung besteht, wenn

  • Ihr Mitarbeiter selbst gekündigt hat.
  • Eine vorzeitige einvernehmliche Vertragsaufhebung von Ihrem Mitarbeiter erbeten wurde.
  • Die Wartezeit des KSchG noch nicht erfüllt ist, d.h. das Arbeitsverhältnis noch keine sechs Monate bestanden hat. Kündigungsschutz besteht hier ausnahmsweise nur für schwangere Mitarbeiterinnen, die vorher Kündigungsschutz genießen.
  • Das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet ("Kleinbetriebsklausel"). Dies ist bei Betrieben mit in der Regel 10 oder weniger Mitarbeitern der Fall.

Wichtiger Hinweis:

Achtung für Kleinbetriebe!

Vor dem 01.04.2004 lag der Schwellenwert bei fünf oder weniger Mitarbeitern. Soweit Sie vor diesem Stichtag also 6 - 10 Mitarbeiter beschäftigt haben, bleibt deren Kündigungsschutz erhalten (Bestandsschutz). Sinkt die Zahl der "Altmitarbeiter" aber auf fünf oder weniger Beschäftigte, findet auf diese das KSchG - gemäß "altem Recht" - keine Anwendung mehr, sofern Sie nicht insgesamt mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigen.

 

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Joachim Benclowitz

Fachanwalt für Arbeitsrecht, 
Absolvent des Fachanwaltslehrganges Urheber- und Medienrecht

Tel: 040 / 450 20 60 
e-mail: info@arbeitsrecht-benclowitz.de