Voraussetzung Nr. 1 Geheimnispflicht: Betriebs- und Geschäftsgeheimnis
Das Vorliegen einer Voraussetzung, ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 79 Absatz 1 Satz 1 BetrVG vorliegt.
Beispiel:
"Kollektive Plauderei macht Geheimnis Beine" Die Jugend- und Ausbildungsvertretung Ihres auf Softwarelösungen spezialisierten IT-Unternehmens ist wegen der anhaltend schlechten Auftragslage besorgt, ob die Auszubildenden übernommen werden. Kurz nach der Cebit-Messe fragt sie daher beim Betriebsratsvorsitzenden Markus I. an, wie die Auftragslage aussieht.
Folge:
Bei der Auftragslage handelt es sich um ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis, dass der Geheimhaltungspflicht Ihres Betriebsrats unterliegt. Markus I. war gemäß § 79 Absatz 1 Satz 1 BetrVG nicht befugt, diese Information an die Jugend- und Auszubildendenvertretung weiterzugeben. Um Ihr Unternehmen vor Indiskretionen Ihres Betriebsrats gemäß § 79 Absatz 1 Satz 1 BetrVG zu schützen, hat der Gesetzgeber also dem Betriebsrat die Verpflichtung auferlegt, über alle wichtigen Tatsachen und Themen im Rahmen ihrer Betriebsratstätigkeit zur Kenntnis gelangten Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse absolutes Stillschweigen zu bewahren.
Wichtiger Hinweis:
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Sinne von § 79 Absatz 1 Satz 1 BetrVG, die der Geheimhaltungspflicht Ihres Betriebsrats unterliegen, sind insbesondere Tatsachen, Erkenntnisse und Unterlagen, die im Zusammenhang mit dem technischen Betrieb oder der wirtschaftlichen Betätigung Ihres Unternehmens stehen. Hierzu zählen
- Lohn- und Gehaltsdaten
- Kreditwürdigkeit
- Kundenlisten
- Warenbezugsquellen
- Konstruktionspläne
- technische Diensterfindungen
- Computer-Software
- Umsätze Ihres Unternehmens
- Aufzeichnungen über neue technische Verfahren
- Liquidität des Unternehmens
- Umsatzhöhe
- wichtige Verträge oder Vertragsverhandlungen
Beachte:
Um geheimhaltungsbedürftige Tatsachen und Themen (Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse), die der betriebsverfassungsrechtlichen Geheimhaltungspflicht gemäß § 79 Absatz 1 Satz 1 BetrVG unterliegen, handelt es sich jedoch nur bei solchen Tatsachen,
- die im Zusammenhang mit Ihrem Geschäftsbetrieb stehen
- die nur einem begrenzten Kreis bekannt sind
- die nicht offenkundig ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse Ihres Betriebes besteht und
- bei denen Sie ausdrücklich oder konkludent Ihren Willen an Geheimhaltung bekundet haben
Beispiel:
"Die neue Computer-Software" Sie fragen sich, ob Ihr Betriebsrat bei der neu von Ihnen entwickelten Computer-Software der Geheimhaltungspflicht unterliegt.
Folge:
Da es sich bei der Computer-Software um eine geheimhaltungsbedürftige Tatsache handelt, die der speziellen gesetzlichen Geheimhaltungspflicht gemäß § 79 Absatz 1 Satz 2 BetrVG unterliegt (Vorliegen eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses) unterliegt Ihr Betriebsrat der Geheimhaltungspflicht. Voraussetzung für die betriebsverfassungsrechtliche Geheimhaltungspflicht Ihres Betriebsrats gemäß § 79 Absatz 1 Satz 1 BetrVG ist also stets, dass es sich um solche vertraulichen Informationen und Themen Ihres Unternehmens handelt, die auch die "Qualität" von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen haben. Dies ist somit beispielsweise nicht der Fall, wenn eine Information beispielsweise offenkundig und somit nicht geheimhaltungsbedürftig ist.
Beispiel:
"Das gelüftete Geheimnis" In einer Wirtschaftszeitung wurde bereits öffentlich über den Entwicklungsstand der in Ihrem Betrieb entwickelten Software berechtigt.
Folge:
Da diese Information offenkundig und damit nicht nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist, besteht kein Geheimhaltungspflicht des Betriebsrats.
Wichtiger Hinweis:
Ausdrückliche Geheimhaltungserklärung empfehlenswert! Um Ihrem Betriebsrat klar zu machen, dass er bei Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen einer speziellen Geheimhaltungspflicht gemäß § 79 Absatz 1 Satz 1 BetrVG unterliegt, sollten Sie bei bestimmten, besonders wichtigen und geheimhaltungsbedürftigen Themen, an denen Sie ein entsprechendes Geheimhaltungsinteresse haben, diesem unbedingt einen ausdrücklichen Hinweis auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit geben.
Beispiel:
"Die geheimhaltungsbedürftige Anwendersoftware" Da Ihr Chefentwickler gerade eine neue für Ihr Unternehmen wichtige Software entwickelt hat, wollen Sie deren Geheimhaltungsbedürftigkeit unbedingt gegenüber dem Betriebsrat absichern.
Folge:
Hier ist unbedingt ein ausdrücklicher Hinweis auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit empfehlenswert, der sich auch auf alle ergänzenden mündlichen materiellen Inhalte der Software beziehen sollte. Um keinerlei Zweifel an der Geheimhaltungsbedürftigkeit Ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zu lassen, sollten Sie daher als Arbeitgeber unbedingt daran denken, die Einhaltung der betriebsverfassungsrechtlichen Geheimhaltungspflicht (§ 79 Absatz 1 Satz 1 BetrVG) durch einen klaren und verständlichen Hinweis abzusichern.
Muster:
Hinweis an den Betriebsrat auf Einhaltung der Geheimhaltungspflicht:
"Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass sämtliche oben erteilten Informationen zur Umsatzentwicklung des Unternehmens im Jahre 2010 streng vertraulich zu behandeln sind.
Eine Weitergabe oder Verwertung dieser Informationen ist Ihnen ausschließlich im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften erlaubt.
Dies gilt selbstverständlich auch für alle ergänzenden mündlichen Auskünfte zu dem oben genannten Themenbereich. Den Mitgliedern des Betriebsrats ist die gesetzliche Geheimhaltungspflicht nach § 79 BetrVG bekannt. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die den Betriebsratsmitgliedern wegen ihrer Zugehörigkeit bekannt werden und die vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet werden, dürfen weder offenbart noch verwertet werden. Der Betriebsrat und die Betriebsratsmitglieder versichern hiermit ausdrücklich, Veröffentlichungen von vertraulichen Informationen sowie die Weitergabe von vertraulichen Daten zu unterlassen, insbesondere in Zusammenhang mit …
Ort, Datum ……………………………. Unterschrift Arbeitgeber
Voraussetzung Nr. 2 Geheimnispflicht: Kenntniserlangung wegen Betriebsratszugehörigkeit:
Die besondere Geheimhaltungspflicht Ihres Betriebsrats gemäß § 79 Absatz 1 Satz 1 BetrVG besteht jedoch nur dann, wenn diesem Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gerade wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden sind.
Beispiel:
"Kündigung aufgrund Geheimnisverrat"
Markus I., der zugleich auch Mitglied des Betriebsrats ist, ist in Ihrem Unternehmen mit der Entwicklung einer speziellen Software befasst. Als Sie erfahren, dass er auf der Internet-Plattform "Xing" hiervon andere Konkurrenzunternehmen informiert, wollen Sie gegen ihn wegen Verstoß gegen seine Geheimhaltungspflicht vorgehen.
Folge:
Zwar handelt es sich bei der Software um eine geheime Information. Da dem Betriebsrat das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis jedoch nicht aufgrund seiner betriebsverfassungsrechtlichen Funktion bekannt wurde, kann der Verstoß nur arbeitsvertraglich sanktioniert werden. Von Ihnen als Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnete Geheimnisse unterliegen also nur dann der speziellen betriebsverfassungsrechtlichen Geheimnispflicht des § 79 Absatz 1 Satz 1 BetrVG, wenn Ihrem Betriebsrat Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse aufgrund seiner betriebsverfassungsrechtlichen Stellung bekannt geworden sind.
Arbeitgeber-Tipp:
Hier sollten Sie immer ganz konsequent vorgehen und unbedingt darauf achten, dass Ihr Betriebsrat seine Schweigepflicht über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die ihm wegen seiner Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden sind, auch tatsächlich einhält.
Wichtiger Hinweis:
Außer dem Betriebsrat als Gremium bzw. seiner einzelnen Mitglieder unterliegen noch folgende Ämter der gesetzlichen Geheimhaltungspflicht (§ 79 Absatz 1 Satz 1 BetrVG): " Ersatzmitglieder des Betriebsrats " Sachverständige (§ 80 Absatz 4 BetrVG) " Berater des Betriebsrats im Rahmen einer Betriebsänderung (§ 111 Satz 2 BetrVG) Ferner unterliegen gesetzlich nach § 79 Absatz 2 BetrVG noch zusätzlich folgende Funktionen der betriebsverfassungsrechtlichen Schweigepflicht: " Mitglieder und Ersatzmitglieder des Gesamtbetriebsrats " des Konzernbetriebsrats " der Jugend- und Auszubildendenvertretung " der Gesamtjugend- und Auszubildendenvertretung " der Konzernjugend- und Auszubildendenvertretung " des Wirtschaftsausschusses " Mitglieder und Ersatzmitglieder der Einigungsstelle " betriebliche Beschwerdestelle (§ 86 Satz 2 BetrVG) " Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen in Ausübung betriebsverfassungsrechtlicher Funktionen Kenntnis erlangt haben.
Wichtiger Hinweis:
Die betriebsverfassungsrechtliche Pflicht zur Geheimhaltung (Geheimhaltungspflicht des Betriebsrats) ist nicht nur an die Dauer des Amtes gebunden, sondern gilt auch nach dem Ausscheiden fort (§ 79 Absatz 1 Satz 3 BetrVG).